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Master 2017 - Rede

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Von Julia NolteLesezeit: 10 Minuten

Sehr geehrte Absolventen und Absolventinnen,
sehr geehrte Familien, Freunde, und Gäste,
sehr geehrte Professoren und Mitabeiter,

hier am Psychologischen Institut hat es eine gewisse Tradition, der Abschlussrede eine Struktur zu geben, die unsere Erfahrungen am Studienort „Heidelberg“ oder als frisch gebackene „Psychologen“ widerspiegelt. Dazu wurde etwa in der Vergangenheit das Master- oder Diplomstudium mit einer Bergwanderung verglichen, die ihre Höhen und Tiefen mit sich bringt – also ganz ähnlich wie die tägliche Radfahrt zum Institut. Andere Vorredner haben etwa die Struktur eines Journal Articles aufgegriffen oder sich an den verschiedenen Unterarten der Psychologie, von der Sozialpsychologie zur Methodik, orientiert. Gemein ist diesen Ansätzen der Versuch, die vielen individuellen Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, in eine einzelne stimmige Geschichte einzubinden, in denen sich jeder Absolvent und jede Absolventin ein bisschen widerfinden kann.

In einem Rückblick auf unsere Studienzeit ist es dabei wichtig, zu betonen, dass unsere Geschichten oft nicht unterschiedlicher sein könnten. Während viele von uns heute ihr Masterzeugnis entgegen nehmen, gibt es andere, die sich endlich über ihr Diplom freuen dürfen. Obwohl wir alle dieses Jahr unser Studium beendet haben, haben wir es oft in ganz verschiedenen Jahren begonnen – die Mehrheit vermutlich in den Jahren 2014 and 2015. Gerne möchte ich mich daher an den mehr oder weniger vier Semestern entlanghangeln, die das Modulhandbuch für das Masterstudium vorsieht, und mit denen die meisten Kommilitonen vertraut sein sollten. Damit aber auch die individuellen Geschichten unserer Studierender Gehör finden, habe ich mir ein Beispiel an Heiko Ernst, dem früheren Chefredakteur der Psychologie Heute, genommen. Dieser bat vor einigen Jahren seine Leser, im ihre Lebengeschichtes zu erzählen – aber in nur 6 Worten.

Meiner Aufforderung, mir ihre witzigen, sentimalen oder auch kritischen Rückblicke auf unserer Studium zu senden, sind dabei einige unserer Studierenden nachgekommen. An dieser Stelle möchte ich mich deshalb bei allen Absolventen und Absolventinnen bedanken, die einen Beitrag zur heutigen Rede geleistet haben. Direkt der erste Rückblick hat mich in meiner Vortragsart inspirier („Großer Erfolg: Referate kann ich jetzt!“). In Anerkennung unser vielleicht häufigsten Prüfungsform – des Referats – habe ich also einige Folien vorbereitet.

Zu Beginn unseren ersten Semesters wurde schnell klar, dass die eigene Kohorte ein Zusammenschluss aus Studierenden war, die schon ihren Bachelor in Heidelberg erworben hatten, Studierenden aus ganz Deutschland, und einigen Studierenden, die aus dem Ausland zu uns gestoßen sind. Die bis zu 90 Studierenden in jedem Jahrgang teilten sich dabei ungleich auf 2 verschiedene Schwerpunkte auf: den OBAC, unseren „Witschafts-schwerpunkt“ und den DCP, an den viele Studierenden mit einer „Therapieausbildung“ anknüpfen wollten. In anderen Worten, die Kohorte setzte sich zusammen aus Studierenden, die ganz gute Gehaltsaussichten haben, oder angehenden Therapeuten, die leider regelmäßig für höhere Stundenlöhne für Psychotherapeuten in Ausbildung prortestieren müssen. Die beiden Schwerpunkte hatten also ganz unterschiedliche Sorgen. Anders als im Bachelor hieß es nicht mehr allgemein „Für das Psychologie-Studium braucht man doch so gute Noten“ oder „Ich wollte auch immer Psychologie studieren“. Stattdessen hörte man häufiger „Für Psychotherapie gibt es doch so wenig Kassenplätze“ oder „Hast Du denn schon Erfahrung mit Case Studies und Assessment Centern?“

Spezifisch für das Studium in Heidelberg war, dass der Master für viele alteingesessene „Heidelberger“ mit dem Schock begann, dass man sich jetzt für Klausuren auch online anmelden konnte. Dies führte leider fast vollständig zum Aussterben einer allseits beliebten Tradition, nämlich der beständigen Suche nach der Anmeldeliste („WO IST DIE LISTÄÄÄÄ?“). Neu hinzugekommene Studierende wunderten sich eher, warum man sich in Heidelberg im Internet NUR für Klausuren anmelden kann, und warum nicht noch mehr administrative Schritte online vorgenommen werden. Bis heute scheint niemand die genaue Antwort zu kennen.

Nach der ersten Orientierungs- und Umstellungsphase kannten sich im zweiten Semester dann auch die neu dazugezogenen Studierenden mit den Gepflogenheiten und Fachtermini der Alt-Heidelberger aus. Das heißt, alle Kommilitonen verstanden einander endlich, wenn sie Orte wie „Triplex”, „Halle”, „Marstall”, „Villa”, “Zwinger”, „Untere“ oder „Bismarck“ erwähnten. Auch die technischen Abkürzungen wie „OBAC“, „DCP“, „LSF“ oder das seltenere „INF“ kamen den Master- und Diplomstudierenden ab diesem Punkt flüssiger über die Lippen. Verabredungen wurden traditional so getroffen: „Wo treffen wir uns heute?“ - „Am Bunsen vorm PI?“ („Was sucht Herr Bunsen vor’m PI?“). Die Bunsen-Statue steht übrigens vor unserem Institut, da hier früher einmal Naturwissenschaften gelehrt wurden und Robert Bunsen hier einen Lehrstuhl inne hatte.

...Und viele Studierende konnten aushelfen, wenn externe Gäste nach dem „Pavillion“ oder dem ominösen „Hörsaal 3“ fragten. Zudem hatten im 2. Semester viele Studierende herausgefunden, wie man sich in der Heidelberger Altstadt ernährt, wenn es einmal nicht die Mensa sein soll („Aktionsradius Altstadt. Alles, was man braucht.“) Der Kaffee wurde entweder beim nächstgelegenen Bäcker oder dem Tschibo direkt an der Ecke geholt, und das Mittagessen bevorzugt als Suppe beim Walters eingenommen. („Unverzichtbar: Walters' Suppen. Und Kaffee natürlich...“) Das beste Abendessen für den studentischen Geldbeutel gab es dabei beim „Vater Rhein“ direkt hinter dem Institut, wo man Spaghetti für unter 2 Euro essen kann („Die wichtigste Erkenntnis: Spaghetti eins sechzig (1,60€).“)

Mit gestärkten Beinmuskeln, die man sich in den ersten Semestern durch das viele Kopfsteinpflaster und häufiges Radfahren angeeignet hat, ging es dann zügig weiter in das dritte Semester und damit an den Beginn unserer Abschlussarbeiten. Nicht zuletzt das stressige Anfertigen dieser Master- und Diplomarbeiten führte uns schließlich vor Augen, wie vielen Personen wir eigentlich Dank für Ihre rege Unterstützung und Betreuung schulden. Zunächst einmal wären da die Lehrpersonen des Instituts, die uns durch ihre Kurse und Projektbetreuung das notwendige Handwerkszeug und die Inspiration vermittelt haben, um unsere eigenen Ideen zu entwickeln und unsere Arbeiten erfolgreich zuende zu bringen. Weiterhin waren wir dankbar für die Hilfe aller EDV-Beauftragten am Institut, die uns vor einem Nervenbruch bewahrt haben, wenn wir plötzlich keinen Zugriff mehr auf SPSS hatten oder unsere Windows-Lizenz drei Tage vor Abgabe der Arbeit abgelaufen war. Ganz besonders angewiesen waren wir in dieser Zeit auch auf unsere wundervolle Methodenberatung sowie der Methodikabteilung, die durch das Studium hindurch zahlreiche zusätzliche Statistik-Kurse angeboten hat, die uns bei dem Verfassen unserer Arbeiten zunutze kamen. Um nur einige Beispiele zu nennen, das Institut offeriert Wahlseminare zu den Themen Diffusionsmodelle, Bayessche Statistik, Modellierung mit MATLAB, R, oder Python, Längsschnittanalysen, und multinomiale Modelle. In anderen Worten, man musste sehr kreativ werden, wenn man seine Betreuer davon überzeugen wollte, dass man seine Abschlussarbeite lieber ganz ohne Statistik schreiben wollte („Die Teetester - ich wusste, warum ich keinen Tee (t) mag.“)

Nach dem Ringen mit der Daten wäre schließlich das Anmelden, Durchführen, Einreichen, und Verifizieren der Arbeit unmöglich gewesen ohne die große administrative Hilfe, die wir durch die Fachstudienberatung, die Institutsbibliothek, das Prüfungs- und Verwaltungssekretariat, die Austauschbetreuung und manchmal, sogar, den Hausmeister erfahren haben. An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein kollektives „Danke“ aussprechen. Ohne Sie, sowie unsere Freunde und Familien, die uns von Tag 1 unseres Studiums an unterstützt haben, würden wir heute nicht gemeinsam unseren Abschluss feiern können.

Dieser Abschluss schließlich kündigte sich unabwendbar im letzten Studiensemester an. Zum letzten Mal genossen wir die besonderen Eigenheiten unseres Instituts, z. B. die DJ Künste unserer Professoren Funke, Hagemann, Spinath, Sieverding, Barnow, und Wahl, oder die Psychoparties, das Institutsgrillen, und anderen aufwendigen Aktionen, mit denen uns die Fachschaft Psychologie das Studium versüßt hat. Herr Funke, wir finden es schön, dass sie nicht in Düsseldorf geblieben sind, sondern unser Institutsleben, z. B. auch die heutige Masterfeier, in ihrem Hei-PI Blog dokumentieren, der übrigens als Hauptquelle für diese Rede fungiert hat!

In den Endzügen der Master- oder Diplomarbeit liegend konnten wir dann zurückblicken bzw. in Herrn Funkes Blog nachlesen, dass sich in den vergangenen Jahren doch einiges an der Universität getan hatte. Zum Beispiel wurde nach jahrelangen Bauarbeiten endlich das Zentrale Verhaltenslabor im Keller des Instituts geöffnet, die Universität Heidelberg hat ihr eigenes Publikationshaus bekommen, und unser Institut bring mittlerweile ein eigenes Journal heraus! Auch privat hat sich viel für die Kohorte getan. Die ein oder anderen unserer Absolventen und Absolventinnen haben in ihrer Master- oder Diplomzeit geheiratet oder Kinder bekommen. Vielen herzlichen Glückwunsch! Die Abteilung Entwicklungspsychologie möchte die jungen Eltern an dieser Stelle sanft daran erinnern, dass sie gerne Kinder in jedem Alter für diverse psychologische Studien rekrutieren würden („Baby-Lachen beim Arbeiten. Gibts was Schöneres?“).

Natürlich lässt sich aber nicht jeder Master- und Diplomstudierender, der heute sein Abschlusszeugnis erhält, sich einfach als etwa Entwicklungs-, Sozial-, Allgemein-, Organitations- oder Klinischer Psychologie kategorisieren. Manche unserer Kommilitonen sehen sich sich eher als Freigeister und kreative Denker. So etwa die Autoren der folgenden Beiträge, die die Regel, sich in nur 6 Worten auszudrücken, lieber frei interpretierten (diverse Kommentare). Das führte zu faszinierenden und mitunter treffenden Beiträgen, wie etwa „Freudsuchend Freud gefunden“.

Wie betont hatte ich unsere Absolventen und Absolventinnen aber auch eingeladen, sich durchaus kritisch über das Studium zu äußern. Der einzige Kritkpunkt, der wiederholt auftauchte, war derjenige, dass nicht jeder jede Lehrveranstaltung genossen hat (diverse Kommentare, z.B. „Folie 13: Interessant! - Egal, nicht prüfungsrelevant!“). Dies lässt sich jedoch auch mit vielen Wahlmöglichkeiten nicht immer vermeiden, wenn Studierende in zwei konträren Studienschwerpunkten pflichtmäßig auch Module aus dem jeweils anderen Schwerpunkt besuchen müssen.

Wer während des Studiums also einmal das Gefühl hatte, die Lehre am Institut sei nicht immer interessant gewesen, dem sei gesagt, dass auch unsere Vorlesungsverzeichnisse der letzten Jahre immer morderner geworden sind und das Institut Kurse anbietet, die es vermutlich an anderen Studienstandpunkten so nicht gibt. So werden hier am Institut mittlerweile Veranstaltungen zu Gewalt in Videospielen, Fotografie mit Patienten, zu augmented reality, Digital Health, Internet-basierten Interventionen und der Digitalisierung der Arbeitswelt angeboten. Das heißt, die Zeichen stehen nicht schlecht, dass auch die Arbeitswelt der Universität Heidelberg in naher Zukunft so weit digitalisiert sein könnte, dass es gar keine physischen Anmeldelisten für Kurse mehr gibt...aber das eine Geschichte für die Kohorten von Masterstudierenden, die nach uns kommen werden.

Unseren Rückblick auf unsere gemeinsamen Jahre beende ich nun mit den vielleicht schönsten Kommentaren, die ich durch unsere Kommilitonen erhalten habe („Hab' mein Herz in Heidelberg verloren.“; „Lernen, lachen, streben & Freunde für's Leben“). Allen Absolventen und Absolventinnen möchte ich von Herzen zu ihrem bestandenen Master- bzw. Diplomstudium gratulieren. Ich wünsche Euch, dass die nächsten Geschichten, die ihr schreibt, euch immer wieder nach Heidelberg führen mögen, dass unsere Wege sich immer wieder kreuzen werden, und dass ihr im nächsten beruflichen Abschnitt keine Referate mehr halten müsst. Vielen herzlichen Dank!


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