Funktionen des Gesichtsausdrucks

Wozu ist der Gesichtsausdruck da? Warum verändern wir unsere Gesichtszüge, wenn es uns gut oder schlecht geht? Das verbraucht doch nur unnötig Energie!
Außerdem ist doch die Art des Gesichtsausdrucks völlig beliebig: Warum ziehen wir bei Freude die Mundwinkel hoch? Warum nicht bei Ärger oder Trauer?
Irgendeinen Nutzen müssen wir doch von unserer seltsamen Mimik haben! Oder zumindest unsere Vorfahren.

So denken Evolutionspsychologen. Und in der Tat, wenn sich Theoretiker nach der Funktion des Gesichtsausdrucks fragen, ist in den allermeisten Fällen die biologische Funktion gemeint: Es geht dann nicht so sehr um den Nutzen des Ausdrucks im heutigen Leben, sondern mehr um die Frage, welchen Nutzen unsere Vorfahren gehabt haben können, so daß bestimmte Gesichtsausdrücke durch die Selektion begünstigt wurden.

Zwei Arten von biologischen Funktionen sind denkbar:

- Organismische Funktionen sind diejenigen fitness-steigernden Wirkungen von Ausdrücken, die nicht über den Umweg der Kommuniaktion psychischer Zustände an Artgenossen zustande kommen: Das Augenöffnen bei Überraschung optimiert die Informationsaufnahme.

- Kommunikative Funktionen sind die Wirkungen, die auf dem Wege der Kommunikation psychischer Zustände an die Artgenossen zustande kommen, z.B. zeigt eine Mutter ihrem Kind durch Zulächeln ihre Billigung (bestimmter Verhaltensweisen) an. Das Kind kann somit sicher die Umwelt explorieren, dadurch steigen seine Überlebenschancen und damit auch die der Gene der Mutter...

Während Darwin noch die Wichtigkeit der organismischen Funktionen besonders betonte, sind neuere Ausdruckstheoretiker (z.B. Ekman) der Meinung, daß es die kommunikativen Funktionen sind, die den entscheidenden evolutionären Vorteil brächten. Dies wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie wesentlich besser auf heutige menschliche Verhältnisse übertragbar sind und somit besser gesichert erscheinen.

Ein Beispiel für die kommunikativen Funktionen zeigt eine Untersuchung von Zivin aus dem Jahre 1977: In Konkurrenzsituationen zeigen die Probanden (Kinder und Jugendliche) verschiedenen Gesichtsausdrücke, je nachdem ob sie die Situation nachher als Sieger oder als Verlierer verlassen. Mit anderen Worten: Anhand des Gesichtsausdrucks kann man ziemlich gut vorhersagen, ob ein Mensch einen Wettstreit gewinnen oder verlieren wird.
Dies ist erst einmal nicht weiter verwunderlich. Interessant ist aber nun der zusätzliche Befund, daß "Gewinner"-Gesichter wesentlich häufiger gezeigt werden, wenn Sichtkontakt zwischen den Kontrahenten besteht. Dies deutet nämlich darauf hin, daß der Ausdruck selbst zum Erfolg beitragen soll bzw. beiträgt (und nicht nur direkter Ausdruck von Selbstbewußtsein, Stolz etc. ist).
Der Ausdruck soll somit etwas kommunizieren, hat eine kommunikative Funktion: Er löst beim Kontrahenten anscheinend Reaktionen aus, die die eigenen Erfolgschancen vergrößern.

Als nächstes schauen wir uns an, wie Emotionspsychologen den Gesichtsausdruck messen...

Allgemeine & Theoretische Psychologie
Emotion
1.1 Was sind Emotionen?
1.2 Funktion von Emotionen
1.3 Klassifikation
2.1 Behavioristische Emotionstheorien
2.2 Kognitiv-physio. Emotionstheorien
2.3 Attributionale Emotionstheorien
2.4 Evolutionspsy. Emotionstheorien
3 Gesichtsausdruck
4 Auswirkungen
Literatur
Navigationsleist
zum Selbsttest