Erfahrungsbericht zum Auslandssemester

Lissabon, Sommersemester 2023 (Master)

Vorbereitung

Die Planung meines Auslandssemesters an der Universidade de Lisboa verlief unkompliziert und ich fühlte mich sowohl von den Ansprechpartnerinnen in Heidelberg als auch in Lissabon sehr gut betreut. Alle nötigen Schritte werden einem vorab mitgeteilt und es gibt auch eine Informationsveranstaltung des Dezernats Internationale Beziehungen. Auf der Website des psychologischen Instituts der Gastuniversität ist das Kursangebot des jeweiligen Schwerpunkts unter „study plan“ zu finden (https://www.psicologia.ulisboa.pt/en/study/masters/) inklusive eines Informationsdokuments für jeden Kurs. Das hilft sehr bei der Auswahl der Kurse für das Learning Agreement. Die für mich zuständige Erasmus-Koordinatorin Ana Pegado (erasmus.i@psicologia.ulisboa.pt) ist sehr hilfsbereit und hat mich bei allen Fragen und Änderungen unterstützt. Ich habe einen speziell für ERASMUS-Studierende angebotenen semesterbegleitenden Sprachkurs der Faculdade de Letras besucht (https://www.iclp.letras.ulisboa.pt/en/erasmus/). Um die Anmeldung sollte man sich frühzeitig kümmern und auch beachten, dass der Sprachkurs i.d.R. zwei Wochen vor den regulären Kursen beginnt. Ich würde den Sprachkurs empfehlen, da er mit 75€ sehr kostengünstig ist und eine gute Option darstellt, um andere Studierende kennenzulernen und eine konstante Begleitung beim Erlernen der Sprache zu haben. Ich hatte persönlich nicht den Eindruck durch das Format besonders große Sprünge in meinen Sprachfähigkeiten zu machen, aber das hängt sicherlich auch von dem persönlichen Engagement ab und ggf. ist es zu empfehlen, wenn möglich einen zusätzlich Intensivsprachkurs vor dem Semester zu belegen. Da ich überhaupt keine Sprachkenntnisse in Portugiesisch hatte, habe ich ein Semester vorher an Online-Sprachkursen der Uni Heidelberg teilgenommen, die ebenfalls für Erasmus-Studierende günstiger sind (https://www.uni-heidelberg.de/zsl/index.html). Hier würde ich empfehlen, wenn möglich an Präsenzkursen teilzunehmen.

Unterkunft

Ich hatte das Glück über Bekannte in eine tolle WG bei Intendente einziehen zu können. Falls irgendwie möglich würde ich versuchen über Kontakte an eine Wohnung zu gelangen, da einige meiner Freunde auch schlechte Erfahrungen über Vermietungsportale gemacht haben. Hier sollte man auf jeden Fall gucken, dass man abgesichert ist, sodass man bei Komplikationen schnell wieder aus dem Vertrag kommt. Das psychologische Institut vermittelt auch Wohnheimplätze, für die man sich anmelden kann (https://www.psicologia.ulisboa.pt/en/international/exchange/#Housing-and-Accommodation). Zum Wohnen bieten sich einige Stadtteile an. Am besten eignen sich Wohnung nahe dem Zentrum und entlang der Metrolinien, da man hiermit überall schnell hinkommt. Für mich war Intendente die optimale Lage, aber weitere empfehlenswerte Stadtteile sind auch Anjos (studentisch & rauer), Baixa (zentraler geht’s nicht), Princincipe Real (schick), Alfama (historisch & touristisch), Bairro Alto (Kneipenviertel), Chiado (gehoben), Santos (Nachtleben) und Rato. Ich fand es bedeutend besser nahe an der Innenstadt zu sein als an der Uni, da das psychologische Institut etwas außerhalb liegt (und außerdem in der lauten Flugschneise). Ich würde empfehlen direkt am Anfang die Karte Navegante Metropolitano zu besorgen. Diese kostet einmalig 12 Euro und dann monatlich 30 bzw. 40€ und lohnt sich sehr, da man mit Metro, Bus, Tram, Bahn und Fähre überall im Großraumgebiet fahren kann (inkl. Sintra, Cascais etc.). Eine sehr gute Alternative um sich günstig und bequem durch die Stadt zu bewegen sind die Apps Uber und insbesondere Bolt.

Studium an der Faculdade de Psicologia

Ich habe mein Auslandssemester an der Universidade de Lisboa nach Abgabe meiner Masterarbeit absolviert, sodass ich lediglich noch 4 ECTS für ein offenes Modul anrechnen lassen musste. Dennoch habe ich insgesamt 24 ECTS im Auslandssemester absolviert und es war eine tolle Erfahrung ohne Notendruck, rein aus Lust am Fach zu studieren und zu lernen. Mir hat das Kursangebot an der Faculdade de Psicologia, mit seinen vielfältigen Schwerpunkten sehr gut gefallen. Ich hatte aus Interesse auch ein Bachelormodul gewählt, was problemlos möglich war. Die Kurse der Faculdade de Psicologia werden standardmäßig in Portugiesisch unterrichtet, auch wenn ein großer Teil der Literatur auf Englisch ist. Im Bachelor ist das nach meiner Erfahrung auch ausschließlich so. Aufgrund der sprachlichen Barriere habe ich nach der ersten Woche alle meine ursprünglich gewählten Kurse geändert, was problemlos möglich war. Ein Master-Modul wurde regulär auf Englisch angeboten (Situated Cognition bei Tomás Palma) und die Dozenten zweier weiterer Module haben sich bereit erklärt den Kurs auf Englisch zu halten (Motivated Thinking bei André Mata und Environmental Psychology bei José Manuel da Palma Oliveira). Es kann sich also lohnen hier freundlich nachzufragen. Tendenziell sind die Dozenten des Masterschwerpunkts Cognitive and Social Psychology hierfür offener. Es besteht auch die Möglichkeit Kurse anderer Fakultäten (z.B. Jura oder Philosophie) auf Englisch zu belegen. Ich habe gleich zu Beginn den Kontakt zu einer Mentorin gesucht, was einem den Einstieg erleichtern kann. Netterweise gab es in der ersten Vorlesungswoche auch ein Willkommensevent für die Erasmusstudierenden des Instituts.

Die Faculdade de Psicologia befindet sich auf dem Campus Cidade Universitária, an dem sich auch die meisten anderen Fakultäten befinden und der gut mit der Metro zu erreichen ist. In der Nähe gibt es einen großen Park (inkl. Plätzen zum Padel spielen) und auch das Institut an sich hat mir sehr gut gefallen. Alle Kursräume führen auf einen Innenhof, bei dem sich somit alle Studierenden wiedertreffen. Es gibt sogar einen kleinen See, der ebenso wie der Innenhof zu einer Pause in der Sonne einlädt. Zudem gibt es eine kleine Institutsbibliothek, in der man gut arbeiten kann. Die Cafeteria direkt neben dem Innenhof ist super günstig und wird von sehr netten Mitarbeitern betrieben. Auch zu empfehlen ist die Cafeteria der Faculdade de Letras mit ihrem ruhigen grünen Innenhof.

Alltag und Freizeit

Lissabon ist eine wunderschöne und unglaublich lebenswerte Stadt. Ich habe die entspannte Atmosphäre, die kreativen Events und das quirlige Nachtleben sehr genossen. Auch fand ich es im Nachhinein toll die Stadt bereits im Februar kennenzulernen, wenn es schon warme Tage gibt, aber die Stadt noch nicht so voll ist. Ich würde auf jeden Fall empfehlen etwas früher anzureisen, das Leben in Lissabon schon etwas zu genießen und sich einen Überblick zu verschaffen bevor es mit den Kursen los geht. Es gibt die zwei Organisationen Erasmus Life Lisboa (https://www.erasmuslifelisboa.com/) und Erasmus Student Network Lisboa (https://www.esnlisboa.org/), die tolle Angebote für Erasmus-Studierende bieten. Gerade in der Anfangszeit ist das ideal um neue Leute kennenzulernen und schöne Sachen zu unternehmen. Außerdem bekommt man mit der Mitgliedskarte (12€) einige Vergünstigungen. Die Stadt lässt sich ansonsten am besten genießen, in dem man einfach drauflosläuft, die Aussicht von einem der vielen Miradouros (Aussichtspunkte) genießt oder die Stimmung bei einem Galao und Pastel aufsaugt. Besonders schön ist natürlich, dass Lissabon nicht weit weg vom Meer ist und man so immer wieder an den Strand zum Baden oder Surfen fahren kann. Die beiden typischen Stadtstrände sind hierfür Caparica und Carcavelos. Da Lissabon so perfekt gelegen ist, würde ich auf jeden Fall empfehlen die Zeit auch für Ausflüge zu nutzen. Ich war beispielsweise mehrfach an der Algarve, in Porto, Coimbra, Nazaré (insbesondere toll im Winter) und auf Madeira, was alles wunderschöne Reiseziele sind. Das Busnetz (z.B. mit Flixbus oder Rede Expressos) ist im Vergleich zur Bahn sehr gut ausgebaut und die Busse sind sehr verlässlich, sodass man in 3-4h für wenig Geld sowohl in den Süden als auch Norden des Landes kommt. Ansonsten bietet es sich an mit Freunden ein Auto zu mieten, wenn man an etwas abgelegenere Orte oder an Strände fahren möchte.

Fazit

Mich für ein Auslandssemester in Lissabon zu bewerben war eine meiner besten Entscheidungen und ich bin sehr dankbar, dass ich nach zwei Jahren Pandemie ein so wunderschönes und bereicherndes letztes Semester meines Masters in Lissabon verbringen durfte. Ich kann jedem ans Herz legen Lissabon für ein Auslandssemester in Betracht zu ziehen. Das interessante Studium an der Uni, das freie Lebensgefühl in der Stadt, die tolle portugiesische Kultur und das internationale Flair machen diesen Ort zu einem ganz besonderen.