Wien, WS 21/22 (BSc)

Wien, Wintersemester 2021/2022 (Bachelor)

Ich hatte schon vor Jahren entschieden, dass ich mal eine Zeit in Wien leben möchte. Eine wirklich lebenswerte Stadt mir einem breiten Angebot an Kultur und Naherholung. Nachdem ich nun ein halbes Jahr diesen Wunsch erfüllt habe, steht für mich fest: Nach Wien würde ich jederzeit zurückziehen!

Vorbereitung

Ein Umzug nach Österreich stellt einen Studierenden aus Heidelberg (bzw. Deutschland) nur bedingt vor große Fragen, da alle Plattformen sowohl von städtischer und stattlicher Seite als auch von der Universität Wien relativ ausführlich, vorallem aber in deutscher Sprache vorliegen. Zudem sind die zuständigen Stellen des Erasmus Outgoing in Heidelberg als auch des Erasmus Incoming in Wien sehr engagiert, sodass man mit ausreichend Vorlauf alle Informationen bekommt, die man für einen gelungenen Start vor Ort benötigt. Die digitalen Guides der Universität zur Anmeldung, Einrichtung der digitalen Dienste etc. sind sehr umfangreich und detailliert. Wie auch in Heidelberg wird man sich am Ende auf einer Vielzahl von Webseiten bewegen auf denen unterschiedliche Funktionen zu finden sind. Die zahlreichen Links irgendwo zu sammeln, um sich einen Überblick zu verschaffen, kann da bestimmt nicht schaden.

Mein Auslandssemester war noch stark von der Coronasituation geprägt, so dass neben weiten Teilen des Studiums auch andere Aktivitäten oft nur unter strengen Auflagen stattfinden konnten. Dies galt insbesondere auch für das Willkommensprogramm, welches vom ESN für alle Fachgruppen wenige Wochen vor Semesterstart zusammen veranstaltet wurde. Der ESN organisiert auch unter dem Semester einige Angebote und Ausflüge für die Auslandsstudierenden. Sie stellen sich einem bereits vor dem Start des Studiums via E-Mail vor und boten auch einige Onlinegruppen, um sich mit Gleichgesinnten frühzeitig zu vernetzen. Sie boten schon sehr interessante Sachen, aufgrund der Coronasituation zumindest bei mir oft jedoch nur mit sehr reduzierten Plätzen. Da sie leider einem „First come, first serve.“ Prinzip folgten mit einer zwingenden Anmeldung via facebook, empfehle ich zeitnah die Augen aufzuhalten, damit man sich bei etwas anschließen kann, was einen interessiert. Generell war ich schon darauf angewiesen die einzelnen digitalen Plattformen, denen sie sich bedienten, auch selbst zu haben. Andernfalls wäre meines Eindrucks nach eine Teilnahme nur eingeschränkt möglich gewesen oder man wäre zumindest erst sehr spät über etwaige Vorgänge und Teilnahmemöglichkeiten informiert worden (neben E-Mail erfolgte ihre Kommunikation auch via WhatsApp, Instagramm und facebook).

Von Seiten der Psychologie gab es zwar auch andere Auslandsstudierende, es gab aber keine zentrale organisierte Veranstaltung des Instituts, auf welchem man sich hätte gezielt vernetzen können. Fachspezifische Fragen wurden von der Fachkoordinatorin bei mir zufriedenstellend per E-Mail beantwortet, darüber hinaus hört man aber über die generellen Informationen hinaus kaum etwas von der psychologischen Fakultät der Universität Wien, dass sich gezielt an Auslandsstudierende richtet und es gibt keine separate Informationsveranstaltung für Psychologiestudierende im Auslandssemester, worüber ich mich zumindest anfangs gewundert hatte.

Es ist eine sehr große Universität mit zahlreichen Studierenden, sodass bei Terminen der Auslandsstudierenden schnell lange Schlangen und Wartezeiten vor Ort entstehen können (etwa beim Abholen des ESN Ausweises). Für den Erstbesuch im Hauptgebäude der Universität Wien empfehle ich den Haupteingang zu wählen, da das Gebäude für mich zumindest sehr unübersichtlich war und somit anfangs schwer zu navigieren. Sagen wir so, ich habe aufgrund des Zugangs über einen Seiteneingang lange suchen müssen, wo ich hinwollte.

Wohnen

Ich habe in einem Wohnheim des WIHAST (PANORAMA) im 20. Bezirk gewohnt. Dort habe ich auch mit wenigen Monaten Vorlauf noch eine günstige Wohnung bekommen und wäre Corona nicht gewesen, hätten sie dort auch ein ganz ordentliches Angebot an Gemeinschaftsräumen (von Fitnessraum, über Partykeller und Sauna bis hin zu Brettspielraum) vorgewiesen. Vorab wurde auch vom Erasmus Incoming eine Liste von Bewerbungsmöglichkeiten für Wohnheim rumgeschickt. Ein Hinweis: In vielen Wohnheimen in Wien bekommt man am Anfang lediglich Zweipersonenzimmer zugewiesen und kann dann erst später in ein Einzelzimmer umziehen (ähnlich amerikanischen Collegefilmen). In meinem Wohnheim war dies nicht der Fall und ich hatte von Beginn an mein eigenes Zimmer. Der Komplex war jedoch auch etwas weiter von der Universität entfernt, wenn auch gut öffentlich angebunden. Die Bezirke der Stadt Wien und deren Nummerierung sind für einen Zugezogenen am Anfang doch relativ verwirrend. Am besten schaut man, ob die eigene Wohnung an relevanten U-Bahn-Verbindungen gelegen ist.

Studieren an der Uni Wien

Das Curriculum der Psychologischen Fakultät der Universität Wien ist unserem in Heidelberg, wie ich es zumindest beurteile, sehr ähnlich. Besonders cool ist darüber hinaus, dass Erasmusstudierende im Bachelor bereits Masterveranstaltungen besuchen, was Studierenden der Universität Wien verwehrt bleibt. Dadurch gibt es ein sehr breites Angebot interessanter Kurse. Die Beschreibungen werden teils aber erst spät Online gestellt. Anders als in Deutschland gibt es nur ganze Noten (1, 2, 3, …).

Unangenehm ist hingegen das Vergabeverfahren der Psychologie in Wien. Anders als in anderen Fächern in Wien, gab es in meinem Jahrgang zumindest kein Punktesystem für die Vergabe, sondern lediglich ein generelles Anmeldeportal, in welchem man sich bis zu einer Frist für jeden Kurs anmelden konnte, der einen interessiert. Nachdem dieser erste Schritt abgeschlossen ist, erfolgen mehrere Wellen der Vergabe (nach individuellem Fortschritt erbrachter Studienleistungen), an denen Auslandsstudierende aber zumindest nicht teilnehmen. Man landet in jedem Kurs der Psychologie auf der Warteliste und muss dann nach Abschluss der Zuweisung der Wiener Studierenden alle Dozierende separat per E-Mail anschreiben und um Aufnahme bitten. Zwar verfügen viele Dozierende über ein separates Kontigent an Plätzen (i.d.R. 1-2), der Prozess ist aber zeitlich aufwendig, eine Aufnahme oft unsicher und nicht jeder Dozierende antwortet auch zeitgerecht. Entsprechend muss man flexibel sein in der Veranstaltungswahl und auch das Learning Agreement wohlmöglich überarbeiten. Nichtsdestotrotz habe ich die notwendige Anzahl an Kursen zusammenbekommen und war auch ganz zufrieden mit meiner Wahl und den Inhalten. Nichtsdestotrotz sehr stressig und unangenehm. Die Kurse selbst waren aber sehr interessant. Ich habe aber fast ausschließlich Masterkurse besucht. Eine Freundin meinte die seien weniger voll und ihres Erachtens interessanter. Daneben war ich auch in fachfremden Veranstaltungen, wo die Anmeldung einfacher von statten ging. Der Anspruch der Kurse war meines Erachtens vergleichbar mit Heidelberg.

Meine Veranstaltungen waren anfangs über mehrere Gebäude (insgesamt 3) am Wiener Ring verteilt. Einen direkten Campus gibt es nicht, da die Gebäude Teil der Innenstadt sind. Sie befanden sich bei mir aber in direkter Nachbarschaft. Durch die schiere Größe der Gebäude sollte man aber bei der ersten Veranstaltung frühzeitig da sein, um den richtigen Ort pünktlich zu finden. Am Ende fanden aber alle meine Kurse auf der Coronasituation digital statt. Technisch war das aber ganz gut organisiert.

Universitätssport und Sprachkurse sind um einiges teurer als an der Universität Heidelberg. Dennoch besteht bei den Sportkursen eine große Nachfrage, sodass man frühzeitig sich informieren bzgl. Angebot und Anmeldung informieren muss. Die Zahlung für die Anmeldung war bei mir beim Sport nur sofort via Kreditkarte möglich. Die einzelnen Orte der Ausübung sind weit über die Stadt verteilt.

Leben in Wien

Die Stadt ist groß, aber das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln gut. Ich empfehle das Semesterticket der Wienerlinien, das nicht an jeder Haltestelle erworben werden kann, aber die Nutzung der U-Bahn, der relevante S-Bahn (rosa Linie) und Busse im Stadtgebiet erlaubt. Daneben kommt man auch sehr gut mit dem Fahrrad voran und vor Ort gibt es diverse Möglichkeiten sich zwischenzeitlich kostengünstig ein Fahrrad zu leihen.

Mit „Alles gurgelt“ gab es zahlreiche Möglichkeiten in Wien regelmäßig und kostenfrei einen PCR Coronatest zu machen. Es gab zahlreiche Anlaufstellen der Stadt, aber auch Angebote für daheim. Die Teststationen der Stadt konnten nach Anmeldung auch von Leuten außerhalb von Österreich kostenfrei genutzt werden. Negative PCR Ergebnisse waren zumindest während meines Aufenthalts für zahlreiche Veranstaltungen notwendig. Leider blieb mir auch ein flächendeckender Lockdown für mehrere Wochen nicht erspart. Der ESN informierte aber in seinen WhatsApp-Gruppen ausführlich über die sich verändernde Lage und Auflagen.

In der Stadt gibt es eine Vielzahl an Einkaufmöglichkeiten. Lebensmittel sind etwas teurer als in Deutschland bei Hofer (entspricht deutschem Aldi) aber vergleichbar. Billa ist eine andere große Kette mit einem breiteren Angebot, aber höheren Preisen. Generell sind die Angebote sehr identisch zu Deutschland. Fast überall finden sich an öffentlichen Orten in der Stadt außerdem Wifi-Spots. Kulturell ist Wien eine Wucht mit einem unglaublich breiten Angebot an wunderbaren Museen, Sehenswürdigkeiten und Theatern und Opern. Täglich gibt es eine Vielzahl von regelmäßig wechselnden Aufführungen unterschiedlichster Art von traditionellem Theater, über Ballett, Konzerte, Kabarett oder Oper. Die Stadt verfügt ebenso über eine Vielzahl von Naherholungsgebieten. U.a. über gut erschlossene Wanderwege im direkten Umland, die auf einer eigenen Webseite der Stadt einsehbar sind.

Tipps

  1. Ans Herz legen möchte ich die Gretchen-App mit ihren U27 Angeboten. Nach Registrierung können Personen unter 27 Jahren für zahlreiche Veranstaltungsorte wie etwa das wunderschöne Burgtheater oder die Staatsoper stark reduzierte Tickets für sehr gute Sitzplätze erwerben.

  2. Für kulturell interessierte bietet sich das Jahresticket des Kunsthistorischen Museums an, dass meines Erachtens sehr zu empfehlen ist. Ich war über 7x in wenigen Monaten drin. Das Ticket ist relativ günstig (insbesondere für U25), war zudem auch im Gebäude selbst noch zu erwerben (mit Rabatt des Eintrittstickets) und gibt kostenlosen Zutritt zu insgesamt 7 Museen (inkl. Schatzkammer und Weltmuseum in Wien).

  3. Im Herbst ist Sturm trinken bei einem Heurigen ein absolutes Muss (Sturm entspricht Neuem Wein).

Persönliches Fazit

Jederzeit wieder.