Rückblickende Bemerkungen anlässlich der Abschlussfeier zum Dipl.-Psych. am Psychologischen Institut, Heidelberg
Liebe Absolventinnen und Absolventen - Dear graduates!
Obwohl Herr Amelang diesen Teil so schön als "rückblickende Bemerkungen" bezeichnet hat, möchte ich erstmal kurz in der Gegenwart bleiben und euch allen ganz herzlich zu eurem Dipl.-Psych. gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!
Für einige liegt die letzte Prüfung schon ein Weilchen zurück, für andere ist sie noch ganz aktuell - vielleicht so aktuell, dass sich das Gefühl "fertig zu sein" noch gar nicht eingestellt hat. Bei meiner letzten Prüfung vor gut einem Jahr - so brandaktuell ist mein Abschluss also nicht mehr - war ich so im Lerntrott drin, dass ich eher das Gefühl hatte, "das geht jetzt grad so weiter". Ich habe mich sogar bei dem Gedanken erwischt, was wohl als nächstes an Lernstoff zu absolvieren ist; und ich war fast schon drauf und dran, den Ordner für die nächste - imaginäre - Prüfung anzulegen und mir meine Tage wie schon die Monate zuvor in viele, viele Lernen-Essen-Lernen-Essen-Lernen-Essen-Abschnitte einzuteilen. Mir war jedenfalls überhaupt nicht bewusst, dass ich mit dem Studium fertig war. Und es hat einige Zeit gedauert, bis sich dieses Gefühl in mir breit gemacht hat.
Und man muss sich ja auch erstmal von der Prüfungszeit erholen - wenn ich allein an das Organisieren der Prüfungstermine denke, das einem logistische Höchstleistungen abverlangte; die nach der fünfstündigen Klausur doch leicht schmerzende Hand; nicht zu vergessen die diversen Magen-Darm-Beschwerden und sonstigen psychosomatischen Symptome, die sich bei jeder Prüfung einstellten und auch das Herzflattern, wenn die angesetzte Prüfung aufgrund höherer Gewalt verschoben wurde musste ...
Aber all das liegt ja nun erstmal hinter uns und ich finde es daher umso schöner, dass es nun eine Diplom-Feier gibt, bei der man nochmal seine Mitstudierenden trifft, die Professoren, die Mitarbeiter - kurz, das ganze Haus versammelt ist, um den Dipl.-Psych. gemeinsam und eben ganz offiziell zu feiern.
Ich habe mein Grundstudium in den USA absolviert, wo solche Abschlussfeiern ja bereits im Kindergarten veranstaltet werden. Gut, darüber kann man sich streiten - aber ich empfand jedenfalls meine abschliessende Graduation, bei der alle Absolventinnen und Absolventen dieses Jahrgangs, die Professoren, die Angehörigen und Freunde versammelt waren und man gemeinsam feierte, als ein sehr schönes Event. Da schloss sich für mich der Rahmen und diese Feier wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Es wird ja gerade in letzter Zeit viel darüber diskutiert, das deutsche universitäre System dem amerikanischen in Form von Studiengebühren, der Einführung von BA- und MA-Abschlüssen, Studienzeitverkürzung etc. anzugleichen. Bei dieser Diskussion um diese eventuell anstehenden Veränderungen kam mir meine Studienzeit in den USA häufig wieder in den Sinn.
Daher möchte ich in diesem Zusammenhang - auch im Sinne eines persönlichen Rückblicks - kurz auf diese Zeit als undergraduate student zu sprechen kommen und einige Eindrücke und Erfahrungen, die ich dort sammeln konnte, mit euch teilen.
Wenn man an’s Studieren in Amerika denkt, fallen einem eventuell zuerst mal die Studiengebühren ein, die damit verbunden sind. Ich war auf einer staatlichen Uni, die von den Kosten um einiges niedriger liegt als so manche Privatuni. Ist der Notendurchschnitt, der ständig überprüft wird, sehr gut, kann dies z.B. eine Senkung der Studiengebühren nach sich ziehen.
Wir haben hier jedenfalls - noch - das Privileg ohne Gebühren studieren zu können. Wer weiss, wie lange das noch so bleibt. Falls Studiengebühren erhoben werden sollten, wird dies ja vermutlich oder hoffentlich in erster Linie den Studierenden zugute kommen z.B. in Form einer noch besser ausgestatteten Bibliothek, zusätzlicher Investitionen in Studien- und Lehrmaterialien und weiterer notwendiger Gerätschaften etc. - Dinge, die das Studieren letztendlich erleichtern und dadurch auch beschleunigen.
Viele Leute sagen, das Studieren in den USA sei so verschult - dies ist ein berechtigter Einwand zumindest auf die undergraduate Studienzeit bezogen. Aber gleichzeitig bietet dies den Studierenden eine gute Struktur, und es ist jedem freigestellt, sich darüber hinaus mit Themen zu beschäftigen und sich in Projekten und workshops über das Verlangte hinaus zu engagieren. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die durchgängige Leistungsüberprüfung eingehen. Ich empfand dies persönlich nicht als Quälerei, sondern, das ständige Feedback durch die Professoren trug zu einer besseren Einschätzung meiner Leistungen bei und hat mich darin bestärkt, weitere Aufgaben anzugehen und es hat mir Vertrauen in meine akademischen Fähigkeiten vermittelt. Es ist natürlich klar, dass eine stete Leistungsüberprüfung für das Lehrpersonal einen erheblich höheren Arbeitsaufwand bedeutet. An deutschen Unis wird ja gemeinhin das selbständige Arbeiten gefordert und gefördert, was für die Entwicklung eines eigenständigen Lernens wichtig und notwendig ist und den Studierenden viel Gestaltungsfreiheit lässt. Dies kann jedoch zumindest zu Beginn des Studiums bei dem einen oder anderen Studierenden bewirken, dass er sich dadurch etwas alleingelassen fühlt. Mein Eindruck hier war, dass dieses Gefühl z.T. durch den Zusammenschluss von Studierenden zu Arbeits- und Lerngruppen aufgefangen und ausgeglichen wird. Dennoch fand ich die Tatsache, dass in den USA sprichwörtlich die Türen der Dozenten den Studierenden für Fragen, Diskussionen und das Besprechen von Arbeitsinhalten jederzeit offen standen, sehr hilfreich. So wird z.B. jedem Neuankömmling eine Dozentin oder ein Dozent zugewiesen, der den freshman nicht nur in der Anfangsphase des Studiums berät, sondern ihm oder ihr durch die gesamte Studienzeit hinweg bei Fragen zur Verfügung steht - ein sogenanntes Mentorensystem. Ich denke, was das selbständige Arbeiten und die Betreuung der Studenten betrifft, da muss das eine das andere nicht ausschliessen.
Obwohl durch die anderen finanziellen Rahmenbedingungen in den USA einiges mehr machbar ist im Hinblick auf die Studienstruktur, die Angebote und die Betreuung der Studierenden im allgemeinen, können andererseits die z.T. enormen Studiengebühren - je nach dem welche Uni man besucht - zu erheblichen Verschuldungen bei den Studierenden führen, die erstmal zurückbezahlt werden wollen.
Als Fazit bleibt für mich, dass es in beiden Systemen Vor- und Nachteile gibt. Ich denke, für die zukünftige Entwicklung des universitären Ablaufs wäre eine Integration der positiven Anteile beider Systeme wünschenswert.
Was mein Wechsel nach Deutschland betrifft, war ich sehr froh, als ich eine Zusage für Heidelberg erhielt - der Ruf und die Tradition der Uni, die Stadt an sich ... Zuerst hatte ich allerdings schon Bedenken, wie das alles so werden wird. Und ich muss sagen, der Einstieg hier mit einem Seminar, welches sich ausgiebigst mit ALM beschäftigt, war sicherlich nicht der leichteste Einstieg für mich. - Ich begann dann aber trotz allem J, mich relativ schnell wohl zu fühlen, was sicher auch an dem geteilten Los meiner Mitstudierenden lag, von denen einige gute Freundinnen geworden sind und die z.T. heute hier auch anwesend sind. Es war schön und hat Spass gemacht, gemeinsam zu lernen, Referate und Ideen zu erarbeiten und in den schwierigen Zeiten des Studiums - und auch sonst - füreinander da zu sein. Das ging sicherlich nicht nur mir so.
Wenn ich so meine Studienzeit in Heidelberg revue passieren lasse, kommen mir nochmal einige Bilder in den Sinn: da waren das Seminar Diagnostik und Begutachtung - mir wird die Falldarstellung "Alwina B." immer im Gedächtnis bleiben; das Gesprächsführungsseminar, bei dem wir uns ein Wochende lang äußerst heftig in Gesprächsführung und dergleichen übten; das KLIPS Praktikum und KLIPS Fallseminar, wo wir uns in einer Gruppe u.a. mal ausgiebiger mit der Psychoanalyse befassten; das Fallseminar zur Erziehungsberatung, das uns den Umgang im Testen von Kindern vermittelte (übrigens von Kindern, die sehr geduldig mit uns Übenden waren) - die genannten Seminare fand ich besonders anregend, da sie einem im Gegensatz zu den sonst eher sehr wissenschaftlich-theoretisch gehaltenen Seminaren die Praxis näher brachten. Weitere Bilder sind die Vorlesung in der Psychiatrie, die uns u.a. anhand alter Filme in bester schwarz-weiss-Qualität einzelne Störungbilder zu veranschaulichen half; die vielen Stunden, die man in der Bibliothek und v.a. am Kopierer verbrachte; die Hiwi-Jobs und die Praktika; die freie Einteilung der Zeit; die gemütliche Atmosphäre im Innenhof; das Institut im Herzen der Altstadt ... Also wenn ich so zurückblicke, kann ich nur sagen, ich möchte die Zeit nicht missen. Damit komme ich zum Ende und möchte euch nun für euren Weg in den Beruf oder in die Diss oder was ihr sonst vorhabt - bei mir steht jetzt erstmal der Nachwuchs an - alles Gute, viel Engagement und Durchhaltevermögen wünschen. Wir Psychologen sind ja sehr vielseitig und stets bereit für neue Herausforderungen.
Und nun gebe ich weiter an Ulf, der für seine rückblickenden Bemerkungen in die Rolle eines Unternehmensberaters schlüpfen wird.
Vielen Dank für’s Zuhören!
Angela Senger-Mersich, Absolventin des Jahres 1998
Liebe Absolventen und Absolventinnen, liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, liebe Angehörige und Freunde,
den einleitenden Worten des derzeitigen Geschäftsführenden Direktors Herrn Prof. Amelang war zu entnehmen, der erstmaligen Durchführung dieser Diplomfeier liege das Ziel zugrunde, die Verbundenheit der Absolventen mir ihrem Institut zu erhöhen.
Anknüpfend an diese Idee, möchte ich - stellvertretend für eine Gruppe von Absolventen, die sich auch für die Preisverleihung am Ende der Veranstaltung verantwortlich zeichnet - im Rahmen dieser Rede in die Rolle eines Unternehmensberaters der großen Unternehmensberatung "Absolventen" schlüpfen, (kurze Pause) um Ihnen, den Mitarbeitern des Instituts, weitere Anregungen zur Erhöhung der Verbundenheit der Absolventen und Absolventinnen mit Ihrem Psychologischen Institut in Heidelberg zu geben.
Der Schwerpunkt meiner Ausführungen wird demzufolge weniger auf der Würdigung von Umständen liegen, die bereits jetzt die Verbundenheit der Studierenden mit dem Psychologischen Institut begründen, sondern vielmehr darauf abzielen, Möglichkeiten aufzuspüren, diese weiter zu stärken. Wir hoffen dabei, daß die Perspektive der Absolventen die Diskussion um die Weiterentwicklung des Psychologischen Instituts befruchten möge.
Ein erstes Ergebnis der Gespräche mit Absolventen - dies wird die Initiatoren dieser Veranstaltung besonders freuen - ist, daß die Idee einer solchen Abschlußveranstaltung sehr positiv aufgenommen wurde. (Pause) Auch wenn sich die Absolventen an den Anfang ihres Studiums erinnern, erntet Ihr Institut viel Lob. Das Einführungs-Kompakt-Seminar für Erstsemester, kurz EKS, hat denjenigen, die hier ihr Studium begonnen haben, den Einstieg ins Studium erheblich erleichtert. (Pause)
Daß eine hervorragende Einführung in das Studium und eine schöne, feierliche Abschlußverantstaltung an dessen Ende alleine nicht ausreichend sind, um eine Verbundenheit der ehemals Studierenden mit ihrem Institut herzustellen, dürfte jedoch jedem einleuchten.
Im folgenden möchte ich daher einige Worte zu dem verlieren, was zwischen dem Anfang und dem Ende liegt.
Eine erste formale Antwort:
Wodurch entsteht nun während des Studiums Verbundenheit (Pause): eine erste Antwort liefert der Begriff selbst, durch Verbindung, d.h. für den universitären Kontext: durch einen intensiven Austausch zwischen Studierenden, v.a. aber auch durch einen intensiven Austausch zwischen Studierenden und Dozierenden.
Unterscheidet man weiter zwischen Form und Inhalten des Studiums, läßt sich vorläufig festhalten: Verbundenheit der Absolventen mit ihrem Institut entsteht durch einen der Form nach zufriedenstellenden Austausch (kurze Pause) von Inhalten, die den Wünschen und Erwartungen der Studierenden entsprechen. Da die Wünsche der Dozenten auf einem anderen Blatt stehen (HOCHHEBEN des BLATTES) müssen sie sich diesbezüglich etwas gedulden.
Eine erste Empfehlung, die sich aus diesem Verständnis von Verbundenheit ableiten ließe, bestünde darin, vorhandene Ansätze eines Dialogs zu intensivieren, der zunächst einmal einen Austausch über Erwartungen und Wünschen der Studierenden zum Gegenstand hätte. Gelänge dies zum einen auf einer eher strukturellen Ebene, zum anderen auf der Ebene konkreter Lehrveranstaltungen, so könnte sich das Psychologische Institut davon eine erhebliche Erhöhung der Verbundenheit der Studierenden mit ihrem Institut versprechen.
Im folgenden möchte ich über diese erste eher formale Antwort hinaus einige Ideen zur Bedeutung von Inhalten und Form des Studiums für die Verbundenheit der Absolventen mit Ihrem Institut skizzieren. (Pause)
Am Ende des Studiums, der gleichzeitig den Start ins Berufsleben markiert, - zu ergänzen wäre hier vielleicht: zumindest, wenn es gut läuft -, scheinen sich viele Absolventen mit Fragen zu beschäftigen, wie etwa: Hat mich mein Studium auf das Berufsleben vorbereitet und wenn ja, in welcher Weise? Was fehlt mir, um mich für einen Übergang ins Berufsleben gerüstet zu fühlen? Oder anders ausgedrückt: Gibt es eine Verbindung zwischen den im Studium erworbenen Kompetenzen und den Anforderungen der Berufspraxis?
Für solche Absolventen scheint folgender, ihnen sicher bekannte, Aphorismus kennzeichnend zu sein: "Non universitae, sed vitae discimus". "Nicht für die Universität, sondern für das Leben lernen wir". Oder vielleicht bescheidener: Nicht für die Universität, sondern für das Berufsleben lernen wir.
Dies gilt zumindest für die meisten, ich denke etwa 90% der Absolventen, für einige, vielleicht etwa 10% allerdings, solche, die an diesem oder einem anderen Psychologischen Institut zu arbeiten beginnen, mag vielmehr gelten (Non vitae, sed universitae discimus). "Nicht für das Leben, für die Universität lernen wir ".
Für diese 10% der Studierenden hat das Psychologische Institut auf jeden Fall einiges zu bieten. So fühlen sich die meisten Absolventen denn auch vergleichsweise gut gerüstet für die Durchführung unterschiedlichster Forschungsvorhaben. (Pause)
Wie sieht es nun aber mit der Vermittlung von Kompetenzen aus, die die Absolventen für eine Tätigkeit außerhalb der Universität bzw. jenseits der Forschung qualifizieren ? (Pause) Zum einen ist da sicher etwa an die Vermittlung praktischer Handlungskompetenzen zu denken: genannt seien beispielhaft und schlagwortartig: Präsentations- und Moderationstechniken, Formen und Kompetenzen kooperativen Lernens und Arbeitens, Haltung und Techniken bei der Gesprächsführung.
Hier fällt die Einschätzung der Absolventen deutlich kritischer aus: Es gibt zwar einige Veranstaltungen, die sich diesem Zweck verpflichtet fühlen und von den meisten Absolventen sehr geschätzt wurden. In ihrer Quantität blieben diese jedoch hinter den Wünschen der meisten Absolventen zurück. Neben der Vermittlung praktischer Handlungskompetenzen gäbe es u. E. eine noch weit bessere Chance zur Erhöhung der Verbundenheit im Rahmen der universitären Ausbildung. (Pause) Diese bestünde darin, eine Kompetenz theoretischer Reflexion eigener Tätigkeiten und Erfahrungen zu vermitteln. (Pause)
Eine solche Kompetenz theoretischer Reflexion auch berufspraktischer Erfahrungen auf der Basis universitär vermittelter Modellen und Theorien würde verhindern, daß - wie häufig beklagt - die Inhalte des Studiums und berufspraktische Erfahrungen, wie sie etwa während des Studiums in Praktika, oder eben in den ersten Schritten der Berufstätigkeit gemacht werden, isolierte, unverbundene Einheiten bleiben. Stattdessen könnte schon während des Studiums eine Verbindung zwischen praktischer Berufstätigkeit und universitär vermittelten Theorien und Modellen gebahnt werden, etwa durch eine universitäre Betreuung und Aufarbeitung der studienbegleitenden Praktika. (Pause)
Aus unserer Sicht würde eine auf solche Weise erzielte Verbundenheit von psychologischen Theorien und (berufs-)praktischen Erfahrungen auch in idealer Weise die Verbundenheit der Absolventen mit ihrem Institut erhöhen. Ja, wir sind der Überzeugung, es wäre dann sogar zu erwarten, daß die außerhalb der Universität berufstätigen Psychologen dann ihrerseits an einem Fortbestehen der Verbindung zu ihrem Institut interessiert wären, da sie sich von dort im Zuge neuer Entwicklungen auch neue Anstöße für die theoretischer Reflexion ihrer Praxis erwarten dürften.
Auch für die folgende Skizze zur Form des Lehrens und Lernens soll das Moment der Verbindung wie bisher als zentrales Kriterium im Auge behalten werden. Das Lehren und Lernen, wie es überwiegend am Psychologischen Institut abläuft, läßt sich etwas vereinfachend als instruktionales Lehren und Lernen kennzeichen. Dabei fungieren die Lehrenden als Vermittler und Präsentatoren bestimmter Inhalte. Die Haltung der Lernenden kann überwiegend als rezeptiv beschrieben werden.
Ein solcher Lehrstil ist mit einer Reihe von Problemen verbunden: Am relevantesten für unsere Betrachtung ist die aus der rezeptiven Haltung des Lernenden folgende Mangel an Aktivität und Eigenverantwortung für den Prozeß des Lernens. Solchermaßen erzeugte Passivität stellt wiederum ein Hindernis für einen aktiven Austausch, die Verbindung zwischen Lehrenden und Lernenden dar.
Kaum hingegen finden sich an sogenannten "konstruktivistische" Lerntheorien orientierte Lehrformen, die stärker die Eigenaktivität der Lernenden betonen und zudem die Kooperation, man könnte auch sagen die Verbindung und den Austausch zwischen den Lernenden, aber auch zwischen Lernenden und Lehrenden fordern und fördern. Kennzeichnend für solche Lehrformen wäre (weiterhin) ein dialogischer Charakter. Solchermaßen nach den Prinzipien Eigenaktivität des Lernenden und Dialog zwischen den am Lernprozeß Beteiligten gestaltete Lehr- , besser Lern- Veranstaltungen würden mehr als die bisherigen einen Austausch zwischen Studierenden, aber auch zwischen Studierenden und Dozierenden ermöglichen und damit die Verbundenheit untereinander erhöhen.
Ich möchte nun abschließend, wie angekündigt, auch einen kurzen Blick auf die Situation der Dozierenden werfen. (HOCHHEBEN des BLATTES). Sie erinnern sich (Pause)
Um diese zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die Rahmenbedingungen, denen die meisten Dozierenden unterliegen. Fast alle Dozierenden haben zeitlich befristeten Stellen, sogenannten Qualifikationsstellen. Die weitere Anstellung bzw. die damit verbundene berufliche Karriere und grundlegender noch (Pause) die Sicherung der eigenen Existenz hängt vornehmlich von Leistungen in der Forschung ab, und nicht von Leistungen in ihrem zweiten Arbeitsgebiet, der Lehre.
Als Ausdruck dieser Gewichtung mag auch zu verstehen sein, daß von Hochschuldozenten keinerlei didaktische Ausbildung oder Qualifikation gefordert wird. Ein von außen betrachtet kaum nachvollziehbarer Umstand. (Pause) Solche Strukturen bergen in sich die Gefahr, daß die Lehre zu einer lästigen Dienstpflicht verkommt. Engagement für die Studierenden jedenfalls legen solche Rahmenbedingungen nicht nahe. Umso mehr wird daher auch, das sei hier schon mit Verweis auf die folgende Preisverleihung angemerkt, das Engagement einiger Dozierenden in der Lehre von den Absolventen in besonderer Weise gewürdigt.
In Ergänzung zu den bisherigen Empfehlungen sollten, so legt es die Analyse nahe, auch strukturelle Veränderungen vorgenommen werden. Zentral hierbei ist die Berücksichtigung von Lehrleistungen bei der Berufung von Professoren aber auch bei der Einstellung von allen anderen Mitarbeitern, zu deren Aufgaben die Durchführung von Lehrveranstaltungen gehören.
Voraussetzung für eine Berücksichtigung von Lehrleistungen ist aber, daß auf breiter Basis systematisch Lehrevaluationen von seiten des Instituts, im besten Falle in Kooperation mit anderen Universitäten durchgeführt werden. Erste Ansätze solcher Lehrevaluationen an diesem Institut, gilt es aus unserer Sicht wiederaufzunehmen und institutionell zu verankern. Die Ablehnung solcher Evaluationen mit Verweis auf deren methodische Probleme ist hier unseres Erachtens wenig zielführend und verkennt darüber hinaus, daß angewandte Forschung immer ein kompromißbehaftetes Unterfangen ist. Ergänzend dazu sollten allen in der Lehre Tätigen didaktische Kompetenzen vermittelt werden.
Solche strukturell angelegten Maßnahmen würden sich zwar nur indirekt, dafür aber, zumindest bei langfristiger Betrachtung, wohl umso stärker auf die Verbundenheit der Absolventen mit ihrem Institut auswirken.
In der Kürze dieser Ausführungen war es nicht möglich, zum einen umfassend und zum anderen detailliert genug auf dieses so wichtige Thema einzugehen. Dennoch sollte deutlich geworden sein, daß die derzeit bestehende Verbundenheit der Absolventen mit ihrem Institut vor allem auf zwei Wegen zu steigern wäre. Zum einen durch einen stärkeren Austausch zwischen Dozierenden und Studierenden, zum anderen durch einen wie auch immer gearteten stärkeren Bezug der universitären Ausbildungsinhalte auf die Berufspraxis. Weitere Ausführungen dazu können sie unserem etwas umfangreicheren vollständigen Bericht entnehmen, der dem Institut in den nächsten Tagen zugeht.
Im Namen unseres gesamten Teams der Unternehmungsberatung "Absolventen" möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und wünsche uns allen noch eine gelungene Diplomfeier und im Anschluß daran einen anregenden Austausch oder anders ausgedrückt: Stellt die Verbindung her!
Ulf Thielmann, stellvertretend für eine Gruppe von Absolventen des Jahres 1999