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Laudatio zum Franz E. Weinert-Gedächtnispreis 2016

« Zurück zum Jahrgang Master 2016 Über den Franz E. Weinert-Gedächtnispreis
Von Dirk Hagemann Lesezeit: 4 Minuten

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

am Heidelberger Psychologischen Institut besteht der schöne Brauch, alljährlich die beste Masterarbeit eines Jahrgangs mit einem Preis auszuzeichnen. Dieser Preis ist benannt nach Franz Emanuel Weinert, der von 1968 bis 1981 hier am Psychologischen Institut Ordinarius für Entwicklungspsychologie und Pädagogischer Psychologie gewesen ist.

Die Auswahlkommission sucht für diesen Preis Masterarbeiten, die durch ihre theoretische und methodische Stringenz überzeugen und die ein substantielles Forschungsergebnis beschreiben. Dieser Kommission gehörten in diesem Jahr meine Kollegen Prof. Monika Sieverding und Prof. Andreas Voss an, ich selber habe den Vorsitz geführt. Sieben Arbeiten wurden in diesem Jahr nominiert. Darunter befanden sich Arbeiten, die wirklich hervorragend waren, so dass die Kommission eine schwierige Aufgabe hatte. Schließlich konnte die Kommission sich auf eine Arbeit verständigen, die den Kriterien einer preiswürdigen Arbeit im besonderen Maße entsprochen hat.

Mit dem diesjährigen Weinert-Preis wird die Masterarbeit mit folgendem Titel ausgezeichnet: „Die Macht der Metapher: Der Metapher-Framing Effekt in der politischen Meinungsbildung“. Die Autorin dieser Arbeit heißt Anne-Louise Göhring, betreut wurde die Arbeit von Prof. Ursula Christmann und Prof. Norbert Groeben. Frau Göhring, herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis!

Worum geht es nun in dieser Arbeit? Nun, wir alle kennen die Macht der Bilder in den Medien bei den täglichen Berichterstattungen. Schaltet man beispielsweise bei der Tagesschau das Bild einmal ab und hört sich nur das gesprochene Wort an, so erscheinen viele der berichteten Geschehnisse als weniger eindrücklich. Was man mit eigenen Augen gesehen hat, das glaubt man auch. Müssen Bilder aber immer visuell präsentiert werden? Nein, denn in unserer Sprache gibt es viele Möglichkeiten, bildhafte Vergleiche in Form von Metaphern zu verwenden. „Die Kuh vom Eis kriegen“ ist eine solche Metapher, mit der sehr bildhaft ausgedrückt wird, dass ein Problem gelöst wird; „Die Nadel im Heuhaufen suchen“ ist eine bildhafte Metapher für eine nahezu aussichtslose Suche. Welche psychologischen Effekte können solche Metaphern beim Hörer aber auslösen? Haben Metaphern die Macht, unser Fühlen, Denken und Entscheiden zu beeinflussen? Dieser Frage widmete sich die Masterarbeit von Frau Göhring.

Theoretischer Ausgangspunkt für diese Fragestellung ist das sogenannte „Metapher-Framing-Modell“ des US-amerikanischen Psychologen Shani Robins. Nach diesem Modell werden Metaphern beim Verstehen eines Sachverhalts als Deutungsrahmen wirksam. Dieses Modell ist bereits für verschiedene Inhaltsbereiche untersucht und bestätigt, allerdings liegen für den Bereich der politischen Meinungsbildung bislang kaum empirische Studien vor. Diese Lücke hat nun Frau Göhring mit ihrer Masterarbeit experimentell geschlossen.

Die Versuchspersonen ihrer Untersuchung bekamen kurze Texte mit Sachinformationen zu lesen: Dies waren Informationen zur Flüchtlingskrise, zu den Geschehnissen in der Silvesternacht in Köln und zum radikalen Islamismus. Diese Texte wurden von Frau Göring in zwei Versionen verfasst. Eine Version leitete den Text ohne Metapher ein und die andere Version leitete den Text mit einer negativ konnotierten Metapher ein. • „Die Flüchtlingsbewegung nach Deutschland hält an.“ vs. „Die Flüchtlingslawine überrollt Deutschland.“ • „Nach den Übergriffen auf Frauen in der Sylvesternacht…“ vs. „Nach der Jagd auf Frauen in der Sylvesternacht…“

Jede Versuchsperson bekam nur eine der beiden Versionen zu lesen. Nach der Lektüre dieser Texte bearbeiteten die Versuchspersonen Fragebögen, in denen sie über ihr emotionales Befinden, ihre Einstellung zum präsentierten Thema sowie die Eignung von möglichen Maßnahmen befragt wurden. Eine Analyse der Daten zeigt auf, dass Personen, die eine metaphorische Textversion gelesen hatten, eine negativere Stimmung berichteten als Personen, die eine Textversion ohne Metapher gelesen hatten. Darüber hinaus zeigen Personen mit geringem Vorwissen zu den Themen nach der Lektüre der metaphorischen Textversion eine negativere Einstellung zum Thema und sie fanden drastischere Maßnahmen geeigneter im Vergleich zu Personen, die eine Textversion ohne Metaphern gelesen hatten. Zusammenfassend konnte Frau Göhring mit ihrer Masterarbeit also zeigen, dass stilistische Merkmale von Texten die politische Meinungsbildung bedeutsam beeinflussen kann, besonders bei Personen mit wenig Sachwissen zum Thema.

Als die Auswahlkommission sich mit der Masterarbeit von Frau Göhring beschäftigt hat, war sie besonders von der hohen gesellschaftlichen Relevanz der Arbeit beeindruckt, als auch von ihrer theoretischen Stringenz und dem außerordentlich hohem methodischem Niveau der Studie. Diese Merkmale der eingereichten Arbeit haben die Kommission dann letztendlich überzeugt.

Frau Göhring, ich gratuliere ihnen nochmals zu dieser exzellenten Masterarbeit und übergebe Ihnen nun die Urkunde.