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Master 2016 - Rede

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Von Anna SandmeirLesezeit: 8 Minuten

Rede der AbsolventInnen auf der 5. Masterfeier am 2.12.2016 in der Alten Aula der Universität Heidelberg

 

von Anna Sandmeir, MSc

Guten Abend! Ich darf, zu diesem feierlichen Anlass und an diesem schönen Ort, ein paar Worte aus den Reihen der diesjährigen Absolventinnen und Absolventen des Master-Studiengangs Psychologie zu sagen.

Als ich vor sechs Jahren den Zulassungsbescheid für den Bachelorstudiengang Psychologie aus Heidelberg im Briefkasten hatte, war ich ziemlich aufgeregt. Da war sie jetzt endlich, meine „Eintrittskarte“ in die Welt des Studiums – und irgendwie auch in die Welt des Erwachsenseins. Ich konnte es einerseits kaum abwarten, konnte mir aber andererseits gar nicht richtig vorstellen, jetzt zu „denen“ dazuzugehören – und die Schuhe einer Psychologiestudentin auszufüllen. Ich habe mich gefragt: „Wie wird das wohl, mit lauter so schlauen Leuten zu studieren?“, „Ist das überhaupt was für mich?“, „Passe ich da rein…?“, „Habe ich mit Heidelberg die richtige Wahl getroffen? Ist ja nun nicht gerade Berlin, Hamburg, München…“

Dass meinem Mathelehrer in der Oberstufe, als er von meinen Plänen für ein Psychologiestudium erfuhr, nur meinte „Ach Gott, da hast du ja dann auch wieder Statistik“ trug nicht unbedingt zu meinem Optimismus bei. Als ich dann aber in der Woche vor dem Vorlesungsbeginn in der Runde des Einführungsseminars mit meinen neuen Kommilitoninnen und Kommilitonen saß, und wir uns von unseren Erwartungen und Sorgen erzählten, habe ich dann natürlich gemerkt, dass ich nicht die einzige war, die ein bisschen damit fremdelte, jetzt eine „Psychologiestudentin“ zu sein.

Am Anfang fühlte es sich dann auch noch etwas fremd an, auf die Frage, was man den so mache, auf WG-Parties zu sagen „Ich studiere Psychologie“… Heimlich war ich vielleicht auch ein bisschen stolz, aber so richtig war mir ehrlich gesagt noch nicht klar, wie das in den nächsten Jahren genau aussehen sollte – Psychologie studieren. Es beruhigte mich aber, dass es meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen ähnlich zu gehen schien. Und obwohl mir gerade zu Beginn das Studium manchmal wie eine unzusammenhängende Ansammlung von Themen vorkam, die zwar irgendwie alle ganz interessant waren, aber die für mich nicht viel miteinander zu tun hatten, hoffte ich einfach darauf, dass sich mir diese Sache mit dem Psychologiestudium sicher bald erschließen würde.

Mit der Zeit hatte ich mich dann an „mich als Psychologiestudentin“ gewöhnt, und konnte den Smalltalk, der häufig auf die Frage „Und, was machst du so..?“ folgte, ganz gut vorhersagen – ihr habt das so oder so ähnlich sicher auch schon des Öfteren gehört: „Oh, da musst du ja ein richtig gutes Abi haben!“; „Das ist ja auch viel Statistik, oder?“, „Ohh, dann muss ich jetzt ja aufpassen was ich sage, du analysierst mich sicher...“ , oder auch „Psychologie - das hat mich ja schon immer interessiert“…irgendwann hatten wir dann sicher alle unsere Antworten parat: „Ja, schon ein gutes Abi, …naja, wenn man will kann man sich vor Statistik auch einigermaßen drücken, aber so schwer ist es wirklich nicht. Nein, du musst nicht aufpassen was du sagst, das mit dem Analysieren lernen wir erst im nächsten Semester.“

Auch sonst sind wir irgendwann, ganz ohne uns Mühe zu geben, zweifelsfrei als Psychologiestudenten durchgegangen… Formulierungen wie „Das kann man jetzt so pauschal nicht sagen“, „ja da gibt es ja auch zig Störvariablen“, oder aber „das ist sicher multipel determiniert...“ waren ein sicherer Hinweis. Oder wenn jemand mal wieder ein besonders erstaunliches Forschungsergebnis im Stern gelesen hatte „da müsste man jetzt die Effektstärke kennen…von den systematischen drop-outs ganz zu schweigen“. Vielleicht haben sich der eine oder die andere von euch auch eine etwas empfindliche Reaktion angewöhnt, wenn jemand oder etwas als „nicht normal“ bezeichnet wurde…

Mit fortgeschrittenem Studium dann passte der „Schuh“ der Psychologiestudentin wie angegossen...vielleicht fing er an manchen Stellen sogar schon an zu drücken und wurde ein bisschen zu eng.

Immer mehr wurde deutlich, dass wo „Psychologiestudentin“ oder „-student“ draufsteht, völlig verschiedene Sachen drin sein können. Wir machten Praktika in Psychiatrien, in der Personalabteilung großer Unternehmen, setzten uns nebenher in Veranstaltungen anderer Fächer, arbeiteten neben dem Studium in Beratungsstellen, Forschungsprojekten, Unternehmensberatungen, als Tutoren, pausierten für ein Semester und gingen auf Reisen…

Obwohl – oder vielleicht auch weil – es langsam gar so bequem und bekannt war, Psychologiestudent zu sein, wurden die Blicke darauf, was danach kommen könnte, oder auch darauf, was es außerdem noch geben könnte, immer häufiger.

Vor ungefähr eineinhalb Monaten war es bei mir dann so weit: Ich musste mich exmatrikulieren. Ohne großes Aufhebens war ich einfach fertig: Die letzten Credit Points waren abgeleistet, die Masterarbeit geschrieben. Was mir eigentlich nur wie ein lästiger Erledigung vorkam, hat sich dann doch etwas mulmig angefühlt. Als ich mit meinem Antrag auf Exmatrikulation in der Univerwaltung saß, wurde ich fast ein bisschen ärgerlich, dass mir der Mitarbeiter im Servicecenter jetzt wirklich meinen Studentenausweis abnehmen wollte. Das ist doch mein goldenes Ticket, mein Mitgliederausweis! Von den Vergünstigungen, die ich damit in den letzten Jahren in der Stadtbücherei, Kino, bei der Bahn und sogar beim Laptopkauf bekommen hatte, ganz zu schweigen. Da wurde ich dann doch ein bisschen wehmütig.

Das war’s also, mit dem „Psychologiestudentin in Heidelberg“ fertig zu sein. Dieser Identität, die zwischenzeitlich bequem wie die gut eingetragenen Alltags-Schuhe geworden war, war ich entwachsen. Mir wurde klar, dass ich mich jetzt an eine neue Antwort auf die Frage „Und was machst du eigentlich?“ gewöhnen musste. Für viele von euch war dieser Wechsel vielleicht etwas prägnanter, und brachte größere Veränderungen mit sich, als nur euren Studentenausweis abzugeben.

Aber im Grunde sind wir jetzt wieder alle in einer ähnlichen Situation wie zu Beginn des Studiums. Wir müssen uns auf die Frage „Und was machst du so..? “ erst wieder an unsere eigene, neue Antwort gewöhnen. Es fühlt sich vielleicht noch ein bisschen fremd an (aber vielleicht sind wir auch ein wenig stolz) – jetzt zu sagen können: „Ich bin Psychotherapeutin in Ausbildung“, „Ich bin Trainee bei einer Consulting-Firma“, „Ich promoviere“, …oder auch „Ich verreise jetzt erst mal für eine Weile, und dann schauen wir weiter“… Was auch immer eure Antwort auf diese Frage ist, ich hoffe, dass ihr auch wieder diese Vorfreude, diese Aufregung und diesen Tatendrang spürt, die wir zu Beginn des Studiums teilten.

Und während wir jetzt vor allem nach vorne schauen auf das, was in nächster Zeit kommt, die neuen Herausforderungen, Chancen, Möglichkeiten, soll heute auch nochmal ein abschließender Blick zurückgeworfen werden auf das, was wir in den letzten Jahren erlebt und geschafft haben. Denn ja, es war auch viel Arbeit.

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei denen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir jetzt hier sitzen und auf ein erfolgreich abgeschlossenes Studium zurückblicken können. Bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Psychologischen Instituts in Verwaltung und Lehre. Beim Professorium, das in den allermeisten Fällen zu einem offenen Austausch auf Augenhöhe bereit war, die unverzichtbaren Mitarbeiter im Prüfungsamt, Verwaltungssekretariat, den Sekretariaten der einzelnen Abteilungen, der EDV-Beratung, der Studienberatung, den Hausmeistern, und nicht zuletzt der Methodenberatung, die viele von euch möglicherweise gerade in der letzten Phase eures Studiums noch einmal besonders zu schätzen gelernt haben.

Und zuletzt natürlich ein großes Dankeschön an Anja Schilling, Hannah Gairing und Herrn Professor Wahl, dass sie diesen feierlichen Abschluss dieser schönen, aufregenden, anstrengenden Zeit organisiert haben. Jetzt wünsche ich uns alle noch einen tollen Abend, mit dem wir hoffentlich noch eine weitere, unvergessliche Erinnerung zu unserem Masterstudium hier in Heidelberg hinzufügen. Vielen Dank!


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