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Laudatio zum Franz E. Weinert-Gedächtnispreis 2006

« Zurück zum Jahrgang Diplom 2006 Über den Franz E. Weinert-Gedächtnispreis
Von Sabina Pauen Lesezeit: 4 Minuten

Liebe Absolventinnen und Absolventen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist mir eine Ehre, dass ich heute Abend in Vertretung von Frau Prof. Dr. Pauen die Laudatio für den diesjährigen Diplomarbeits-Preis verlesen darf. Frau Pauen kann heute leider nicht anwesend sein, da sie in Hannover an einer Gutachter-Sitzung der Volkswagen-Stiftung teilnehmen muss. Sie bedauert ihre Abwesenheit sehr und hat mich gebeten, Ihnen ihre Grüße und die herzlichsten Glückwünsche an die Preisträgerin zu übermitteln.

Kommen wir aber nun zu der Laudatio:

Sie beginnt mit drei Fragen: Sind Amerikaner und Deutsche sich in ihrer Persönlichkeit ähnlich? Haben sie vergleichbare Werte? Drücken sie ihre Gefühle auf dieselbe Weise aus? Solche Fragen kann man „aus dem Bauch heraus“ beantworten oder man kann sie mit den Methoden der Psychologie empirisch untersuchen. Die zweite Möglichkeit ist in jedem Fall besser, um vorurteilsfreie Antworten zu finden. Genau dieser Aufgabe widmet sich die Arbeit von Birgit Koopmann. Ihr Titel: „Neither Arrogant Nor Rude - Values, Emotional Display Rules, Self-Monitoring, and Expressive Behaviour in the United States and Germany“. Grob übersetzt heißt das: „Weder arrogant noch unhöflich - Werte, Regeln des Gefühlsausdrucks, Selbstüberwachung und expressives Verhalten in den USA und in Deutschland“

Was genau untersuchte Frau Koopmann? Nach einer sorgfältigen Analyse der einschlägigen Forschungsliteratur ging Frau Koopmann davon aus, dass allgemeine Werte Einfluss auf zwei Faktoren nehmen: Sie bestimmen einerseits Regeln, nach denen Gefühle geäußert werden dürfen, und andererseits Prozesse, die der Selbstüberwachung in emotionalen Situationen dienen. Zu den allgemeinen Werten zählen hierbei: die Offenheit für Veränderung, Konservativismus, eine Orientierung an übergreifenden universellen Werten oder eine Orientierung an Werten, die sich auf die eigene Stärke beziehen. Bereits hier kann man erkennen, dass diese Werte in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedlich stark gewichtet werden können.

Erhoben wurde der Einfluss dieser Werte auf das expressive Verhalten (also auf Verhaltensweisen, die sich auf den Ausdruck von Gefühlen beziehen). Das expressive Verhalten wurde einerseits mittels Fragebogen als Selbstbericht erfasst und andererseits in einem kontrollierten Experiment direkt beobachtet. Einfach ausgedrückt hat Frau Koopmann geprüft, ob die Werte einer Gesellschaft bestimmen, welche Emotionen in welcher Weise geäußert werden.

Wie wurde methodisch vorgegangen? Frau Koopmann untersuchte eine große Stichprobe von über 180 Deutschen und Amerikanern, wobei Werte und expressives Verhalten über getrennte Fragebogen-Instrumente erfasst wurden. Das ist aber nicht das einzige: Um die Frageboten-Daten zu validieren, führte die Autorin zusätzlich ein Experiment durch, in dem Ärger aktiv induziert wurde. So konnte durch unabhängige Beobachter geprüft werden, ob Ärger von Deutschen und Amerikanern auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck gebracht wird. Damit vereinte Frau Koopmann zwei anspruchsvolle Ansätze empirisch-psychologischer Forschung in einer einzigen Arbeit: eine Fragebogen-Studie und ein kontrolliertes Verhaltens-Experiment.

Was ist herausgekommen? Die Fragebogen-Daten zeigten, dass die Werte der untersuchten Amerikaner eher konservativ und auf Selbst-Verstärkung angelegt waren. Dagegen betonten die Deutschen eher die Offenheit für Veränderungen und eine Orientierung an universellen Werten. Laut Fragebogen spiegelten sich diese Unterschiede im Wertebereich auch im Hinblick auf den Emotionsausdruck wider: Die amerikanischen Studienteilnehmer akzeptierten den Ausdruck von Verachtung und Ekel eher als die Deutschen. Andererseits akzeptierten die Deutschen eher den Ausdruck von Ärger oder Traurigkeit als die Amerikaner. Im zusätzlich durchgeführten Experiment konnten die Kultur-Unterschiede im Hinblick auf den Ärgerausdruck bestätigt werden.

Was sagen die Gutachter zu dieser Arbeit? Die Gutachter der Arbeit waren Prof. Matsumoto von der San Francisco State University und Prof. Amelang von der Universität Heidelberg. Beide Gutachter kamen zu einer einhellig enthusiastischen Beurteilung des Werkes: Prof. Matsumoto sagt: „Meiner Meinung nach ist Frau Koopmann eine der drei besten Studierenden, mit denen ich in den fast 20 Jahren meiner akademischen Karriere gearbeitet habe.” Das sind starke Worte. Und Prof. Amelang schreibt: “Was diese Bewertung angeht, so kommt nur die Bestnote in Betracht.” Deshalb wundert es nicht, dass die zentralen Ergebnisse der Arbeit mittlerweile zur Veröffentlichung in internationalen Zeitschriften eingereicht wurden.

Was bleibt da noch zu sagen? Die Arbeit ist nach allen Regeln unserer Zunft geplant, durchgeführt und ausgewertet worden. Die Fragestellung ist innovativ und führte zu spannenden, soliden Ergebnissen. Und die Leistung einer Studierenden der Heidelberger Psychologie wurde und wird im Ausland als herausragend wahrgenommen. Aus diesen Gründen wurde Frau Koopmanns Diplomarbeit als hervorragende Leistung bewertet, die nun mit dem Franz-Emanuel-Weinert Preis geehrt wird.

Liebe Frau Koopmann, herzliche Glückwünsche zu dieser Auszeichnung!