Mein Erasmus-Jahr in Padua
Padua, Wintersemester 2023/2024 (Bachelor)
Ein paar Worte vorab: Wenn du gerade noch überlegst, ob ein Erasmus überhaupt das richtige für dich ist und du unsicher bist, ob du dich bewerben solltest, die Antwort ist: ja, mach es!! Mein Auslandsjahr war definitiv eines der aufregendsten, lehrreichsten und schönsten Jahre meines Lebens und ich würde jedem und jeder uneingeschränkt empfehlen sich diese ganz besondere Erfahrung nicht entgehen zu lassen. Dabei ist es meiner Meinung nach weniger relevant, wohin genau man geht, denn im Endeffekt geht es mehr um die Auslandserfahrung an sich. (Also falls du dir gerade den Kopf zerbrichst, welches Land oder welche Stadt die richtige ist, möchte ich dich beruhigen: es wären alles gute Entscheidungen.) Da ich aber mit meiner Wahl sehr glücklich war und deswegen biased bin, folgen nun ein paar Gründe, warum Padua eben besonders gut für ein Erasmus geeignet ist :)
Warum Padua?
- Wirklich schöne „authentisch italienische“ Stadt und nicht touristisch überlaufen
- Studi-Stadt -> viele junge Leute, sehr lebendig, super viel Kulturangebot/Events/Festivals
- Stadtgröße -> perfekt, um die Stadt (auch in einem halben Jahr) gut kennenzulernen & sich zurechtzufinden, vor allem erleichtern die kurzen Wege (alles mit dem Fahrrad erreichbar) und die „üblichen Studi-Treffpunkte“ das Freunde-Finden
- gute Lage zum Reisen -> Padua ist sehr gut ans Zugnetz angebunden, es gibt super viele schöne Städte in der Nähe (z.B. Venedig & Verona), aber man kommt auch sehr leicht in weiter entfernte Ecken Italiens (z.B. in 4h nach Rom)
- Die Stadt ist sehr international -> breites Uni-Angebot auch auf Englisch und man kommt auch ohne Italienisch zu sprechen gut zurecht, es gibt zudem eine sehr große Erasmus community und entsprechend auch viel Angebot für Internationals
Wohnen
Hier kann ich mich nur allen vorherigen Berichten anschließen: Kümmert euch frühzeitig, d.h. am besten direkt nach der Zusage. Es ist zwar nicht unbedingt leicht eine Wohnung zu finden, aber lasst euch auch nicht zu sehr stressen! Die Uni Padua schickt bereits Monate vor Uni-Start gerne panische Mails, was die Wohnungssuche angeht, aber es hat noch keine:r auf der Straße übernachten müssen. Stellt euch auf jeden Fall auf höhere Preise ein. Mieten in Italien sind an sich niedriger als in Deutschland, aber durch die vielen internationalen Studierenden in der Stadt, sind die Mieten deutlich angestiegen (durchschnittlich ca. 600€/Monat, jedoch bei großer Varianz). Es gibt aber auch immer Möglichkeiten günstiger zu leben. Z.B. sich ein Zimmer mit einer anderen Person zu teilen (das ist in Italien recht üblich und in den Wohnungsanzeigen als „camera doppia“ bezeichnet, die Miete liegt hier bei ca. 200-300€). Außerdem findet man ab und zu auch alternative Wohnkonzepte wie z.B. bei einer italienischen Familie zu wohnen und weniger Miete zu zahlen, wenn man die Familie unterstützt (z.B. einkaufen, babysitten o. Ä.)
Generell sind Facebook- und Whatsapp-Gruppen euer Freund und Helfer. Tretet da frühzeitig bei und schreibt die Leute direkt an, sobald eine Anzeige online geht! Was auch hilfreich sein könnte: die Leute vom PI ansprechen, die im Semester vor euch in Padua waren, die Wohnungen werden oft direkt weitervermittelt.
Weitere Plattformen/Agenturen: Housing Anywhere, Bedstudent, idealista.
Grundsätzlich gilt: Vorsichtig sein, es gibt viele Scams. Niemals im Vorhinein hohe Geldsummen überweisen.
Lage: Eigentlich ist es in Padua überall schön und auch sicher. Besonders beliebt sind das Zentrum und Portello, wo sich das Studi-Leben abspielt und auch die Fakultät der Psychologie ist. Das einzige Viertel, was ich eher vermeiden würde, ist Arcella, da es in Bahnhofsnähe ist und nachts manchmal ziemlich sketchy sein kann. Aber auch da haben viele meiner Freund:innen problemlos gewohnt.
Uni & Studium
Im Vergleich zu unserem kleinen PI (no offense) ist man in Padua tatsächlich im Psychologie-Paradies, was das Lehrangebot angeht. Es gibt allein 6 verschiedene Bachelor und 10 Masterprogramme, aus denen man seine Kurse wählen kann. Viele der Programme sind komplett auf Englisch. Da dauert es zwar eine ganze Weile, bis man sich durch den Kurskatalog gekämpft hat, aber man findet definitiv sehr spannende Kurse, die oft auch ein bisschen „nischiger“ sind als die in Heidelberg (z.B. Kurse zu Musikpsychologie oder Neuropsychiatrie). Besonders empfehlen würde ich den Kurs „Cultural Developmental Psychology“ (Prof. Ungehtta Moscardini), der nicht nur thematisch echt spannend, sondern auch organisatorisch wirklich gut aufgebaut war. Sonst habe ich viele Kurse auf Italienisch belegt, wobei man sich bewusst sein muss, dass die Anforderungen sehr hoch sind und für Erasmus-Studis die gleichen Maßstäbe gesetzt werden, wie für italienische Studierende. (Ich würde es trotz des Mehraufwands allen mit ausreichenden Sprachkenntnissen empfehlen. Mir persönlich hat es sehr geholfen mich sprachlich schnell zu verbessern und vor allem auch mit italienischen Studierenden in Kontakt zu kommen.) Insgesamt ist die Uni Padua sehr gut auf Erasmus-Studierende vorbereitet und hilft einem mit Webinaren, einem Buddy-Programm und tausenden Infomails, sich gut im neuen System zurecht zu finden.
(Erasmus-)Leben
Auch in Bezug auf das Erasmus-Leben bzw. den Alltag um die Uni herum war ich mit meiner Wahl der Stadt sehr zufrieden. Das Erasmus Student Network (ESN) ist in Padua super aktiv, was eine wirkliche Bereicherung war. Neben einer welcome week organisieren die engagierten Freiwilligen von ESN auch während des Semesters wöchentlich Veranstaltungen wie Karaoke Nights, Yoga-Workshops, allerlei Partys aber auch größere Trips wie z.B. nach Rom. Es lohnt sich definitiv gerade anfangs zu den Events zu gehen, um Leute kennenzulernen und sich als Teil der Erasmus-Community zu fühlen. Auch die ESN-Karte würde ich für diverse Rabatte definitiv empfehlen. Aber auch außerhalb der Erasmus-Bubble gibt es in Padua so einiges an Angebot. Über diverse Musikfestivals im Sommer, Poetry Slam-Nights, Jazz-Bars, Sportevents bis hin zu schönen Märkten und Museen gibt es immer etwas zu erleben. Ganz besonders im Fokus steht in Padua aber die ausgeprägte Café- und Bar-Kultur, wo vor, zwischen und nach den Vorlesungen täglich der ein oder andere Café oder Aperitivo zu sich genommen wird. Falls ihr Lust habe aus der Erasmus-Bubble herauszukommen und Italiener:innen kennenzulernen, würde ich euch empfehlen studentischen Gruppen oder Sportvereinen beizutreten, da man sonst im Alltag wenig Berührungspunkte mit den locals hat.
Wie bereits erwähnt kann man von Padua aus auch richtig gut reisen. Venedig ist 20 Minuten mit dem Zug entfernt, der Gardasee und Verona ca. 1,5h. In der näheren Umgebung gibt es auch ein großes Naturschutzgebiet (Colli Euganei), wo man gut wandern kann und auch die Dolomiten sind nicht weit entfernt. Mit dem Bus ist man in einer Stunde am Meer und vor allem große Städte wie Mailand, Florenz oder Rom sind mit dem Zug sehr leicht zu erreichen. Vor allem außerhalb der Saison kann Reisen in Italien sehr günstig sein und ich kann euch nur ans Herz legen das möglichst viel auszunutzen ;)
Fazit
Ich war mit meiner Zeit in Padua rundum zufrieden und würde mich jederzeit wieder für diese Stadt und für ein Erasmus entscheiden. Wenn ihr die Chance dazu habt, würde ich auch empfehlen für ein ganzes Jahr ins Ausland zu gehen. Auch wenn das nur wenige machen, ist das (wenn man nicht gerade unbedingt in 6 Semestern fertig werden will) gut mit dem Studium vereinbar und bietet durch den längeren Zeitraum einfach mehr Möglichkeiten das Land, die Sprache und die Kultur besser kennenzulernen. Die Zeit verfliegt eh immer schneller als man denkt! So oder so, ob ein oder zwei Semester und ob Winter oder Sommer, du wirst in Padua eine richtig gute Zeit haben. Viel Erfolg bei der Bewerbung und ganz viel Spaß!!!