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Komplexes Problemloesen bei Gummibaeren

GUMMIBÄREN- FORSCHUNG

Komplexes Problemlösen bei Gummibären

Joachim Funke
Psychologisches Institut der Universität Heidelberg

Das Phänomen

Aus der Vielzahl von Presseveröffentlichungen, die sich mit gescheiterten Problemlöse-Versuchen (z.B. im Rahmen öffentlicher Verwaltungen) beschäftigen, bleibt beim aufmerksamen Leser ein zentraler Eindruck zurück: Warum wird nie über die Probleme von Gummibären berichtet? Sollte dies damit zusammenhängen, daß Gummibären exzellente Problemlöser sind und deswegen nie in den Medien als gescheiterte Existenzen auftauchen? Während menschliche Problemlöser beim Umgang mit computersimulierten Szenarien die bekannten Schwächen zeigen (Notfallreaktion des intellektuellen Systems), könnte sich bei Gummibären ein durchaus anderes Bild ergeben.

Die Hypothese

Aufgrund von Presseberichten, aufgrund von Erfahrungsberichten kompetenter Abteilungsmitglieder (danke für die zahlreichen persönlichen Mitteilungen!), aufgrund der bekannten Bamberger Forschungsergebnisse wie auch aufgrund eigener Feldstudien (unter hohen Risiken und erheblichen Kosten privat durchgeführte Studien an einigen 1000 Exemplaren dieser Spezies) vermuten wir:

Gummibären sind aufgrund ihrer einzigartigen kognitiven, emotionalen und motivationalen Voraussetzungen herausragende Löser komplexer Probleme.

Im Umgang mit dynamischen Szenarien erwarten wir eine gewisse Gelassenheit. Auch wenn dem einzelnen Gummibären möglicherweise kein allzu komplexes Problem übertragen werden kann, könnte doch - in Analogie etwa zu neuronalen Netzen - vielleicht ein Ensemble adäquat konfigurierter Gummibärchen hier Leistungsreserven offenbaren.

Die klassische Versuchsanordnung

Zunächst wird ein Szenario entworfen, das über die geforderten Eigenschaften eines komplexen Problems (Komplexität, Vernetzheit, Intransparenz, Polytelie, Dynamik) verfügt. Dieses Szenario wird in ein lauffähiges Computerprogramm überführt, an dem dann eine Reihe zufällig ausgewählter Versuchsobjekte für eine definierte Menge von Zeittakten ihr Glück versuchen dürfen und die im Szenario gegebene Problemstellung zum Guten wenden sollen, z.B. als Bürgermeister einer simulierten Kleinstadt deren Wohlergehen mehren. Die Versuchsobjekte werden vorher (und ggflls. auch nachher) psychometrischen Tests unterzogen, die dann mit den Leistungsresultaten des computersimulierten Szenarios korreliert werden.

Die Methodenprobleme

Eines der Hauptprobleme gegenwärtiger Forschung im Bereich des Komplexen Problemlösens bei Gummibärchen ist methodischer Art: Vielen Bärchen fällt es erfahrungsgemäß schwer, an derartigen Untersuchungen teilzunehmen, da sie die Computertastatur nicht bedienen können bzw. zu schnell an einzelnen Tasten kleben bleiben. Aber auch mit Mäusen kommen die Bären nicht gut zurecht. Ein geordneter Einzelversuch am Rechner ist damit nur schwer zu realisieren.

Praktikabler erscheint eine Versuchsanordnung, in der ein Gummibär mit dem simulierten Szenario durch Vermittlung eines Versuchsleiters handeln kann. Neben vielen versuchstechnischen Bedenken (Sozialpsychologie des Experiments!) bleibt nach unserer Erfahrung das Hauptproblem: schlecht bezahlte Hilfskräfte, denen die Durchführung solcher Versuche anvertraut wird, machen sich in schwachen Momenten über unsere Versuchstiere her. Auf diese Weise sind viele erwartungsvoll begonnenen Studien sozusagen im Bauch verlaufen.

Die Durchführung derartiger Studien mit Gruppen von vernetzten Bärchen (z.B. in der Manteltasche des Experimentators) stößt derzeit noch auf ethische Bedenken.

Der Forschungsbefund

Zu den Haupterkenntnissen gehören folgende Befunde: Gummibärchen zeigen sich in Krisensituationen völlig gelassen, sondern keinen Angstschweiß ab, entwickeln keine Paniksymptome und verschanzen sich auch nicht hinter voreilig gebildeten Hypothesen und gezogenen Schlüssen. Es kommt nicht auf die Intelligenz der Bärchen an, sondern auf deren Selbstsicherheit.

Kritische Anmerkungen

Einschränkend ist allerdings anzumerken, daß nach Meinung einiger Forscher die Messung der Intelligenz nicht auf einem adäquaten Auflösungsniveau durchgeführt wurde. Das Problem ungeeigneter Aggregationsebenen entsteht z.B. dann, wenn sehr spezifische Verhaltensweisen mit sehr allgemeinen Intelligenzdimensionen auf einer Ebene miteinander verglichen werden - ausbleibende Korrelationen sind dann möglicherweise ein Artefakt ungleicher Ebenen. Zieht man anstelle eines globalen IQ-Wertes spezifischere Intelligenzleistungen für solche Korrelationen heran, zeigen sich substantielle Zusammenhänge zu ausgewählten Leistungsbereichen (z.B. Verarbeitungskapazität).

Ein weiteres Problemfeld tut sich erfahrungsgemäß bei der Bestimmung der Lösungsgüte auf. Je komplexer das konstruierte Szenario und je mehr nichtlineare Funktionen dort realisiert sind, umso schwieriger ist die Bestimmung optimaler Interventionen in dieses Szenario. Eine Absolutmessung der Problemlöseleistung scheidet damit aus. Abhilfe schaffen hier dynamische Systeme auf der Ebene linearer Strukturgleichungssysteme (vgl. DYNAMIS-Ansatz), für die der Lösungsraum exakt bestimmbar ist.

Schlußfolgerungen für die Praxis

Trotz aller kritischen Anmerkungen lassen sich aus den eben beschriebenen positiven Eigenschaften der Gummibären beim Umgang mit schwierigen Situationen einige Schlußfolgerungen für die Praxis ableiten. So wäre etwa in verstärktem Maße daran zu denken, Schlüsselpositionen in Industrie und Wirtschaft, aber auch in der Politik oder beim Disaster Management diesen Wesen anzuvertrauen. Wenngleich eine gewisse Lethargie, Kommunikationsschwäche und mangelnde Entschlußfähigkeit in Kauf genommen werden müßte (aber gibt es die nicht heute schon in genügender Anzahl?), würde doch die Gelassenheit der Problembewältigung (Aussitzen!) imponieren. Ob sie allerdings ernsthaft für Aufgaben aus dem Bereich der Planung herangezogen werden sollten, muss noch geprüft werden (hier sind entsprechende Verfahren zur Planungsdiagnostik erst noch zu entwickeln!). Auf jeden Fall brächten sie mehr Farbe ins Leben.

Sonstiges

Für weitere Vorschläge zu interessanten Forschungsarbeiten in diesem Bereich oder auch Hinweise auf eigene empirische Befunde bin ich dankbar! joachim.funke@psychologie.uni-heidelberg.de

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Zuletzt bearbeitet am 26.11.2001 von JF.