Liebe Diplomandinnen und Diplomanden, sehr geehrte Damen und Herren,
Ich freue mich, im Namen des Auswahlkomitees, dem Frau Professor Pauen, Herr Professor Klaus Fiedler und ich angehörten, zum ersten Mal den „Franz-Emanuel-Weinert-Gedächtnispreis“ für herausragende Diplomarbeiten, die hier an unserem Psychologischen Institut entstanden sind, verleihen zu dürfen.
Professor Dr. Franz E. Weinert hatte von 1968-1981 den Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie hier in HD inne; er war danach Gründungsmitglied und von 1981 bis 1998 Direktor des MPI für psychologische Forschung in München. Zahlreiche Ehrungen und Mitgliedschaften wurden ihm zuteil: So war er u.a. Präsident der DGfP, Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft. Er galt als herausragender Forscher und akademischer Lehrer auf den Gebieten der Pädagogischen Psychologie und der Entwicklungspsychologie, war Herausgeber international renommierter psychologischer Fachzeitschriften, Buchreihen und Sammelwerken.
Anfang März 2001 ist Professor Weinert viel zu früh verstorben. Der Preis ist seinem Andenken gewidmet.
Mit der Verleihung dieses Diplomarbeitspreises möchten wir die wissenschaftliche Neugierde, den Fleiß und das kreative Denken von Studierenden würdigen. Gerade in einer Zeit, in der an Sie die öffentliche Botschaft gerichtet wird, möglichst schnell und unkompliziert das Studium zu durchlaufen, um sich alsbald im beruflichen Alltag zu bewähren, kann es leicht passieren, dass ohne große Komplikationen studiert wird und die Kreativität, das Gegen-den-Strich-Denken auf der Strecke bleiben. Wir wollen einer solchen Tendenz mit diesem Preis entgegen wirken und das Signal setzen, dass das Kreative, das Fundierte und Umfassende sehr wohl gesehen und gewürdigt werden. Um im wissenschaftlichen Diskurs an der Spitze zu bleiben, benötigen wir auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die durch die von Ihnen durchgeführten Diplomarbeiten gewonnen werden. Sie stellen einen wesentlichen Teil von Forschung und Erkenntnisgewinn dar. In ihnen zeigt sich, ob die Saat des Studiums, dessen, was in der Lehre vermittelt werden sollte, aufgegangen ist: Wie wird wissenschaftliche Erkenntnis gewonnen? Das heißt wie werden Fragestellungen begründet, welche Methoden werden eingesetzt, wie werden Schlüsse gezogen und wie werden Ergebnisse in den bereits bestehenden Zusammenhang eingeordnet - alles das sind Aspekte, die sich in einer Diplomarbeit zeigen bzw. niederschlagen sollten.
Es zeigt sich darin auch, wie klar wir uns ethischen Prinzipien bei der Erkenntnisgewinnung verpflichtet fühlen. Die Wahrung ethischer Prinzipien ist ja keineswegs auf die Naturwissenschaften allein beschränkt, sondern trifft natürlich auch und gerade auf unser Fach in aller Konsequenz zu. So hat uns in der Auswahlkommission für den diesjährigen Preis schon nachdenklich gestimmt, dass z.B. in den experimentellen Anordnungen einzelner Arbeiten falsche Rückmeldungen an die Probandinnen und Probanden recht salopp eingesetzt worden sind. Es stellt sich durchaus die Frage, wie es zu rechtfertigen ist, dass zum Erzeugen etwa einer negativen Stimmung, den Probandinnen und Probanden gesagt wird, sie seien in ihrer Leistung bei einer bestimmten Aufgabe keineswegs so gut wie der Rest - obgleich das gar nicht stimmt.
Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel, dieses Grundsatzes sollten wir uns immer wieder bewusst werden; er darf nicht aus dem Blickwinkel geraten. Schon gar nicht in unserer Zeit, in der wir jeden Tag mitverfolgen können, wie sich die ethischen Grenzen verschieben und der Preis für den wissenschaftlichen Fortschritt entweder ignoriert oder als vernachlässigbar gering deklariert wird.
Aber kommen wir zurück zu den für den diesjährigen Preis eingereichten Arbeiten! Insgesamt fünf Arbeiten sind der Auswahlkommission vorgelegt worden.
- Bohr, Kathrin & Siebert, Katrin: Erfassung von Emotionaler Intelligenz mit Hilfe des ‚Act-Frequency Approach’ (Betreuung: Prof. Dr. M. Amelang & Dr. C. Schmidt-Rathjens)
- Dittrich, Claudia & Rieke, Alexa: Ein Fragebogen zum Schamgefühl (HFKS): Normierung und erste klinische Anwendung (Betreuung: Dr. A. Kämmerer & Dipl.-Psych. J. Rosenkranz)
- Hippin, Robert: Reliabilität des Strukturierten Klinischen Interviews für DSM-IV (Betreuung: PD Dr. B. Renneberg & Dr. M. Backenstraß)
- Spering, Miriam: Emotionen und Kontrollüberzeugungen beim komplexen Problemlösen (Betreuung: Prof. Dr. J. Funke & PD Dr. N. Schaper) [online verfügbar unter http://www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/2099]
- Trasselli, Claudia: Das Selbst als Quelle evaluativer Urteile (Betreuung: Dr. E. Walter & Prof. Dr. J. Funke)
Alle diese Arbeiten sind großartig! Mir hat es Freude gemacht, sie zu lesen, ich habe viel gelernt bei diesem Lesen ..... Es sind pfiffige, fleißige, fundierte Arbeiten - alle fünf. Sie zeugen von Fleiß und Ausdauer und von der Fähigkeit, komplex zu denken und dieses auch in empirisches und experimentelles Handeln umzusetzen und entsprechend schriftlich darzustellen. Lob und Gratulation an alle Autorinnen und Autoren! Weil in unserem Fach gemeinhin unterschieden wird zwischen grundlagenwissenschaftlichen und anwendungswissenschaftlichen Fragestellungen, haben wir den Preis geteilt!
Der Preis für die grundlagenwissenschaftliche Arbeit geht an Miriam Spering! Herzlichen Glückwunsch! Sie haben in ihrer Arbeit untersucht, wie sich positive und negative Emotionen auf komplexes Problemlösen auswirken, wenn man die Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen als relativ stabile Persönlichkeitsdispositionen mit berücksichtigt.
Mit dieser äußerst komplizierten Fragestellung haben Sie sich ein schwieriges Thema vorgenommen, das Sie hervorragend bearbeitet und ebenso hervorragend schriftlich dargelegt haben. Machen Sie weiter so!
Der Preis für die anwendungswissenschaftliche Arbeit geht an Kathrin Bohr und Katrin Siebert.
Herzlichen Glückwunsch! Sie beide haben sich eines Themas angenommen, das in vielerlei Varianten durch die Öffentlichkeit geistert, nämlich der Emotionalen Intelligenz. In ihrer Arbeit haben Sie versucht, dieses Konstrukt Emotionale Intelligenz empirisch zu untermauern, indem sie mit Hilfe des „Verhaltens-Häufigkeits-Ansatzes“ (Act-Frequency Approach) zu dessen Operationalisierung beigetragen haben. Dieser „Verhaltens-Häufigkeits-Ansatz“ geht von der Grundannahme aus, dass Eigenschaften über eine Vielzahl von Verhaltensweisen beschrieben werden können, über die diese Eigenschaften erfasst werden können. Das haben sie auf die emotionale Intelligenz angewendet und prototypische Verhaltensweisen, die auf emotionale Intelligenz schließen lassen, mit ihrer Diplomarbeit in mehreren Untersuchungsschritten empirisch erschlossen. Sie leisten damit u.a. einen Beitrag, der Verzerrung psychologischer Konstrukte aufgrund mangelnder wissenschaftlicher Fundierung entgegen zu wirken. Herzlichen Glückwunsch zu dieser gelungenen Arbeit!
Abschließend möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die Arbeiten eingereicht haben, sehr herzlich bedanken und erst recht sagen wir an jene Dank, die die Arbeiten über die Weihnachtsfeiertag begutachtet haben. Wir hoffen, dass in Zukunft dieser Preis zu einem wesentlichen Bestandteil unserer „Institutskultur“ werden wird - eben jenem „spirit of Heidelberg“, von dem Margret Wintermantel sprach.