Fribourg, Schweiz, WS 2013/14 (BSc)

Fribourg, Wintersemester 2013/2014 (Bachelor)

Erasmussemester in Fribourg in der Schweiz ­ oder:

"Sorry, no Beach -- but therefore a lot of hills!"

Lange habe ich mir überlegt, ob ich diesen Titel nehme oder doch lieber etwas in die Richtung wie "Qualität hat seinen Preis". Letztlich habe ich mich aber für diese Aussage entschieden, die man in der Schweiz auf Postkarten findet und die meiner Meinung nach nicht passender die landschaftliche Umgebung in der Schweiz beschreiben könnte.

Wie man sich jetzt vielleicht schon vorstellen kann, war es genau dieser Aspekt der landschaftlich äußerst reizvollen Umgebung, der mich dazu bewog, ein Auslandssemester in der Schweiz zu machen. Zusätzlich war für mich die Zweisprachigkeit der Stadt Fribourg sehr attraktiv, denn ich wollte unbedingt meine Französischkenntnisse vertiefen. Somit stand für mich bald fest, dass die Universität Fribourg die richtige Wahl ist.

Erfahrungen an der Gastuniversität

Zur Universität lässt sich sagen, dass diese über mehrere Standorte innerhalb der Stadt verteilt ist und man je nach Studienfach in unterschiedlichen Gebäuden (Miséricode, Pérolles, Regina Mundi) studiert, die aber alle sehr nahe zusammen liegen, sodass man innerhalb von 15 Minuten problemlos von einem Standort zum anderen gelangt. An jedem Standort gibt es zudem eine Sporthalle und einen Fitnessraum, in dem man zu sehr günstigen Preisen das ganze Semester trainieren kann. Alternativ kann man auch einen oder mehrere der zahlreichen Unisportkurse besuchen, die meinen Erfahrungen zufolge sehr attraktiv sind und bei denen jeder etwas Passendes finden kann. Ich persönlich habe dort Kurse besucht, die es an der Uni Heidelberg eher weniger gibt, u.a. war ich beim Mountainbiken und Klettern, wo ich auch mit vielen Einheimischen in Kontakt kam, zudem habe ich den Kurs "Fitness sports et montagne" besucht, der speziell auf sämtliche Wintersportarten vorbereitet. All diese Kurse wurden von ausgebildeten und sehr professionellen Trainern geleitet, was mich sehr begeistert hat.

Bzgl. der Belegung der Kurse für das Fach Psychologie muss ich sagen, dass dies mit sehr viel Aufwand verbunden war, da man lange nicht wusste, ob man an den Kursen teilnehmen darf oder nicht ­ zudem wollte ich einen Kurs an der Naturwissenschaftlichen Fakultät besuchen, was sich letztlich als sehr kompliziert und organisationstechnisch sehr aufwändig herausstellte. Dafür waren die Kurse an sich aber sehr interessant und durch die wirklich sehr kleine Kursgröße von maximal 10 Teilnehmern pro Kurs im Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie habe ich aus jedem einzelnen Kurs fachlich sehr viel mitgenommen. Durch die kleine Kursgröße herrschte zudem eine sehr angenehme und persönliche Atmosphäre sowohl zwischen Studierenden als auch mit den Dozenten, sodass es relativ leicht war, mit einheimischen Studierenden in Kontakt zu kommen. Von der Notengebung her lässt sich sagen, dass man hier maximal eine 6 bekommen kann (=in Deutschland Note 1) und eine 4 benötigt, um zu bestehen (= in Deutschland Note 3). Bei mir war es in den meisten Veranstaltungen so, dass man nicht nur eine Prüfungsleistung erbringen musste, sondern sich die abschließende Note zumeist aus mindestens einer Präsentation und einer schriftlichen Prüfung (die dann aber weniger aufwändig ist als in Deutschland) zusammensetzte. Dieses System habe ich im Großen und Ganzen als sehr angenehm erlebt.

Erfahrungen außerhalb des Studiums

Die Stadt Fribourg ist zwar nicht sonderlich groß, aber genau das machte sie für mich so attraktiv und reizvoll ­ wie bereits angedeutet, sind die Wege im allgemein sehr kurz und man gelangt wirklich sehr schnell zu allen wichtigen Punkten in der Stadt ­ sei es das eigene Wohnheim (ich habe in dem Wohnheim Cité St. Justin gewohnt und somit nicht in einem der Erasmus Wohnheime), die Uni, der Bahnhof oder natürlich auch das Zentrum mit der Altstadt. Diese kurzen Wege ­ ich kann nur empfehlen, sich ein Fahrrad zuzulegen oder eines aus Deutschland mitzunehmen ­ habe ich ebenso als sehr angenehm erlebt wie die Größe der Stadt, die es einem ermöglicht, sich überall schnell zurecht zu finden und sich auch heimisch zu fühlen. Zudem ist die Altstadt mit der Kathedrale wirklich sehenswert. Menschen, die aber tendenziell große Städte bevorzugen und nach einer großen Auswahl an Discos suchen, würde ich Fribourg nicht empfehlen, denn die Ausgehmöglichkeiten zum Tanzen sind schon eher begrenzt ­ aber auch diesbezüglich gibt es Alternativen, da man innerhalb von 20 Minuten mit dem Zug in Bern ist, wo man eine deutlich größere Auswahl hat. Für mich persönlich hat dieser Aspekt der wenigen Alternativen für das Nachtleben aber eine untergeordnete Rolle gespielt, da ich die Tage lieber dazu genutzt habe, um die Fribourger Umgebung und die Schweiz zu erkunden. Genauso wie man innerhalb der Stadt sehr schnell überall ist, gilt dies auch für die ganze Schweiz, wo man mittels des sehr gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes innerhalb von zwei Stunden nahezu in jede Stadt und in die Berge kommt ­ in die Fribourger Voralpen beispielsweise ist es natürlich deutlich kürzer.

Und in diesem Rahmen möchte ich nochmals auf meine beiden eingangs genannten Zitate zurückkommen: Zwar sind die Kosten sowohl für Lebensmittel als auch für das Zug fahren deutlich teurer als in Deutschland, aber dafür erhält man auch wirklich gute Qualität, sowohl beim Lebensmittelkauf als auch was beispielsweise die Pünktlichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel betrifft. Zudem gibt es neben der Möglichkeit des Halbtax (entspricht der Bahncard 50 in Deutschland) und des Gleis 7 (ab 19 Uhr gratis reisen in allen Zügen) häufig auch Angebote der Bahn, womit man deutlich günstiger reisen kann als mit dem Normalpreis. Somit fand ich das Zitat "Qualität hat seinen Preis" zwar einerseits sehr passend, um die deutlich höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz zu beschreiben, aber andererseits hat dieses Zitat doch auch einen negativen Beigeschmack, den das Land und insbesondere die Landschaft nicht verdient. Daher habe ich mich als Überschrift für den Postkartenspruch "Sorry, no beach" entschieden. Auf dieser Postkarte ist eine Bergkette bei untergehender Sonne zu sehen ­ und genau solche Bilder kann man in Fribourg genauso wie in der ganzen Schweiz sehr häufig tatsächlich bewundern, sodass ich zu keinem Zeitpunkt das Bedürfnis nach Strand hatte, sondern immer wieder aufs Neue begeistert war von den Bergen und vor allem auch von sportlichen Aktivitäten dort, wie beispielsweise von Wanderungen und Mountainbiken im Sommer oder Skifahren und Schneeschuhtouren im Winter.

Wer also Berge und Schnee mag und nicht unbedingt eine Großstadt braucht, um glücklich zu sein, dem kann ich Fribourg und die Schweiz nur wärmstens empfehlen!