Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Madrid, Wintersemester 2017/2018 (Bachelor)

Wohnungssuche

Da ich mir die Wohnungssuche in Madrid um einiges schwieriger vorgestellt hatte als sie letztendlich war, bin ich zwei Wochen vor Semesterbeginn angereist, um genug Zeit zu haben, eine WG zu finden. Für die ersten Tage hatte ich das Hostel Las Musas gebucht, das sehr zentral liegt und ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde, da es nicht so teuer ist und die Menschen, die dort arbeiten, sehr hilfsbereit sind und dir auch Tipps zur Wohnungssuche geben können. Nach WG-Zimmern oder Wohnungen sucht man am besten auf Internetseiten wie idealista (vergleichbar mit WG-Gesucht) oder in extra dafür erstellten Facebook-Gruppen. Die Wohnungssuche in Madrid läuft generell etwas anders ab als wir das von Deutschland gewohnt sind, ganz nach dem Motto: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Wenn man auf eine Anzeige antwortet, wird man mit etwas Glück eingeladen, eine Wohnung zu besichtigen. Dort findet man oft nicht die Mitbewohner vor, sondern nur den/die VermieterIn. Die Wohnung wird gezeigt und danach wird man gefragt, ob man das Zimmer haben möchte oder nicht. Wenn man sich ein paar Tage Zeit nehmen möchte, um darüber nachzudenken oder noch andere Zimmer anzusehen, ist das zwar möglich, es kann allerdings gut sein, dass das Zimmer dann doch an jemand anderen vergeben wird, wenn man zu lange wartet. Also am besten sofort zuschlagen, wenn dir etwas gefällt!

Generell muss ich allerdings sagen, dass man seine Ansprüche bei der Wohnungssuche in Madrid etwas zurückschrauben muss, da die meisten Zimmer, die zentral liegen, zwar teurer sind als hier in Deutschland, allerdings auch um einiges kleiner sind, oft kein Fenster haben und viele Wohnungen auch nicht gerade frisch renoviert sind. Trotzdem findet jeder am Ende etwas, wo er sich wohlfühlen kann. Also nicht den Kopf hängen lassen, wenn die ein oder andere Wohnung etwas enttäuschend ist!

Keine Sorge, so kompliziert wie es sich gerade anhört ist es wirklich nicht – ich selbst habe mein Zimmer an meinem zweiten Tag in Madrid über facebook gefunden und mir insgesamt nur vier WGs angeschaut. Am Ende bin ich in einer 4er WG in Atocha gelandet. Meine Mitbewohnerinnen waren alle ein gutes Stück älter als ich, was für mich eine sehr neue, aber positive Erfahrung war. Alle drei waren spanischsprachig, was ich ebenfalls als sehr positiv erlebt habe, da ich so gezwungen wurde, Spanisch zu sprechen und sich dadurch mein Spanisch auf jeden Fall verbessert hat. Auch die Gegend um den Bahnhof Atocha herum kann ich wirklich sehr empfehlen, da man gut zu Fuß ins Zentrum laufen kann, den schönen Park Retiro direkt um die Ecke hat und die Anbindung zur Uni wirklich top ist! Ansonsten würde ich die Gegenden Sol, Malasaña, La Latina oder Chueca empfehlen.

Studieren in Madrid

Auch der Alltag in der Uni in Madrid gestaltet sich ein wenig anders als hier in Deutschland. Ich selbst habe vier Kurse in Psychologie und einen Sprachkurs besucht. Den Sprachkurs würde ich auf jeden Fall empfehlen, da unsere Lehrerin wirklich sehr nett war und die Gruppe sehr klein, wodurch man selbst viel zum Sprechen kommt und alle Fragen zum Spanischen stellen kann, die im Alltag aufkommen. Außerdem bietet er eine Möglichkeit, andere Austauschstudenten aus anderen Ländern kennen zu lernen.

Anders als hier in Deutschland gibt es nicht am Ende des Semesters eine Klausur, welche dann die Note in einem Kurs bestimmt, sondern die Note setzt sich oft aus mehreren Einzel- oder Gruppenarbeiten während des Semesters und der Klausur am Ende zusammen. Mir persönlich hat dies sehr gut gefallen, da ich das Gefühl hatte, mehr von den Inhalten zu behalten, da man sich gezwungenermaßen auch während des Semesters mit diesen auseinandersetzt. Außerdem bieten die Gruppenarbeiten eine gute Möglichkeit, spanische Studenten kennenzulernen und das Spanisch zu üben.

Zum Studieren auf Spanisch: Für mich war es anfangs etwas anstrengend, den Professoren den ganzen Tag zuzuhören und zu versuchen, alles zu verstehen. Dies wird allerdings innerhalb weniger Wochen um einiges einfacher. Außerdem waren die Professoren immer sehr nett zu uns Austauschstudenten und man konnte sich jederzeit an sie wenden, falls es doch einmal Unklarheiten gab. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, spanische Kurse zu besuchen, da sie auf jeden Fall enorm dazu beitragen, das Verstehen der spanischen Sprache zu verbessern. Auch würde ich empfehlen, mehr optative Kurse zu wählen, da diese weniger Semesterwochenstunden haben und meiner Meinung nach oft interessantere und praxisnähere Inhalte haben. Eine persönliche Kursempfehlung meinerseits sind die Kurse „Psicologia forense y criminologia“ und „Sexualidad“, die ich beide besucht habe und sehr spannend fand.

Die Klausuren in Spanien sind auf jeden Fall machbar, wobei man sich allerdings mit dem Gedanken anfreunden muss, dass man eventuell nicht ganz so gute Noten bekommt wie wir Psychologiestudenten es aus Deutschland gewohnt sind, da es zum Beispiel bei falschen Multiple-Choice Antworten Punktabzug gibt und ich am Anfang des Semesters bei Zwischenprüfungen auch noch viele Wörter nachschlagen musste, wodurch ich letzten Endes teilweise etwas unter Zeitdruck stand. Bestehen tut man die Kurse aber auf jeden Fall, wenn man sich ein wenig auf die Klausuren vorbereitet, also auch hier gibt es keinen Grund zur Panik.

Leben in Madrid

Das Leben in Madrid ist sehr abwechslungsreich. Das Zentrum der Stadt ist sehr schön und dadurch, dass alles sehr nahe beieinander liegt und man innerhalb des Zentrums viel zu Fuß machen kann, erscheint einem die Stadt auch oft gar nicht so groß wie sie eigentlich ist. Wenn man mal keine Lust hat zu Fuß zu gehen, gibt es natürlich auch die Metro, die alle paar Minuten fährt. Das Metro Ticket für Personen unter 26 Jahren deckt ein großes Gebiet ab (sie bringt dich nicht nur bis zur Uni, sondern sogar auch in Nachbarstädte wie zum Beispiel Toledo) und kostet nur 20 Euro pro Monat.

Es gibt viele verschiedene Museen mit wechselnden Ausstellungen, eine riesengroße Auswahl an schönen Cafés und den Retiro, einen großen Park, in den man sich zurückziehen kann, wenn man mal genug vom Großstadttrubel hat oder eine Runde laufen gehen will. Auch Essen gehen kann man in Madrid sehr gut und vor allem günstig und auch das Nachtleben lässt mit den zahlreichen Bars und Clubs, die einem jeden(!) Tag zur Auswahl stehen, keine Wünsche offen.

Auch Leute kennen zu lernen ist in Madrid nicht schwer. Die Spanier sind sehr offen und herzlich und da in Madrid auch sehr viele Menschen aus aller Welt leben und studieren, fällt es leicht, Kontakte zu knüpfen. In der Uni trifft man sicherlich auf andere Erasmus-Studenten und die ersten zwei Wochen wird von ESN (Erasmus Student Network) ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Aktivitäten angeboten, an denen teilzunehmen sich auf jeden Fall lohnt, da man auf diese Weise sowohl viele Leute als auch die Stadt noch einmal kennen lernen kann. Auch während des Semesters gibt es zahlreiche Aktivitäten, an denen man teilnehmen kann. Langweilig wird es also sicher nicht. Falls man sich nebenbei noch etwas Geld dazu verdienen möchte, findet man in Madrid sicher eine Möglichkeit dazu. Ich beispielsweise habe einer Schülerin Nachhilfe in Deutsch gegeben und auch viele meiner Freunde haben Nachhilfe gegeben oder als Babysitter gearbeitet. Viele spanische Familien suchen sogar gezielt nach deutschsprachigen Studierenden, die ihre Kinder betreuen. Um so etwas zu finden, eignen sich zum Beispiel Websites wie www.madridfuerdeutsche.de sehr gut.

Ein weiterer Vorteil Madrids ist, dass die Stadt im Zentrum Spaniens liegt und es dadurch einfacher ist, viele andere Städte im Land zu bereisen. ESN bietet einige Wochenendtrips während des Semesters an, es ist allerdings auch sehr einfach, solche Städtereisen selbst zu organisieren. Das spanische Busunternehmen ALSA bringt dich günstig in fast jede andere Stadt und auf airbnb ist meist auch eine günstige Unterkunft zu finden. So war ich während meines Auslandssemesters in Salamanca, Valencia, San Sebastian, Sevilla, Granada, Cordoba, Barcelona und Zaragoza sowie in Portugal. Auch Tagesausflüge in nahe gelegene Städte wie zum Beispiel Toledo oder Segovia sind einfach zu organisieren.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass es eine der besten Entscheidungen meines Lebens war, mein Erasmussemester in Madrid zu verbringen und dass ich es auch jederzeit wieder machen würde. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, ein bis zwei Wochen vor Semesterbeginn nach Madrid zu kommen, damit man auf jeden Fall keinen Stress bei der Wohnungssuche hat und die Stadt schon einmal auf eigene Faust erkunden und kennen lernen kann. Da die letzten Prüfungen an der Uni in Madrid bereits gegen Mitte Januar stattfinden, bleibt noch genug Zeit zu reisen und Madrid zu genießen bevor das Semester in Deutschland wieder anfängt. So war ich nach meiner letzten Klausur in Madrid noch zwei Wochen in Marokko, was ebenfalls eine Reise wert ist, wenn man gerade in Spanien lebt, da die Flüge von dort aus sehr günstig sind und man auf diese Art und Weise noch einmal eine ganz andere Kultur kennen lernen kann. Danach habe ich noch fast einen ganzen Monat in Madrid verbracht und die freie Zeit noch einmal genutzt um die Stadt und vor allem das Wetter zu genießen.