Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

xNo longer available: Valencia, Wintersemester 2018/2019 (Bachelor)

Das ist das Motto der Studierendenorganisation Erasmus Student Network in Valencia und auch wenn ich am Anfang noch etwas überheblich über diese Aussage schmunzeln musste, muss ich ihr heute doch einen gewissen Wahrheitsgehalt zusprechen. Ich habe die letzten 10 Monate in dieser tollen Stadt studiert und möchte meine Erfahrungen teilen, um euch zukünftigen Erasmus-Studierenden bei der Entscheidung zu helfen. Bevor ich eine Entscheidung treffe, versuche ich immer die maximale Menge an Informationen zusammen zu tragen, weswegen ich, als ich vor knapp zwei Jahren in eurer Situation war, alle Erfahrungsberichte verschlang, die ich zu Valencia finden konnte. Für diejenigen unter euch, die so sind wie ich, habe ich diesen Bericht sehr ausführlich verfasst – dem Rest sage ich nur: Geht nach Valencia, ihr werdet es nicht bereuen!

Warum Valencia?

Valencia ist die drittgrößte Stadt Spaniens, nach Madrid und Barcelona. Lange Zeit wurde sie vom Tourismus vergessen – zu Unrecht aber auch zum Glück, bisher ist die Stadt noch nicht ganz so sehr von Touristen überlaufen, wie man das aus anderen Metropolen kennt. Valencia liegt direkt am Mittelmeer aber auch die Berge sind nicht weit weg, im Sommer ist es heiß aber im Gegensatz zu Andalusien noch ertragbar, im Winter angenehm mild. Im Zentrum gibt es um die historische Kathedrale eine wunderschöne Altstadt mit tollem mediterranem Flair, um das Rathaus herum findet man spannende Jugendstilarchitektur und im Alternativenviertel El Carmen kann man sich auf der Suche nach den schönsten Graffiti in den engen Gassen verlieren. Umgegeben ist das Zentrum vom größten Park Spaniens, ein sieben kilometerlanges Flussbett, das trockengelegt wurde und seit den 80er Jahren in eine grüne Oase umgewandelt wird. Hier finden sich Faulenzende wie Sporttreibende (es gibt sogar einen eigenen Jogging- Weg), treffen sich Touris und Einheimische. Im Park liegt auch ein Zoo, ein Konzerthaus und die berühmte Ciudad de las Artes y Ciencias, eine Anlage aus modernsten Gebäuden (dabei aber immer noch optisch sehr ansprechend), die eine Museum, die die Oper, ein Kino, einen Garten, ein Aquarium und sogar einen Club beinhaltet). Nicht zu vergessen ist natürlich der Stadtstrand von Valencia, der direkt an den Jachthafen angrenzt. Kilometerlang zieht er sich Richtung Norden, zunächst noch mit Strandpromenade und teuren Restaurants, später etwas natürlicher, ohne täglichen Putzdienst. Will man jedoch noch etwas mehr Natur erleben, gibt es eine Reihe von Dünenstränden (inklusive FKK-Abschnitt) im Süden der Stadt, angrenzend an Albufera, dem größten Süßwassersee Spaniens, wo auch der Reis für die berühmte valencianische Paella angebaut wird.

Erasmus-Entscheidung

Für mich stand schon lange fest, dass ich einen Erasmus-Aufenthalt im Bachelor machen wollte, am liebsten ein Jahr lang. Meine Priorität sollte die Sprache und nicht die Qualität der Uni sein, sonst hätte ich mich wahrscheinlich nicht für Spanien beworben. Von meinem Institut aus gab es drei Optionen: Salamanca (wunderschöne Stadt aber nach drei Wochen Sprachkurs dort hat es mir auch gereicht), Madrid (zu groß) und eben Valencia (richtige Größe, am Mittelmeer, hat alles, was das Herz begehrt). Das Uni-Angebot war ausreichend, ich fand einige interessante Kurse und die Facultad de Psicología hatte auch nicht den schlechtesten Ruf. Und so fiel mir die Entscheidung nicht schwer – und ich bereute sie keine Sekunde lang.

Vorbereitung

Tatsächlich verlief die gesamte Vorbereitungsphase erstaunlich einfach. Zwar wurden viele Dokumente und Unterschriften benötigt aber das Erasmus-Dezernat in Heidelberg hat eigentlich jeden Schritt immer sehr präzise erklärt und man musste sich nur an ihren Guidelines entlang hangeln. Auch von der Erasmus-Koordinatorin vom Psychologischen Institut, Frau Lorenz, wurde ich bei allen meinen Fragen und Problemen mit viel Engagement unterstützt, vielen Dank dafür. Ansonsten habe ich meinen Koffer gepackt, ein Airbnb-Zimmer (häufig günstiger als Hostel) für die ersten Tage gemietet und bin mitten im Hochsommer, bei fast 40°, zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn in Valencia angekommen.

Wohnungssuche und die ersten Tage

Ich habe mich sofort auf die Suche nach einer WG gemacht. Nachdem ich immer wieder gelesen habe, dass der Wohnungsmarkt nicht mit den Unistädten in Deutschland zu vergleichen ist, habe ich beschlossen, erst vor Ort zu suchen und das hat auch sehr gut funktioniert. Nach langem Überlegen entschloss ich mich dazu, in der Gegend um die große Straße Avenida de Blasco Ibanez zu suchen. Zwar wohnt man dann weder direkt in der Innenstadt noch direkt am Strand, wohnt aber dort, wo die meisten Studierenden sind und profitiert von den vielen Angeboten und billigen Preisen. Die meisten Zimmerangebote waren von VermieterInnen, die auf Erasmus-Studierende spezialisiert waren, die Verträge laufen immer fünf oder zehn Monate lang und alle Zimmer sind möbliert. Allerdings waren mir die Wohnungen meistens zu unpersönlich, falls es schon MitbewohnerInnen gab, lernte ich sie nicht kennen und spanisch gesprochen wurde meistens nicht. Von diesen Zimmern hätte ich sofort am ersten Tag eins nehmen können, ich suchte aber weiter. Schwieriger war es WGs zu finden, in denen man mit Spanischsprachigen zusammenwohnt, dort wurde ich kaum eingeladen. Am dritten Tag hatte ich schließlich Glück, ich bekam ein tolles Angebot in einer echt netten Wohnung (erst mit der Zeit fielen mir die ganzen Mängel auf, aber man gewöhnt sich wirklich an alles) mit einer Spanierin und einer Chilenin und wir einigten uns gleich darauf, abwechselnd Spanisch und Englisch zu sprechen (ein Sprach-Tandem gab es also inklusive). Gleich zum 01.09.18 zog ich dort ein. Gezahlt habe ich übrigens ca. 215€ warm im ersten Semester und ca. 235€ im zweiten Semester (da bin ich in das größere Zimmer umgezogen). Ich hätte auch in deutlich moderneren Erasmus-Wohnungen leben können, aber da zahlt man 300€ aufwärts und verpasst die Möglichkeit, mit Einheimischen zu leben.

Ansonsten verbrachte ich die ersten Tage damit, die Stadt zu erkunden und mich langsam den Erasmus-Communities zu nähern. Am besten gefallen hat mir dabei die oben schon erwähnte Organisation Erasmus Student Network (ESN), die es europaweit gibt und ehrenamtlich arbeitet. Die meisten Mitglieder sind selbst mit Erasmus im Ausland gewesen und kennen die Schwierigkeiten, die einen da manchmal erwarten – und möchten gerne etwas von der Unterstützung, die sie selbst erfahren haben, zurückgeben. Es sind coole Leute, die sehr unterschiedliche Angebote auf die Beinen stellen, bei denen für jeden und für jede was dabei sein sollte. Die anderen Organisationen wie Happy Erasmus und Erasmus Life machen auch einen guten Job, häufig etwas organisierter als ESN aber die Mitglieder sind Hauptamtliche, es fehlt das persönliche Engagement und hin und wieder hört man auch mal von schlechten Erfahrungen bei abgesagten Events.

Fortbewegungsmittel

In Valencia würde ich keinem empfehlen Auto zu fahren, alles Straßen sind immer verstopft und gerade die TaxifahrerInnen sind nicht besonders rücksichtsvoll. Es gibt einen recht gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr der aus Metro, Tram und Bus besteht. Ich würde immer empfehlen 10-Tickets zu kaufen, das ist deutlich billiger, ab 5 Fahrten lohnt sich auch ein 10- Ticket für die Metro zum Flughafen (Vorsicht, die Metro fährt nachts zwischen 12 und 5 nicht, um diese Uhrzeit kann man den Flughafen nur mit dem Taxi erreichen). Eine sehr beliebte Alternative zu diesen Verkehrsmitteln ist das sehr gut vernetzte Bikesharing-System Valenbisi. Dafür kauft man sich zunächst ein beliebiges 10-Ticket in einem Estanco (Tabakladen), sagt dabei aber dazu, dass es für Valenbisi geeignet sein muss. Mit dem Code auf der Karte kann man sich dann online anmelden (Tipp: im Formular muss man den Namen in Großbuchstaben angeben, wird gerne von Erasmus-Studierenden, denen der Begriff mayúscula im Vokabular fehlt, übersehen). Dort zahlt man dann ca. 30€ für ein gesamtes Jahr, damit darf man dann so viel und so häufig am Tag fahren, wie man möchte, nur wenn man länger als 30 min am Stück fahren möchte, muss man pro Minute zahlen (deshalb einfach vor Ablauf der Zeit zur nächsten Station fahren, Fahrrad wechseln und weiter fahren). Man bekommt eine E-Mail zugeschickt mit Zugangsdaten, die man dann an einer der Stationen eingeben muss. Das System funktioniert im Grunde sehr gut, aber man muss ein Gefühl dafür bekommen, wann man die Valenbisis für was nutzt. Zum Beispiel ist es üblich, dass am Sonntagmittag alle Stationen im Studierendenviertel leergeräumt sind, während alle am Strand komplett voll sind. Dafür die App Valenbisi nutzen, dort kann man immer schauen, wie gefüllt welche Station gerade ist.

Das Studium

Ich bin nach Valencia mit einem recht soliden B1-Niveau im Spanischen angekommen. In Valencia kann man sich bei den meisten Fächern entscheiden, ob man sie auf Englisch, Castellano oder Valenciano (die gleiche Sprache wie das in Barcelona gesprochene Catalán) wählt. Von Anfang an habe ich meinen Fokus auf die Sprache gesetzt und nicht primär auf das Studium. Da ich sowieso durch den Aufenthalt meinen Bachelor um ein Jahr verlängern musste, ist es also nicht tragisch gewesen, dass ich nicht alle Fächer anrechnen lassen konnte, dass nicht überall meine Noten gut genug waren und dass ich keine 30 Credits pro Semester gemacht habe. Deshalb habe ich nur Fächer auf Castellano-Spanisch gewählt. Mein Learning Agreement hatte sich vor Ort noch einmal geändert, da einer der Kurse nicht zustande kam, weshalb ich in der ersten Woche noch einige andere Kurse besucht habe und mich dann erst endgültig entschieden habe. Die Änderungen waren mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden. Am Anfang hatte ich starke Probleme mit dem Spanisch und war ehrlich gesagt sogar ein wenig verzweifelt. Aber Schritt für Schritt wurde es besser und spätestens zum zweiten Semester fiel es mir nicht mehr viel schwerer, den Veranstaltungen auf Spanisch zu folgen, als auf Deutsch. Trotzdem bin ich froh, dass ich in beiden Semestern nur je vier Kurse gewählt habe und so mit dem Spanischkurs, den ich im ersten Semester über die Uni noch machte (den Sommerintensivkurs kann ich übrigens nicht empfehlen, die die ihn machten, klagten darüber, dass er gleichzeitig zum Unibeginn verläuft und es gleichzeitig nicht zu schaffen ist) auf ca. 20 ECTS pro Semester gekommen bin. Der Workload ist gewaltig und auf Spanisch hätte ich nicht viel mehr leisten können.

Was die Art des Studiums angeht, kann ich das bestätigen, was schon viele vor mir berichtet haben: alles ist deutlich verschulter als bei uns. Häufig gibt es Anwesenheitskontrollen, wenn es keine gibt, werden zum Teil die behandelten Folien nirgendwo hochgeladen, so dass man keine andere Wahl hat als jedes Mal in der Vorlesung zu sitzen und die Folien abzuschreiben. Wenn ich eins gelernt habe, dann sehr schnell auf Spanisch zu tippen. Ich habe den Sinn dahinter nie verstanden, 50 Studierende, die hinter ihren Laptops versteckt die PowerPoint abschreiben und die Fragen des Professors nicht beantworten können, weil keiner mitgedacht hat. In anderen Fächern wurden die Folien hochgeladen aber häufig mit vielen komplizierten Abbildungen ohne Quellenangaben oder Beschriftungen. Ich bin also doch vergleichsweise oft tatsächlich in der Uni gewesen.

Ansonsten wird nicht unterschieden zwischen Vorlesungen und Seminaren, jede Veranstaltung hat Theorie- und Praxisblöcke. In jedem Fach wird am Ende des Semesters eine Klausur geschrieben, der Zweittermin für beide Semester ist immer am Ende des zweiten Semesters. Die Praxisteile können aus Gruppenarbeiten im Unterricht (häufig unangekündigt), Präsentationen, kleinen Hausaufgaben oder größeren Hausarbeiten bestehen, wobei letztere trotzdem nicht vergleichbar sind mit den klausurersetzenden Hausarbeiten, die ich in Heidelberg schreiben muss (je nach DozentIn wird nicht einmal viel Wert auf wissenschaftliches Arbeiten gelegt, wenn doch, wird es meistens explizit dazu gesagt). Praktisch investiert man also deutlich mehr Zeit in jede Veranstaltung als in Deutschland, während des Semesters muss man allein zweimal anderthalb Stunden pro Woche reine Vorlesungszeit berechnen, hinzu dann die prácticas und schließlich die Klausuren am Ende des Semesters. Gleichzeitig sind die praktischen Teilen häufig recht stupides Arbeiten bzw. vom Anspruch her nicht sehr hoch, da stellt dann höchstens die Sprache eine Herausforderung dar. Die Klausuren waren zum Teil leichter als in Deutschland, aber tatsächlich nicht ausschließlich. Zumindest in Psychologie bestehen die meisten Klausuren aus Multiple-Choice-Fragen und gegebenenfalls einigen kurzen offenen Fragen. Bei den MC-Fragen ist immer eine von drei Antwortmöglichkeiten richtig, eine falsche Antwort gibt einen halben Punkt Abzug, raten funktioniert also nicht. Dazu kommt, dass es in vielen Fächern sehr viel Stoff gewesen ist, den man dann doch wieder genauso detailliert wie in Deutschland auswendig lernen muss. Ist es dann auch noch ein Fach, in dem die Präsentationen nicht hochgeladen wurden und man hat als Grundlage nur ein 600- seitiges Lehrbuch, aus dem man dann irgendwie die relevanten Informationen extrahieren muss, dann kann sogar das Bestehen der Klausur zur Herausforderung werden. In anderen Fächern wiederum habe ich sehr faire Klausuren erlebt, wer gut gelernt hat, hat eine gute Note bekommen (auch wenn anders als bei uns die Bestnote, 10 Punkte, quasi nicht erreichbar ist).

Insgesamt hat mich zwar die verschulte Wissensvermittlung teilweise sehr genervt, musste aber auch zugeben, dass ich die Inhalte häufig doch besser gelernt hatte, wenn ich mich während des Semesters durch die Hausaufgaben schon einmal damit beschäftigt hatte und nicht erst eine Woche vor der Klausur durch Bulimie-Lernen. Die Kurse

Mich hatte es damals besonders interessiert, was für Kurse meine VorgängerInnen gewählt hatten, deshalb hier für etwaige Interessierte eine kurze Zusammenfassung:

Erstes Semester

  • Psicología Clínica: Da es ein Wahlfach aus dem 4. Jahr ist, bin ich davon ausgegangen, hier würde schon mehr in die Tiefe gegangen werden. Stattdessen ist der Professor die wichtigsten Störungsbilder durchgegangen. Das kann aber für zukünftige Klinische PsychologInnen trotzdem durchaus interessant sein, selbst wenn man das an der eigenen Uni schon gelernt hatte, da man sich doch noch einmal über einen längeren Zeitraum damit beschäftigt und sehr viel hängen bleibt. Die Klausur war allerdings schwierig, viel Stoff und ist schlecht ausgefallen.
  • Técnicas de la entrevista psicológica: Von diesem Fach wurde mir schon einmal abgeraten, weil es langweilig sein soll. Das kann ich nicht bestätigen. Tatsächlich war es relativ spannend, aber auch ein wenig konfus bei einer leicht verrückten Professorin (Alicia Juan, bei anderen Professoren kann ich leider nicht sagen, wie es ist). Da ich es im ersten Semester hatte, habe ich über einen längeren Zeitraum leider nicht so viel verstanden. Kleine witzige Prácticas und die Abschlussarbeit in Form eines Videodrehs waren aber sehr in Ordnung. Nur schwierig am Ende aus den Informationen ein Skript zu schreiben, das man dann lernen kann. Dafür war die Klausur aber ziemlich einfach.
  • Psicología de la delincuencia: Viele deutsche Erasmus-Studierende haben dieses Fach gewählt, weil es das so bei uns nicht gibt. Leider ist der Titel etwas irreführend, letztendlich geht es mehr um die Umweltfaktoren bei Kindern, die dazu führen, dass sie später delinquent werden. Faire Klausur.
  • (Introducción de la sociología: Ich wollte gerne noch ein nichtpsychologisches Fach wählen. Die Themen und die Practicas fand ich erstaunlich spannend, dem Professor konnte ich aber am Donnerstagabend von halb acht bis halb zehn nicht mehr so gut zuhören. Klausur war kein MC, sondern offene Fragen, wenn man gut gelernt hatte aber fair)

Zweites Semester

  • Clínica Infanto-Juvenil: Vergleichbar mit klinischer Psychologie aus dem vorigen Semester, allerdings mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche, was ich so in Heidelberg nicht hätte wählen können. Deshalb ziemlich spannend. Ansonsten aber auch eine trockene Vorlesung, in der wieder die einzelnen Störungen abgearbeitet werden. Wer dafür aber brennt, wird hier viel mitnehmen können. Die Práctica, eine Hausarbeit zu einem autistischen Jungen in einem Roman, fand ich aber sehr spannend. Klausur wieder sehr schwierig, fällt schlecht aus
  • Psicofarmacología: Meine Lieblingsveranstaltung in Valencia. Ich war bei Prof. Carmen Manzadeno und sie ist wirklich sehr kompetent (und hat mich auch sehr nett unterstützt). In Heidelberg lernen wir keine Pharmakologie und mir fehlten auch einige Grundlagen, aber es war auf jeden Fall die spannendste Vorlesung, aus der ich am meisten mitgenommen habe. Es war allerdings sehr viel Arbeit, insbesondere die ganzen neurologischen Prozesse dann noch auf Spanisch zu lernen, es gab viele Práctica, die sehr zeitintensiv waren und am Ende musste man wahnsinnig viel für die Klausur lernen. Die war dann zwar schwierig, aber sehr fair, wer gut lernt, kann hier eine richtig gute Note bekommen.
  • Bases psicobiológicas aplicadas a la intervención social: Wieder ein Titel, unter dem ich mir nicht so viel vorstellen konnte, der sehr viel verspricht und das dann nur zum Teil hält. Die Psychobiologie ist etwas kurz gekommen, aber trotzdem waren die Themenblöcke (agresión, envejecimiento, adicción, deporte) sehr interessant. Die Professorin (Patricia Mesa) allerdings sehr gut, sehr mitreißend, sehr anspruchsvoll. Auch die Klausur war schwierig, aber fair.
  • (Mediación: mein zweites nichtpsychologisches Fach. Das hat mir leider nicht so gut gefallen)

Die Uni und die Fakultät

In Valencia gibt es verschiedene Universitäten und wie üblich, erkennt man auch hier den scheinbaren Wert der jeweiligen Fächer für die Gesellschaft. Die Politécnica (technische Uni) hat einen tollen Campus und viel Geld, die Universidad de Valencia liegt verstreut und es fehlt an vielem. Innerhalb der Uni geht es weiter, die Einführungsveranstaltung ist im imposanten Steingebäude der Medizin, die Psychologie daneben sieht immer etwas herunter gekommen aus. Begrüßt wurden wir freundlich in einer Einführungsveranstaltung, da wurden wir auch unserem Buddy zugewiesen. Diese sind allerdings jeweils für mindestens zehn weitere Studierende zuständig und eine persönliche Beziehung wird nicht aufgebaut. Die Fakultät hat eine Bibliothek, die während der Klausurenphase komplett überfüllt ist und in der es auch nicht immer besonders leise zu geht, aber wenn man einen guten Platz erwischt hat, lässt es sich trotzdem ganz gut arbeiten. Außerdem gibt es eine Kantine, über die die Meinungen weit auseinander gehen. Ich bin dort selten hingegangen. Die Räume sind eher Klassenräume und im Sommer immer zu stark klimatisiert, die Erasmus-Studierenden sind alle reihenweise krank geworden und haben sich erst nach der klimatisierten Zeit wieder erholt (also immer einen Pulli mitnehmen). Nach der Führung während der Einführungsveranstaltung wurden wir uns selbst überlassen, allerdings hat man bei allen Fragen immer sehr freundliche Unterstützung durch das Erasmus-Büro bekommen, das auch immer viele Erinnerungsemails versandt hat. Was den Kontakt mit spanischen Studierenden angeht, sieht es leider wirklich so schlecht aus, wie viele andere schon geschrieben haben. Ich habe aus den wenigsten Studienfächern von guten Erfahrungen bezüglich anderer Studierender gehört (eigentlich nur aus der Medizin), der Rest scheint kein Interesse an neuen Kontakten zu haben. Ich habe alles von höflichem Interesse („Ach du bist aus Deutschland? Wie schön“ – und man grüßt sich den Rest der Zeit, wenn man sich sieht) über freundliche Gleichgültigkeit (meine Fragen werden nett beantwortet aber mehr Kontaktaufnahme gibt es nicht) zu offener Ablehnung (bei Fragen wird demonstrativ weggeguckt, bei wiederholtem Fragen die Person daneben gefragt, ob sie mal antworten könnte) alles erlebt. Das war am Anfang hart aber man lernt, es nicht persönlich zu nehmen. Die meisten Studierenden kommen aus Valencia und Umgebung, haben ihre großen Freundeskreise seit der Kindheit, haben keine Lust Englisch zu sprechen oder sich mit dem Spanischen etwas mehr Mühe zu geben und sehen einfach keinen Vorteil darin, aus der Komfortzone herauszukommen. Ich habe die Kontaktaufnahme schließlich aufgegeben und meine Freunde außerhalb des Studiums und in den Erasmuskreisen gefunden. Freizeit

Valencia ist eine Großstadt – es gibt immer viel zu unternehmen und zu erleben. Fast jeden Monat gibt es eine Parade anlässlich irgendeines Heiligen und davon abgesehen feiern die ValencianerInnen auch gerne die Feste anderer Bevölkerungsgruppen mit, so gibt es zum Beispiel ein Oktoberfest und die andalusische Feria de Abril. Doch es gibt nichts, was die ValencianerInnen mehr lieben als ihre Fallas, ein Fest, das, von der Bedeutung mit dem Kölner Karneval vergleichbar, sich mit Veranstaltungen durch das gesamte Jahr zieht aber in einer fulminanten Woche Mitte März sein explosives Finale findet. Wer irgendwie kann, sollte in dieser Zeit in Valencia sein und am besten auch schon den Monat vorher, um seinen bzw. ihren Körper schon einmal auf die Strapazen von täglichem ohrenbetäubenden Feuerwerk vorzubereiten. Wer vorhat, die unifreien Tage während der Fallas zu nutzen, um die längst überfälligen Hausaufgaben nachzuholen, wird mit dem erreichten Arbeitspensum am Ende nicht zufrieden sein – an Arbeit ist während dieser Zeit nicht zu denken. Ich kann allen nur empfehlen, wenn möglich geht das Fest wie die ValencianerInnen zu erleben, selbst wenn manche Bräuche eigentümlich erscheinen, es ist wirklich etwas ganz Besonderes.

Davon abgesehen gibt es natürlich auch noch viele andere Freizeitaktivitäten, die sich in Valencia lohnen. Es gibt viele Museen, die für Studierende günstig sind, ganz besonders zu empfehlen ist dabei das Wissenschaftsmuseum in der Ciudad de las Artes y Ciencias. Ansonsten gibt es das Oceanografic, das wirklich sehr schön gemacht ist, meines Erachtens hätten sie aber auf Delfine und Wale verzichten können. Außerdem viele kulturelle Veranstaltungen in den Konzerthäusern und Theater; die Kinos sind auch deutlich billiger als in Deutschland. Die Uni bietet auch einiges an, es gibt wohl einen Chor und ein Orchester, davon habe ich persönlich aber nichts mitbekommen. Über das Sportangebot habe ich einen Windsurf-Kurs gemacht, bei dem es aber immer etwas schwierig ist, da das Wetter mitspielen muss und man auch relativ weit für fahren muss. Der Kurs hat schon Spaß gemacht und er war deutlich billiger als in Deutschland, aber man muss lernen, sich mit dem sehr flexiblen Surflehrer zu arrangieren. Etwas mehr Struktur bietet da wohl der Wellenreitkurs, wurde mir zumindest so empfohlen. Am besten gefallen hat mir allerdings der Salsa-Kurs, den ich im zweiten Semester gemacht habe. Durch ihn hat sich mir die sehr große Salsa- und Bachata-Szene in Valencia geöffnet, weshalb ich im zweiten Semester (in dem man nach dem vielen Erasmus-Leben des ersten Semesters sowieso etwas zur Ruhe kommt) neben der Uni meine Zeit hauptsächlich mit dem Abklappern der verschiedenen Tanzlokale verbracht habe. So habe ich wirklich tolle Menschen kennen gelernt, endlich auch viele SpanierInnen und LateinamerikanerInnen und nicht nur die üblichen Erasmus-Gesichter. Das kann ich also sehr weiter empfehlen. Natürlich gibt es aber auch eine Vielzahl an Clubs für diejenigen, die Freestyle-Tanzen bevorzugen, da ist für jede und jeden etwas dabei. Unter den Erasmus-Leuten sind meistens besonders beliebt der Club Mya (mit seinem Openair-Dancefloor L’Umbracle, wo vor den Partys häufig auch Sprachtandem- Treffen stattfinden) und Akuarela (mit seinem Blick aufs Meer).

Außerhalb der Stadt kann man auch viel erleben, entweder privat organisiert oder mit Erasmus- Gruppen. Ein Must-Do ist der Kurztrip zum Albufera-See inklusive Bootstour und Restaurantbesuch am Geburtsort der Paella. In die andere Richtung nach Norden kommt man schnell in die Berge, besonders empfehlenswert für eine kurze Wanderung und danach eine Abkühlung im Bergsee ist Montanejos. Mit ESN war ich auch in Denia auf einem Willkommenswochenende am Anfang des Semesters (ideal zum Leute kennenlernen), in Peñiscola (insbesondere für Game of Thrones-Fans ein Highlight) und in verschiedenen Dörfern im Landesinnere Richtung Madrid (besonders Albarracín und Cuenca sind toll). Da gibt es aber auch noch viele andere lohnende Ausflüge. Ansonsten habe ich es in meiner Zeit geschafft, viel zu Reisen, unter anderem war ich zweimal in Marokko, auf Ibiza, in Andalusien und in Portugal. Die Möglichkeit so viel vom Land und der Umgebung zu sehen, war definitiv ein Punkt, der meine Erasmus-Erfahrung so perfekt gemacht hat.

Essen

Einen eigenen Absatz bekommt schließlich noch das Thema Essen. In Deutschland hätte ich mich für das Thema nie so interessiert aber in Spanien gehört das Auswärtsessen so zum Alltag, dass man da kaum darum herum kommt. Wie gut, dass das Wohnen generell billiger ist als in Deutschland, man also im Normalfall ein wenig Geld übrig hat, mit dem man sich diesen Lebensstil hoffentlich finanzieren kann. In Valencia ist es üblich fünfmal am Tag zu Essen, jede Mahlzeit hat ihren eigenen Namen und ihre eigenen Speisen und von allen ist das Frühstück das unwichtigste (meist nur ein schneller Kaffee und ein paar Butterkekse). Dafür gibt es aber das almuerzo, das je nach Belieben ein zweites Frühstück im Café ist (sehr typisch und lecker: tostada con tomate) oder ein vorgezogenes Mittagessen (meistens in Form von einem belegten Brot, einem bocadillo). Zum Mittagessen selbst wird meist gar nicht so viel gegessen, wichtig ist aber: wenn Paella, dann zum Mittagessen (nur Touristen essen abends Paella, man wird wirklich kopfschüttelnd betrachtet). Nach der Siesta dann noch einmal ein Snack, gerne wieder in einem Café, ein paar Tapas, bocadillos oder etwas Süßes. Und dann abends (spät abends für uns Deutsche!), so ab 21 oder 22 Uhr trifft man sich zum Abendessen. Das kann sich dann gerne bis Mitternacht ziehen, bis man dann entscheidet in die nächste Bar auf ein nächtliches Bier zu ziehen. Von da aus geht es dann nach Hause oder am Wochenende feiern (Tipp: richtige SpanierInnen gehen erst so gegen 3 Uhr in die Clubs. Möchte man Geld sparen, schreibt man sich aber über entsprechende Webseiten oder Apps auf die Liste, dann kommt man bis 01.30 Uhr umsonst rein. Danach beträgt der Eintritt 12€ aufwärts). Hier nun noch einige meiner Lieblingsorte zum Essen gehen:

Cafés

(zum Frühstücken, Kaffee trinken, Kuchen essen, häufig auch warmes Mittagessen)

  • Bluebell Coffee Co (Russafa): schönes Ambiente, tolle Matcha-Pancakes
  • Dulce de Leche (Russafa): beste Kuchen der Stadt
  • Rawcoco Green Bar (Altstadt): „alternatives“ Essen
  • Savory Healthy Food (Gegend Blasco Ibanez): “alternatives” Essen
  • Bastard (Blasco Ibanez und Altstadt): hier kann man den ganzen Tag hingehen, tolles Studierendenambiente, super um sich zum Arbeiten zu treffen (es gibt W-Lan und Steckdosen)
  • La Más Bonita (Strand): wie der Name schon sagt, sehr schönes Café direkt am Strand mit sehr leckeren selbst gemachten Nachos und gutem Kuchen
  • Pastelería Alemana Peter’s (Nähe von Russafa): kein Café, sondern eine Bäckerei, in der man endlich wieder gutes deutsches Brot finden kann (ein Jahr lang nur Baguette kann lang werden)

Mittagessen

  • Ossea (Russafa): sehr gutes Paella-Menü für 13€ (günstiger bei so guter Qualität wird man nicht finden)
  • Yuso (Altstadt): auch gute Paella, ein klein wenig teurer (am Wochenende reservieren)
  • 100 Montaditos (überall): eine spanische Fastfood-Kette, die man aber gut ein paar Mal besuchen kann für ein schnelles Mittagessen, es gibt kleine belegte Brötchen (bocadillos)
  • The Good Burger (Blasco Ibanez): Fastfood-Burger-Kette aber um einiges besser als McDonald’s
  • Little Thai (überall): asiatisches Fastfood, hin und wieder auch sehr lecker (mittwochs gibt es gute Angebote)

Abendessen

  • Tanto Monta (Blasco Ibanez): wohl das beliebteste Studierendenlokal in Valencia; reservieren kann man nicht, weil sowieso immer alles voll ist; es gibt sehr leckere belegte Brötchen (geht aber trotzdem als warmes Abendessen durch), man zeigt einfach auf das, was man möchte
  • Kaña Makan (Gegend Blasco Ibanez): kleiner Geheimtipp von mir, hier gibt es sehr leckeres arabisches Essen aber in Tapasform (das Beste zweier Kulturen)
  • La Blasca (Blasco Ibanez): sehr leckere Tapas aber relativ teuer im Vergleich
  • La Otra Parte (Nähe Strand): auch leckere Tapas (auch etwas Ausgefallenere) und auch etwas teurer

Zum abends noch was Trinken gehen

  • Tipp: einfach in Russafa oder in El Carmen in die erstbeste Bar gehen und dann Barhopping machen (in jeder Bar ein Getränk)
  • Ubik Café (Russafa): Bar und Buchladen in einem, man sitzt auf halb kaputten Sesseln zwischen Büchern
  • Matisse (Gegend Blasco Ibanez): donnerstags immer Live-Band zum Salsa- und Bachata-Tanzen, Eintritt umsonst, dafür Getränke etwas teurer
  • La Viti (Gegend Blasco Ibáñez): gemütliche Bar (im Oma-Stil), mit gutem Agua de Valencia (valencianischer Cocktail)
  • La Fábrica de Hielo (Nähe Strand): frühere Eisfabrik in der man heute in cooler Atmosphäre etwas trinken kann
  • Convent de San Josep (El Carmen): sehr beliebtes Restaurant, das im großen Innenhof eine Bar hat, wo man sehr nett sitzt
  • Hawaika (Nähe Zentrum): Cocktailbar mit tollem Ambiente und exotischen Cocktails (reservieren kann hilfreich sein)

Fazit

Ich denke, meine Begeisterung für die Stadt, in der ich die letzten 10 Monate verbracht habe, ist auf neun Seiten doch recht deutlich geworden. Egal welche Interessen du hast und was du dir von deinem Erasmus-Aufenthalt verspricht, wenn du willst, kannst du es in Valencia finden. Deswegen kann ich dir nur wärmstens empfehlen, dich für diesen Ort zu entscheiden. Ich habe keine Sekunde bereut, dorthin gegangen zu sein und werde immer dankbar sein, diese Erfahrung, dieses in ein Jahr gepackte Leben gemacht haben zu dürfen. Ganz explizit möchte ich der Europäischen Union danken, für die Chance, die sie uns jungen Menschen durch das Erasmus-Programm gibt, für eine Zeit das Leben unserer Nachbarinnen und Nachbarn leben zu dürfen und so zu realisieren, dass wir alle, egal ob wir uns mit einem festen Händedruck begrüßen oder einem Küsschen links und rechts, letztendlich gleich sind.