Erfahrungsbericht zum Auslandssemester 

Fribourg, Sommersemester 2012 (Bachelor)

Erfahrungen im Studium

Die Wahl der Lehrveranstaltungen lief relativ reibungslos ab, obwohl ich Veranstaltungen aus verschiedenen Fakultäten besucht habe. Die Hilfestellung durch das International Office der Uni Fribourg habe ich als hilfreich und vor allem hilfsbereit erlebt. Allerdings erschien mir der Prozess der Kurswahl eher umständlich. Das kann daran liegen, dass verschiedene Fakultäten unterschiedliche Anmeldeplattformen/Ansprechpartner haben und es einer Reihe an Unterschriften bedarf bis man in allen Kursen eingeschrieben ist.

Vom Niveau her empfand ich, im Großen und Ganzen, alle meine gewählten Kurse gut bis sehr gut. Ich habe Masterkurse im Bereich Psychologie (Psychology of Decision Making, Moralische Urteile und Entscheidungen, Imagerie functionnelle (fMRI, EEG etc.)), Ökonomie (Environmental Economics), Europastudien (Europe après Maastricht) und Informatik (Simulation et Métaheuristiques) belegt.

Studienleistungen habe ich in allen Kursen erbracht. Die Art der Studienleistung unterschied sich jedoch von Département zu Département. In der Psychologie besteht die Studien- und Prüfungsleistung meist aus Hausarbeiten und/oder schriftlichen Klausuren, in der Ökonomie gab es zusätzlich zur schriftlichen Abschlussprüfung noch ein Referat mit Hausarbeit und in den Europastudien und der Informatik hatte ich mündliche Prüfungen. Ich empfand diesen Mix aus unterschiedlichen Prüfungsmethoden als sehr gut. Die Prüfungstermine waren bei mir über mehrere Wochen verteilt, was mir das Lernen erleichtert hat. Hätte ich ausschließlich Psychologiekurse belegt, wären alle meine Prüfungen in eine Woche gefallen. Das finde ich persönlich nicht sinnvoll und dies ist auch eine Kritik am Département für Psychologie.

Durch meine generalistische Kurswahl habe ich verschiedene Standorte der Universität kennengelernt. Die Psychologie sitzt im Gebäude "Regina Mundi", welches ein altes (1960er Jahre) Kloster ist und, meines Erachtens nach, nicht gut ausgestattet ist. Die Vorlesungssäle sind sehr klein und die Ausstattung mit Beamer, Overhead etc. nicht zu vergleichen mit anderen Gebäuden. Fußläufig befindet sich das Gebäude "Pérolles", welches die Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften beheimatet. Dieses Gebäude ist sehr modern und bestens ausgestattet. Hier hatte ich meine restlichen Kurse. Die Lernumgebung und auch Mensa und Caféteria haben mir hier sehr viel besser gefallen.

Ein großes Plus der Université de Fribourg sind die in jedem Gebäude vorhandenen Sportmöglichkeiten. Wer sich einen Fitnessausweis vom Hochschulsport besorgt, kann schnell zwischen zwei Vorlesungen Sport machen. Außerdem bietet der Hochschulsport eine große Auswahl an Kursen an den verschiedenen Standorten an.

Erfahrungen außerhalb des Studiums

Da ich keinen Platz in den Studentenwohnungen bekommen habe, habe ich mir ein Zimmer in einer WG gesucht. Die Suche war nicht einfach, zumal die Preise recht hoch sind. Am Ende habe ich jedoch ein schönes Zimmer in der Altstadt (Unterstadt) für umgerechnet 375 Euro gefunden. Das ist weniger als zum Teil die Studentenwohnheime kosten. Der Anschluss zu Schweizern hat mir sehr gefallen, allerdings habe ich mit zwei deutschsprachigen Schweizerinnen zusammengewohnt, was mir den Ausbau meiner Französischkenntnisse nicht erleichtert hat. Allgemein war es eher schwer Französisch zu sprechen, da die Erasmusstudenten größtenteils Englisch untereinander sprechen, was daran liegt, dass einige erst anfangen Französisch zu lernen. In der Stadt selbst (beim Einkaufen, in Bars etc.) wird jedoch hauptsächlich Französisch gesprochen.

Die Lebenshaltungskosten und das Weggehen sind in der Schweiz sehr teuer. Hinzu kommt, dass die Schweizer es gewöhnt sind, mehr Geld für ihre Einkäufe auszugeben (sie verdienen auch mehr). In meiner WG gab es eine gemeinsame Haushaltskasse, d.h. jeder hat für die gesamte WG eingekauft und die Ausgaben wurden am Ende des Monats geteilt. Zunächst habe ich Läden wie "ALDI" oder "Denner" (Discounter in der Schweiz) aufgesucht, jedoch habe ich schnell gemerkt, dass meine Mitbewohnerinnen vornehmlich Bio-Produkte und teurere Lebensmittel aus dem "Coop" oder "Migros" bevorzugten. So bin ich bald umgeschwenkt und habe selbst die teureren Produkte gekauft, die in der Schweiz tatsächlich auch von guter Qualität waren.

Einen ähnlichen Wandel habe ich auch beim Ausgehen vollzogen. Getränke in Bars oder Essen in Restaurants ist oft gut ein Drittel teurer als in Deutschland und so bin ich anfangs sehr selten ausgegangen. Allerdings schränkt dies das soziale Leben natürlich stark ein und so habe ich auch hier meine Einstellungen angepasst und habe mir öfters etwas "gegönnt". Das Leben in der Schweiz ist teuer und es macht wenig Sinn, hier die Deutsche Sparpolitik in Gänze durchzuführen. Wer in die Schweiz geht sollte einen gesunden Mittelweg finden.

Wenn man einmal in der Schweiz ist, sollte man natürlich auch das Land kennenlernen. Hierfür lohnt sich eine Investition in das HalbTax/Demiprix Abo (ähnlich BahnCard 50) um kostengünstiger in der Schweiz reisen zu können. Bis zum Alter von 25 Jahren gibt es zusätzlich noch ein Gleis7/Voie 7 Ticket, welches einen berechtigt an 19h kostenlos die Züge des SBB zu nutzen. Wer seine Reisen geschickt plant, kann hier eine Menge Geld sparen! Ich finde, dass es zwischen der Deutsch-Schweiz und der Französischen Schweiz nicht nur sprachlich Unterschiede gibt. Daher lohnen sich Ausflüge in beide Regionen um kulturelle und menschliche Unterschiede kennenzulernen. Vor allem landschaftlich bietet die Schweiz mit ihren vielen Seen eine Menge. Die Städte haben mir zwar auch gut gefallen, jedoch wird man hier eher wenige Besonderheiten verglichen mit deutschen Städten feststellen.

Wer den Kontakt zu Erasmusstudenten pflegt, der wird feststellen, dass viele Austauschstudenten auch Reisen außerhalb der Schweiz unternehmen. Vor allem Studenten aus den USA, Asien oder Australien nutzen die Gelegenheit für eine kleine Europatour. Wenn man vorher etwas Geld spart, lohnt es sich durchaus, sich einem dieser Vorhaben einmal anzuschließen. Es ist nämlich interessant zu sehen, welche Erfahrungen z. B. Asiaten in einem, für sie, sehr fremden kulturellen Umfeld sammeln. Ich habe in diesem Austausch sehr viel über kulturelle Unterschiede, vor allem zwischen dem europäischen und dem asiatischen Raum gelernt. Die geographisch günstige Lage der Schweiz ermöglicht es einem relativ schnell in vielen europäischen Ländern zu sein.

Empfehlungen

Zusammengefasst, sollte man sich vor seinem Auslandsaufenthalt Gedanken darüber machen, was das Ziel/die Ziele des Aufenthaltes sein sollen. Liegt der Fokus z.B. auf dem Französischen, sollte man versuchen, möglichst viel mit französisch sprachigen SchweizerInnen in Kontakt zu kommen. Das erreicht man am besten, indem man ausschließlich Kurse auf Französisch wählt und möglichst mit französisch sprachigen Studenten zusammen wohnt. Ist die kulturelle Erfahrung ein Schwerpunkt, lohnt es sich, viel mit Erasmus-Studenten aus anderen Ländern und Kulturkreisen zu unternehmen. Oft ergeben sich die besten Kontakte in Studentenwohnheimen. Wer also wie ich privat wohnt, muss selbst die Initiative ergreifen und zu Veranstaltungen in Wohnheime gehen um die dort lebenden Studenten kennen zu lernen. Geht man an die Auslandsuni um Forschungskontakte zu knüpfen oder fachlich weiter zu kommen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass einem gewöhnlich keine Steine in den Weg gelegt werden, wenn man z.B. Professoren auf ein Forschungspraktikum anspricht oder ein besonderes Interesse an der Belegung spezieller Kursen besteht. Wenn man sich also vorher klar macht, was man sich von seinem Auslandssemester verspricht, wird man viel von seinem Aufenthalt mitnehmen.

Informationen können helfen, sich darüber klar zu werden, ob die Schweiz/die Uni Fribourg der richtige Ort für die eigene Auslandserfahrung ist. Die Internetseite der Uni gibt dazu viele Informationen, aber auch Erfahrungsberichte im Internet geben gute Hinweise. Die Touristenseiten der Stadt Fribourg haben mir persönlich wenig geholfen. Freizeitaktivitäten habe ich vor Ort erkundet und erfragt.

Vor Ort gibt es die Möglichkeit an einem Buddy-Programm teilzunehmen. Das heißt, ein Student der Uni führt einen in das Unileben ein und wenn man Glück hat, findet man über seinen Buddy auch ein paar Kontakte zu Schweizer Studenten. Die Teilnehme an diesem Programm ist zu empfehlen, jedoch hängt es sehr stark von der Aktivität des Buddys ab, ob man wirklich davon profitieren kann oder nicht.

Insgesamt, habe ich sehr positive Erfahrungen gesammelt und stark von der zentralen Lage der Schweiz profitiert. Die Uni hat mich nicht überfordert, aber gleichzeitig habe ich wirklich interessante Inhalte kennengelernt. Wenn man ein entspanntes Auslandssemester sucht, mit einem großen Sprachmix und ohne typische Erasmus-Extasen, dann kann ich die Schweiz wärmstens empfehlen.