1.3
Klassifikation von Emotionen
Während
wir in den vorigen Kapiteln stets eine einzige Frage an den Anfang
stellen konnten, geht es im folgenden gleich um mehrere:
0. Wie viele
Emotionen gibt es?
1. Anhand welcher Merkmale lassen sich Emotionen unterscheiden?
2. Welche Emotionen sind einander ähnlich, welche unähnlich?
3. Gibt es Emotionen, die "grundlegender" sind als andere?
All diese Fragen
haben aber denselben Hintergedanken: Wie lassen sich Emotionen ordnen,
klassifizieren? Muß es nicht möglich sein, ähnlich
wie ein Biologe, der Tiere klassifiziert, auch Emotionen in Kategorien
einzusortieren?
Die obigen Fragen gehen dieses allgemeine Thema nun von unterschiedlichen
Seiten an:
zu Frage
0
Die erste Frage ist die unangenehmste. Denn wenn ich mich frage,
wie viele Emotionen es gibt, merke ich, daß das einzige, was
ich zählen kann, Emotionswörter sind. Und Emotionswörter
("Ärger", "Trauer" etc.) sind ja selbst
schon Klassifikationen! Denn es gibt doch viele Schattierungen von
z.B. Ärger - oder nicht? Diese fassen wir dann für uns
- und vor allem für unsere Gesprächspartner - zu einem
Begriff zusammen. Je nachdem also, wie fein man in der Sprache unterscheiden
will, kommt man auf unterschiedliche Ergebnisse.
Außerdem
ist die Beziehung zwischen Emotionswort und Emotion an sich auch
nicht gerade trivial: Die Sprache eines bestimmten Eskimo-Stamms
hat kein Wort für Ärger. Kann man daraus schließen,
daß seine Mitglieder auch keinen Ärger empfinden können?
Ein weiteres Problem dieser Frage sind die unscharfen Grenzen des
Begriffes "Emotion". Gehört Überraschung dazu?
Wie ist es mit Schreck, Interesse, Erregung, Zufriedenheit, Langeweile?
Wir sollten also aufhören zu zählen und lieber zur nächsten
Frage übergehen.
zu
Frage 1: Dimensionsanalyse
Haben alle Emotionen gewisse Merkmale gemeinsam, anhand derer man
sie anordnen kann?
Weil man diese Merkmale - wie sich empirisch gezeigt hat - meist
quantitativ auf einer Achse messen kann, spricht man auch von "Dimensionen".
Hierzu gibt es eine lange Forschungstradition, deren Eckpunkte wir
zunächst hier kurz erläutern
werden.
zu Frage
2: Klassenbildung
Kann man Emotionen - ähnlich wie Tiere - in verschiedene trennscharfe
Klassen einordnen? Auch diese Frage wurde (vielleicht nicht zuletzt
wegen der guten Einbindungsmöglichkeit komplexer statistischer
Verfahren?) eifrig beforscht. Sie wird eingehender hier
behandelt.
zu Frage
3: Suche nach Basis-Emotionen
Ich kann nicht erwarten, daß Frage 3 ohne weiteres verständlich
ist. Allerdings stammt sie auch nicht von mir. Sie paßt nicht
so ganz in unser Schema; man müßte vielleicht besser
fragen: "Warum meinen einige Emotionspsychologen, daß
einige Emotionen grundlegender seien als andere?" Aber Spaß
beiseite. Was genau damit gemeint ist, werden wir zuletzt hier
beantworten. Vielleicht haben wir unsere Leserschaft ja neugierig
gemacht...
Aber der Reihe
nach. Fangen wir an mit der Dimensionsanalyse (Frage 1)...
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