Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2017/2018 (Bachelor)

Allgemeines

Direkt vorab – das Auslandssemester in Madrid gehörte für mich zur den schönsten Zeiten meines bisherigen Lebens. Wenn ihr die Möglichkeit habt, ein ERASMUS-Semester zu absolvieren, nutzt sie! Ihr werdet in jeglicher Hinsicht viel lernen und es tut gut, mal ein Semester Abstand vom normalen Studium in Heidelberg zu bekommen, um mit neuer Reflektion und Energie wiederzukommen. Ich persönlich kann mir keinen besseren Ort für ein solches Semester als Madrid vorstellen und würde generell die südeuropäischen Länder sehr empfehlen.

Wohnen

Wohnungssuche – Ähnlich wie in Deutschland über WG-gesucht oder ähnliche Internetseiten lassen sich in Spanien über idealista.es Wohnungen und WGs finden. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass es etwas kurzfristiger und spontaner abläuft als in Deutschland. Wenn man anruft, kann man meist noch am gleichen Tag vorbeikommen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich sehr, vor Ort zu sein, wenn man sucht. Ichwürdeempfehlen,vorSemesterbeginnanzureisen(alsofürs Wintersemester Ende August) und vorher schon interessante Inserate herauszusuchen und anzuschreiben. Es ist definitiv ein Vorteil, wenn man die Anbieter auf Spanisch statt auf Englisch anschreibt. Wohnungen und WGs – Die Wohnungen in Madrid sind aufgrund der heißen Sommermonate deutlich dunkler als in Deutschland und haben häufig Fenster, die nach innen gehen. Daran gewöhnt man sich aber und man ist sowieso viel draußen, wo man genug Sonne genießen kann. Finanzielles – Im direkten Zentrum (Sol) findet man etwas um 500€. Etwas weiter entfernt, aber trotzdem noch zentral, ist es auch ab 350€ möglich. Ich persönlich wollte im direkten Zentrum wohnen und würde dies auch wieder so machen, aber sehr schöne Stadtteile sind auch Malasaña, La Latina, alles um Opéra, Gran Vía, Palacio, Retiro...

Studieren

Lage – Die UAM liegt im Norden Madrids und ist mit den Cercanías (etwas schnellere Metro) in etwa 20 min vom Zentrum zu erreichen. Wenn man in der Nähe der Stationen Atocha, Sol oder Nuevos Ministerios wohnt, ist dies für den Uni-Weg praktisch. Kurswahl – Die meisten Kurse sind auf Spanisch, weswegen man schon etwas Spanisch können sollte, es ist jedoch auch möglich, vor Ort einen Spanisch Kurs zu machen und auch einige Kurse auf Englisch zu wählen. Ich würde die „Optativas“ empfehlen und einfach nach Interesse wählen. Ich entschied mich dafür, keinen Sprachkurs zu belegen, da mein Spanisch bereits auf einem guten B2 Niveau war. Im Nachhinein würde ich nun dazu raten, trotzdem einen Sprachkurs zu belegen, da so die Grammatik doch noch deutlich besser gefestigt werden kann.

Akademisches Niveau - Die neuen Themen (z.B. Umweltpsychologie) aber auch das andere didaktische Vorgehen (mehr Abgaben während des Semesters, mehr Partizipation im Unterricht) bereicherten mich persönlich wie fachlich. Generell würde ich den fachlichen Gewinn meines Auslandsaufenthaltes als mittelhoch einschätzen. Die Themen fand ich zwar sehr interessant, war aber teilweise von der Umsetzung enttäuscht. Oft fehlte der rote Faden, Diskussionen wurden von den Dozenten nicht ausreichend moderiert und das akademische Niveau kam mir etwas geringer als in Deutschland vor. Teilweise kam mir das jedoch auch entgegen, da ich durch das Studieren auf Spanisch schon etwas mehr beansprucht wurde.

Leben

Kulturelle Vielfalt - Während meiner Zeit in Madrid wohnte ich in einer WG mit Spaniern, studierte häufig in Kursen mit ausschließlich oder hauptsächlich Spaniern und lernte aber über das ERASMUS-Programm auch viele internationale Studierende kennen. So konnte ich einerseits wirklich die spanische Kultur kennenlernen und mein Spanisch verbessern, hatte aber andererseits Kontakt zu vielen Interessanten Menschen aus der ganzen Welt. Toll fand ich auch, dass die Kommunikationssprache auch in Gruppen aus rein ausländischen Studierenden oft Spanisch war, da man an der UAM meistens zumindest einige Fächer auf Spanisch belegen muss. Außerdem kamen viele der internationalen Studierenden auch aus Südamerika, mit denen ich folglich auch Spanisch sprach. Diese kulturelle Vielfalt, ohne den Bezug zu Spanien und Spanisch zu verlieren, sehe ich als besonderen Gewinn meines Auslandsaufenthalts. Ich habe nun nicht nur Freunde in Madrid, sondern in ganz Europa, Nordamerika und Südamerika. Kulturelle Angebote – Madrid bietet kulturell fast unerschöpfliche Möglichkeiten. Es gibt zahlreiche tolle Museen, Theater, Straßenkunst, individuelle Cafés, Musik, Partys... Langweilig werden kann einem nicht. Diese unendlich scheinenden Möglichkeiten schätze ich an Madrid sehr. Finanzielles – Madrid ist was „Leben“ angeht nicht viel teurer als Deutschland und deutlich günstiger als andere europäische Metropolen in Europa wie Paris oder London. Museen sind oft gratis, Partys vor bestimmten Uhrzeiten auch, Essen gehen unter 10€ ist gut möglich. Trotzdem summiert sich das ganze „Leben genießen“ natürlich – also am besten vorher etwas sparen! Stadtleben – Mit über 3 Millionen Einwohnern ist Madrid eine der größten Metropolen Europas. Trotzdem ist das Zentrum sehr gut fußläufig erkundbar und überhaupt nicht so stressig, wie man vermuten könnte. Im Gegenteil, in vielen kleineren Straßen fahren keine Autos. Madrid ist wunderschön und wenn man doch mal der Stadt entfliehen möchte, bietet der sehr große Stadtpark Retiro Erholungsmöglichkeiten. Außerdem ist Manzanares El Real nicht weit entfernt – hier kann man toll wandern und Natur pur genießen.

Lebensgefühl – Die vielen Sonnenstunden in Madrid und die wunderschöne Stadt lassen einen in Madrid sehr glücklich sein und das Leben genießen. Ich war noch nie so viel und so lange am Stück so glücklich wie in der Zeit in Madrid, was nicht zuletzt am spanischen Lebensgefühl liegt. Ein Café con leche und ein frischgepresster Orangensaft in der Sonne jeden Morgen sind der perfekte Start in den Tag. Abends trifft man sich fast jeden Tag mit Freunden zum gemeinsamen Essen gehen, Wein trinken und lange draußen sitzen, feiern gehen... Selbst der Winter in Madrid ist super sonnig und auch im Januar trank ich noch draußen in der Sonne meinen Café con leche. Die entspannte spanische Mentalität habe ich sehr in mein Herz geschlossen und habe mir davon selbst einen Teil mitgenommen. Die Madrilenen habe ich als sehr offen und interessiert wahrgenommen. Auch hier ist Spanisch sprechen natürlich ein Vorteil. Aber bloß keine Hemmungen – durchs Sprechen selbst lernt man ja am besten!

Reisen – auch die zentrale Lage Madrids innerhalb Spaniens ist ein Vorteil für viele Wochenendtrips. In 4 Stunden ist man in San Sebastián, Valencia, Granada, Córdoba, in 1-2 Stunden in Salamanca oder Segovia. Ich habe viel von Spanien gesehen und mich in jede spanische Stadt aufs Neue verliebt. Nach meinem Erasmus-Aufenthalt bleibt Madrid aber natürlich meine Nr. 1! Ein oder zwei Semester? – Ich war nur ein Semester in Madrid und habe die Stadt schweren Herzens verlassen und mir gewünscht, länger bleiben zu können. Trotzdem ist ein Semester nicht „zu wenig“. Man kann alles erkunden, reisen und genießen, ohne dass es stressig wäre. Sicherlich sind aber auch zwei Semester toll. Also einfach so, wie es einem besser in den Studienplan passt. Aber eben mindestens ein Semester ;) Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich ein Semester in Madrid verbringen durfte und würde es jedem/r sehr ans Herzen legen!