Erfahrungsbericht Paris, SoSe 2022

Paris, Sorbonne 4EU+, Sommersemester 2023 (Master)

Ich habe das Sommersemester 2022 über das Erasmus 4EU+-Programm an der Sorbonne Université in Paris verbracht und meine Zeit dort sehr genossen! Da man hier Fächer aus den Sciences Humaines wählt, habe ich keine Psychologie, sondern Geschichte studiert und mir meine ECTS-Punkte als Freie Spitze anrechnen lassen. Für mich war das perfekt und hat genau meinen Interessen entsprochen, weil ich in dieser Zeit einfach mal in ein anderes Fach reinschnuppern wollte. Zugegeben – die Organisation des Aufenthalts hat mich ein paar Nerven gekostet, aber das war es definitiv wert und mit meinem Erfahrungsbericht kann ich euch hoffentlich die ein oder andere Unklarheit ersparen.

Vorbereitungen

Die Bewerbung erfolgte bereits Anfang des Jahres 2021 und somit ein gutes Jahr vor Start des Erasmussemesters. Da ich Paris als zweite Wahl angegeben hatte, brauchte ich das vorläufige Learning Agreement für die Sorbonne hier noch nicht auszufüllen. Trotzdem merkte ich schnell, dass die Informationsbeschaffung sich nicht ganz so einfach darstellt und empfehle euch, euch erst kurz vor eurem Aufenthalt so richtig sorgfältig mit der Kurswahl zu beschäftigen. So habe ich zum Beispiel keine festgelegten Semesterzeiten für das SoSe 22 finden können, als ich dem Erasmusprogramm im Frühjahr 2021 meinen voraussichtlichen Aufenthaltszeitraum (im Rahmen der Online-Registrierung) mitteilen sollte. Letztlich hatte ich gemerkt, dass die Semesterzeiten so früh noch nicht feststehen und mich dann an den Vorjahren orientiert. Ich war selbst schließlich von Mitte Januar bis Mitte Juni dort, allerdings kommt das Enddatum auch immer auf den Prüfungszeitraum und eventuelle Nachschreibetermine an, die auch noch im Juli stattfinden können.

Danach musste ich mich erst zum Herbst/Winter hin wieder um den Erasmusaufenthalt kümmern. In diesem Zeitraum erhält man eine Registrierungsaufforderung durch die Sorbonne. Bei mir wurde diese erst relativ kurzfristig verschickt: Eine Woche vor der (mir im Vorhinein bekannten) Frist. Daher will ich euch kurz mitteilen, welche Dokumente ihr dafür braucht. Die Registrierung erfolgte, indem ich mein „formulaire de candidature“ (Link), eine Kopie meines Personalausweises, ein Einschreibenachweis an der Uni Heidelberg, meine europäische Gesundheitsversicherungskarte (hier reichte die gescannte Karte, ich brauchte keinen extra Versicherungsbescheid), den Sprachnachweis und ein Bild in Farbe (für den Studiausweis) per Mail übermittelte. Zusätzlich konnte ich gleichzeitig ein „demande de logement“ für die Cité Universitaire stellen. Hierzu bedurfte es zusätzlich eines Steuerbescheids meiner Eltern. Ich wurde in der Mail auch darauf hingewiesen, dass ich die Wohnheimsbewerbung nicht doppelt stellen darf, d.h. nochmals direkt an die Cité, weil sie somit nichtig würde.

Hier noch ein kurzer Hinweis zu dem Sprachniveau: Die Sorbonne fordert mindestens B2. Das ist tatsächlich auch empfehlenswert, da die meisten Kurse nur auf Französisch angeboten werden. Bei mir musste dieses Sprachniveau durch einen Test bestätigt werden, Schulzeugnisse allein hatten nicht ausgereicht. Zur Auswahl standen hier DALF, DELF, Alliance Française, Esabac oder der OLS Test. Der einfachste Weg ist hier mit Sicherheit der online OLS über Erasmus, da man ihn sowieso vor dem Erasmus absolvieren muss. Der Test ist kostenlos und die Aufforderung dazu kam auch Anfang Herbst. In dieser Mail wurde mir außerdem das voraussichtliche Startdatum der Uni mitgeteilt, sowie eine Info dazu, wo ich das Kursangebot finden kann. Eine Kursanmeldung erfolgt hier aber nicht, sondern erst vor Ort! Im November/Dezember wurde meine Registrierung sowie die Wahl meines Hauptfachs dann von Seiten der Sorbonne bestätigt.

Im Dezember wurden dann die Grant-Agreements verschickt. Diese individuellen Erasmusverträge sowie ggf. einen Antrag für einen Grüner-Reisen-Zuschuss musste man bis Ende Dezember unterschrieben einreichen. Passend zum Ende des Jahres bin ich hiermit auch am Schluss meiner Vorbereitungen angekommen.

Organisation vor Ort

Ein bis zwei Wochen vor Beginn im Januar erhielt ich mehr Informationen von der Sorbonne mit Link zu einem Einführungstreffen (die Kurse begannen erst in der darauffolgenden Woche). Zu dieser Zeit war ich schon in Paris. In dieser Woche sollte man auch zur Sorbonne gehen, um sich das Certificate of Arrival unterschreiben zu lassen (Aufforderung per Mail). Kleiner Hinweis hierzu: Die Sorbonne ist ein wundervolles, aber riesiges Gebäude. Daher – falls das Erasmusbüro bei eurem Aufenthalt immer noch bei Treppe I ist – eine kurze Wegbeschreibung: Ihr müsst den Hof überqueren und in den Teil des Gebäudes, in dem die Vorlesungen und Kurse stattfinden. Dort immer weiter geradeaus, bis die Treppen beginnen. Diese sind mit Buchstaben bezeichnet. Um zu „i“ zu gelangen, geht ihr also rechts den Flur neben den Treppen entlang und später sogar über einen Gang an der frischen Luft, bis ihr nochmals zurück ins Gebäude gelangt und auf die Treppe „I“ trefft. Was wirklich gut ist: Die Kursanmeldung erfolgt nicht online, wie für die französischen Studierenden, sondern vor Ort und erst später. Man kann sich also erst einmal seine Kurse aussuchen und diese besuchen, bevor man die Anmeldung im Februar im Sekretariat vornimmt. So kann man ein bisschen besser einschätzen, ob der Aufbau des Kurses für einen geeignet ist und ggf. nochmal variieren.

Zur Kurswahl: Mein Hauptfach war Geschichte, somit musste ich 50% meiner ECTS-Punkte in diesem Bereich erwerben. Letztlich hatte ich auch alle Veranstaltungen in diesem Fach besucht, außer meines Französischkurses. Alle folgenden Informationen beziehen sich also darauf, denn man sollte beachten, dass sich die Modalitäten je nach Fachrichtung unterscheiden können. Ich musste beispielsweise keine Klausuren mitschreiben, sondern musste andere Leistungsnachweise erbringen. Das stand von Anfang an fest. In anderen Fächern, wie z.B. Soziologie, sind Erasmusstudierende jedoch nicht grundlegend von diesen befreit. Zuerst versuchte ich mir auch Sportkurse und den Chor als ECTS-Punkte anrechnen zu lassen, was jedoch bei beidem nicht funktionierte. Ich hatte dann später insgesamt vier Veranstaltungen: einen Französisch-Kurs (5 ECTS) und drei Geschichtskurse (auch jeweils 5 ECTS). Ein Kurs besteht hierbei aus zwei Veranstaltungen: CM (Cours Magistral) und TD (Travaux Dirigés). CM (einstündig) kommt einer Vorlesung gleich, TD (zweistündig) einem Seminar, in dem die Themen der Vorlesung intensiver aufgearbeitet werden. Die französischen Studierenden müssen über die CMs eine Klausur schreiben sowie während des Semesters Leistungen in den TDs erbringen, womit der Aufwand für eine Veranstaltung schon relativ hoch ist. Ich als Erasmusstudentin musste demnach nur die Leistungen in den TDs erbringen, die zum Beispiel ein Referat + Hausarbeit sein können. Hier lohnt es sich in der ersten Stunde auf die Dozenten zuzugehen, da man dadurch oft nur verkürzte oder auf Erasmusstudierende zugeschnittene Leistungen erbringen braucht.

Gerade zu Anfang kann das alles etwas überrumpelnd wirken, weil die Kurse natürlich in Französisch gegeben werden und in den CMs in der Regel kein Skript zur Verfügung gestellt wird, sodass alles von Hand mitgeschrieben werden muss. Bei Verständnisproblemen kann man dann aber auch auf die französischen Mitstudierenden zugehen und nochmal nachfragen.

Je länger ich in Paris war, desto weniger hat sich die Sprache als Problem herausgestellt. Man konnte sich dann doch ganz schnell daran gewöhnen und irgendwann auch (fast) alles problemlos verstehen, also macht euch da nicht allzu viele Sorgen. Den Stundenplan stellt man sich selbst zusammen. Bei mir persönlich haben sich leider viele meiner Wunschkurse überschnitten, da muss man also ein bisschen aufpassen. Auch, was den Wechsel zwischen den verschiedenen Standorten angeht.

Da ich Masterstudierende (wenn auch in einem anderen Fach) war, konnte ich frei zwischen dem Niveau der Kurse wählen. Ich habe zwei Kurse aus dem fünften Bachelorsemester besucht und einen aus dem zweiten. Beides kann ich empfehlen und war machbar. Inhaltlich würde ich das Niveau also ähnlich einschätzen, doch in den höheren Semestern wird natürlich erwartet, dass die Methoden beherrscht werden. Daher war ich froh, auch einen Licence 1 Kurs besucht zu haben, da diese hier vermittelt wurden und ich mich als Psychologiestudentin an eine neue Art von Aufsätzen anpassen musste. Dort habe ich also gelernt, wie ich eine Dissertation oder ein Commentaire zu schreiben hatte, was als Leistungsnachweis öfter mal verlangt wird. Erwähnenswert ist außerdem, dass die höheren Semester in dem alten Sorbonne-Gebäude im fünften Arrondissement unterrichtet werden, während die ersteren Semester eher an den Standorten Clignancourt und Malherbes lernen. Auch im Herzen des Quartier Latins zur Uni gehen zu dürfen ist natürlich eine Erfahrung, die (zumindest bei mir) nochmal ein ganz besonderes Paris-Gefühl geweckt hat.

Leben in Paris

Diesen Absatz kann ich nicht mit nüchternen Fakten oder negativen Aspekten beginnen, sondern muss euch, nachdem ich so viel über Organisation und Kurswahl geschrieben habe, erst mal vorschwärmen, weil ihr wissen sollt, dass der schöne Eindruck definitiv auch der Nachhaltige war! Ich habe es seeehr genossen, für einige Monate in dieser ganz besonderen Stadt zu leben! Den Heimweg zwischen Seine und Louvre anzutreten, im Hang unterhalb der Sacré-Coeur zu picknicken oder zwischen den monumentalen Bauten der Stadt immer wieder den Eiffelturm hervorblinzeln zu sehen, sind einfach ganz tolle und bereichernde Erfahrungen, auf die ihr euch wirklich freuen könnt!

In und um Paris gibt es super viel zu sehen, wodurch euch nie langweilig werden sollte. Mir hat besonders gefallen, dass die meisten Museen für unter 26-Jährige kostenfrei zugänglich sind und auch Kulturveranstaltungen (Ballett, Oper, Philharmonie, ...) durch rabattierte (Rest-)Karten Studierenden entgegenkommen.

Die Wohnungssuche in Paris gestaltet sich relativ schwierig, da der Markt sich sowohl durch hohe Nachfrage als auch Kosten auszeichnet. Ich hatte im Vorfeld WGs über die cartedescolocs angeschrieben und bin Facebookgruppen beigetreten (allgemeine, die sich an Wohnungssuchende in Paris richten sowie „Deutsche in Paris“). Eine generelle Vorsicht ist aber leider notwendig: Betrug gibt’s bei der Wohnungssuche nicht selten, also passt bitte auf! Außerdem gibt es noch die Wohnheime, auf die man sich bewerben kann. Am beliebtesten ist hier wahrscheinlich die Cité Universitaire, die Studierende aus allen Ländern beherbergt und zudem Möglichkeiten für viele Sport- und Freizeitaktivitäten bietet. Letztlich habe ich über persönliche Bekannte mit sehr viel Glück eine Wohnung gefunden, die für mich optimal war. Erwähnenswert ist, dass man in Frankreich Wohngeld beantragen kann, das einen Teil der Mietkosten rückerstattet. Darüber solltet ihr euch ggf. am besten frühzeitig informieren, um den Antrag vom ersten Monat an stellen zu können.

Das Leben in Paris ist leider auch relativ teuer. Eine ganz klare Empfehlung von mir ist hier die App „Too Good to Go“, die sich für mich in Paris wie in keiner anderen Stadt bisher gelohnt hat! Die App setzt sich gegen Lebensmittelverschwendung ein und ermöglicht Cafés, Restaurants, Supermärkten, etc. ihre Reste vom Tag für wenig Geld zu verkaufen, statt sie abends wegzuwerfen. In Paris haben sehr viele Läden daran teilgenommen. So hatte ich für wenig Geld oft sehr leckeres Essen, von Croissants bis Sushi war da alles dabei. Empfehlen kann ich hier insbesondere Bäckereien wie z.B. Paul oder Eric Kayser.

Außerdem lege ich euch die Happy Hours ans Herz, die die meisten Gastronomien in Paris zu bestimmten Uhrzeiten zumindest für Getränke haben. Ausgehtechnisch hatte sich für mich das Meiste bei Châtelet oder Bastille abgespielt. Sich in gemütlicher Runde an der Seine oder in einem der zahlreichen Parks zu treffen ist aber auch unbedingt empfehlenswert. Hier kommen auch die Erasmusorganisationen ins Spiel, über die man sich selbst näher informieren muss (z.B. auf Instagram). Ich habe vor allem Veranstaltungen von Parismus und ESN besucht, es gibt aber auch noch weitere. Dort werden jede Woche verschiedene Aktivitäten geboten, von Partys über Spaziergänge bis hin zu Ausflügen. Dabei arrangieren die Organisationen auch oft Rabatte für Erasmusstudierende, oder eben vergünstigte Preise bei einer entsprechenden Party. Diese Veranstaltungen sind daraus aufgelegt, dass man sich (international) untereinander vernetzt und kennenlernt, was für mich ein großartiger Bestandteil des Aufenthalts war. Es lohnt sich auf jeden Fall dort vorbeizuschauen und offen auf Leute zuzugehen und sie anzusprechen – oft sieht man sich dann auch auf der nächsten Veranstaltung wieder.

Was die Fortbewegung angeht, so war die Metro für mich das Mittel der Wahl und in einer großen Stadt wie Paris auch nötig. Ich kann hier definitiv empfehlen, sich eine Jahreskarte für Studierende unter 26 zuzulegen – und das am Besten schon ab dem ersten Monat (es gibt die Möglichkeit das Startdatum an den Semesterstart anzupassen). Diese ist nur Online erhältlich und man braucht eine Pariser Adresse sowie eine französische Telefonnummer. Sie hatte etwa 350€ gekostet. Den Jahrespass konnte ich im Sommer durch Nachweis meines deutschen Wohnsitzes kündigen, sodass ich die restlichen Monate, die ich nicht in Paris verbracht hatte, erfolgreich erstattet bekam (mehr Informationen dazu: https://paris.esnfrance.org/help-transportation-in-paris/ ).

Damit hatte sich der Aufwand also gelohnt. Ohne euch abzuschrecken, will ich noch eine kleine negative Erfahrung mit euch teilen, die euch hoffentlich weiterhilft und euch Vorsicht walten lässt: Generell wird oft vor Dieben in der Metro gewarnt und mir wurde tatsächlich mein Handy entwendet, als ich von der Station in Clignancourt nach Hause fahren wollte. Durch viel Glück und mit Hilfe der Securities habe ich es zwar sogar zurückbekommen, doch solche Diebstähle sind dort leider relativ alltäglich.

Andere haben die Metro auch kaum benutzt und jeden Weg mit dem Fahrrad zurückgelegt. Fahrräder kann man sich überall in der Stadt leihen (Velib). Mich persönlich hat der Pariser Verkehr jedoch etwas abgeschreckt.

Fazit:

Nachdem die Punkte Registrierung, Wohnungssuche und Kurswahl abgeschlossen waren, konnte ich das Leben in Paris völlig auskosten und würde mich jederzeit wieder für einen Aufenthalt dort entscheiden! Es ist eine einmalige und wunderbare Erfahrung, die ihr sicher nie vergessen werdet. Daher hoffe ich, dass euch meine Tipps ein bisschen Mühe abnehmen können und ihr eure Zeit in Paris somit noch mehr genießen werdet!