Padua WS 2021/22 (MSc)

Padua, Wintersemester 2021/2022 (Master)

Anreise

Nach Padua kann man gut mit dem Zug reisen, von Heidelberg gibt es Verbindungen über Stuttgart und München, die ca. 50€ kosten und 10h dauern, was natürlich eine lange Fahrt ist, aber dafür mit wunderschönen Ausblicken belohnt wird, wenn man durch die Berge fährt. Ansonsten gibt es auch zwei Flughäfen in der Nähe von Padua, Venezia Marco Polo und Treviso Airport, die mit dem Bus gut erreichbar sind. Treviso wird von Ryanair angeflogen, wo man sehr günstig – und bei rechtzeitiger Buchung dank der Erasmus Card sogar ohne Gepäckaufpreis – nach Frankfurt Hahn oder Köln fliegen kann. Ich bin jedoch Zug gefahren, weil ich es aus Umweltgründen und zwecks viel Gepäck entspannter fand.

Unterkunft

Nachdem ich in vorherigen Erasmusberichten gelesen hatte, dass die Unterkunftssuche in Padua stets unkompliziert und entspannt sei, habe ich Ende Juli mit der Wohnungssuche angefangen. Leider war bei mir das absolute Gegenteil der Fall: Dadurch, dass es ab dem Wintersemester an der Uni Padua wieder Präsenz-Lehre gab, sind sehr viele Studierenden der letzten Semester, die bis dahin noch daheim wohnen geblieben waren, nach Padua gezogen.. Obwohl ich 3 Monate lang in sämtlichen Facebook-, Telegram-Gruppen, auf Subito, Idealista unterwegs war, habe ich darüber keine Wohnung gefunden. Es empfiehlt sich, die Personen auf Italienisch anzuschreiben, dennoch hatte mir nur ein Bruchteil geantwortet und häufig gab es schon 25 Kommentare unter einer Anzeige, die erst 3 Minuten online war. Auch vor Ort habe ich einige Agenturen abgeklappert, worüber Wohnungen vermietet werden, doch keiner hatte ein Zimmer frei. Vielen anderen Studierenden ging es auch so, es gab Wohnungsnot-Demonstrationen, Zeitungsartikel, doch wirklich geholfen hatte leider nichts, die Stadt war einfach voll. Ich habe am Anfang in verschiedenen AirBnBs und bei einem Freund geschlafen, was ich jedoch als sehr stressig empfunden habe, weil ich nicht wusste, wo ich als nächstes unterkommen und nie wirklich auspacken konnte. Nachdem ich dann Mitte Oktober noch mal dem Studierendenwerk geschrieben hatte, ob nicht doch noch irgendein Zimmer in einem Wohnheim frei sei, habe ich Anfang November einen Wohnheimsplatz in der Residenza Copernico bekommen. Die Lage des Wohnheims ist sehr zentral im Univiertel Portello gelegen (zu Fuß 7 min zur Psychologie-Fakultät), was sehr praktisch war. Ansonsten war der Standard des Wohnheims jedoch deutlich geringer als man es in Deutschland gewohnt ist – es gab nur 2 Küchen für das ganze Wohnheim (Küchenutensilien musste man sich selber kaufen), weswegen die Hygienestandards doch sehr gewöhnungsbedürftig waren, zudem war mein Zimmer 3 Stockwerke höher am anderen Ende des Wohnheims war, sodass ich zum Gemeinschaftskühlschrank (aus denen gerne geklaut wird) erstmal 4 Minuten laufen musste. Außerdem fiel des Öfteren mal die Heizung aus…zusammengefasst war ich nicht so wirklich glücklich mit dem Wohnheim, aber es war zumindest ein Dach über dem Kopf. Schade fand ich auch, dass es nicht erlaubt war, Freund*innen einzuladen. Ich würde empfehlen, eher nach WGs Ausschau zu halten, was in normalen Semestern wohl auch deutlich einfacher ist als es bei mir war – nach meinen Erfahrungen sind die Wohnungen doch deutlich schöner als die Wohnheime vor Ort. Des Weiteren ist zu beachten, dass Doppelzimmer in Italien sehr verbreitet sind, bei der Suche also immer darauf achten, dass es ein „stanza/camera singola“ ist. Zudem gibt es auch viele Fake-Angebote in den Facebook-Gruppen, sodass man immer auf ein Skype-Gespräch bestehen sollte und im besten Falle eine Person vor Ort hat, die die Adresse überprüfen kann.

Stadt & Leben

Padua ist eine mittelgroße Studentenstadt, in der man sehr gut das italienische Leben genießen kann. Als Gründerstadt des Aperols bekannt bekommt man ebenjenen an jeder Ecke für 2-4€. Die Altstadt ist sehr schön, es gibt eigentlich immer StraßenmusikerInnen und am Wochenende große Märkte mit Gemüse, Früchten, Kleidung und allem möglichen Krimskrams. Die zahlreichen Cafés laden einen jederzeit dazu ein, allein oder mit FreundInnen einen Kaffee in der Sonne zu genießen. Mit dem Fahrrad (was man sich gebraucht bei vielen Fahrradläden oder über Facebook kaufen kann; Bremsen werden jedoch manchmal überbewertet…) ist man schnell an allen wichtigen Punkten der Stadt. Zudem ist Padua verkehrstechnisch gut angebunden und man erreicht schnell Städte wie Verona oder Venedig. Ich habe einige Ausflüge während meines Erasmus-Semesters gemacht, so war ich natürlich ein paar Mal in Venedig (30min mit dem Zug) und auf den venezianischen Inseln (Murano, Burano), in Verona (1h Zugfahrt), in Vicenza (15min Zugfahrt), Bologna, Chioggia, Florenz und Rom. Außerdem habe ich einen Wochenendtrip in die Dolomiten gemacht, Wandern rund um die 3 Zinnen und den Lago di Braies im Herbst kann ich nur wärmstens empfehlen!

Zum Kennenlernen von Leuten kann man bei vielen ESN-Veranstaltungen teilnehmen. ESN in Padua ist wirklich gut organisiert und gibt sich viel Mühe, Trips und Ähnliches zu organisieren. In der Welcome-Week gab es jeden Abend Veranstaltungen, sei es Karaoke, Speed-Friending oder Parties. Auch City-Touren in Padua, Verona oder Vicenza gab es, ein Running Dinner, Living Cluedo, Schatzsuche, Tandem Abende, Parties mit Ländermotto…bei den Mehr-Tagestouren nach Rom und mehreren kleinen Städten waren die Plätze leider alle superschnell belegt, sodass man fast keine Chance hatte, in die Auswahl zu rutschen, was jedoch auch an der reduzierten Anzahl aufgrund von Covid lag. Nachdem nach einem Trip einige Personen infiziert zurückkamen, wurden für Dezember/Januar leider alle ESN-Veranstaltungen abgesagt.

Ich habe neben der Uni zwei verschiedene Tandem-Projekte belegt, weil ich mein Italienisch verbessern wollte und noch mehr ItalienerInnen kennenlernen wollte, da dies an der doch sehr internationalen Uni nicht so einfach war; zudem hatten die ItalienerInnen im letzten Masterjahr doch oft auch schon ihre eigenen Grüppchen. Einen Sprachtandem hatte ich über das CLA (das Sprachzentrum der Uni Padova), des Weiteren habe ich noch am „Progetto Giovani“ teilgenommen, ein Projekt für junge Menschen, die gerade im Ausland sind oder ins Ausland gehen wollen und ihre Sprachkenntnisse verbessern wollen. Dort habe ich mich meistens in einer 4er-Gruppe (zwei Deutsche, zwei Italiener) außerhalb des Zentrums getroffen, damit wir ohne Maske und Zeitbegrenzung sprechen konnten. Beide Tandem-Projekte kann ich sehr empfehlen, da ich dort Freunde und nochmal einen intensiveren Einblick in das italienische Leben gewinnen konnte. Zudem habe ich noch einen Acro-Yoga Kurs mit einem Freund in einem Fitnessstudio belegt und in einem italienischen Chor „Astronote“ gesungen.

Universität

Die Psychologie-Fakultät in Padua ist riesig, es gibt 10 verschiedene Master-Studiengänge, wovon 2 komplett in Englisch sind. Ich habe englische Kurse gewählt, musste jedoch einen Kurs aus meinem Learning Agreement nochmal ändern, da der Professor von der Universität suspendiert wurde. Eine Änderung ist prinzipiell kein Problem, man kann sich in den ersten Wochen einfach in verschiedene Kurse setzen und sich dann für einen entscheiden. Die meisten Kurse beinhalten 7,5 ECTS Punkte, viele haben keine Anwesenheitspflicht. Ein Kurs besteht aus 2 Vorlesungen pro Woche, die 1,5h dauern. Besonders empfehlen kann ich den Kurs „Affective Neuroscience und Psychopathology“, der zwar anspruchsvoll ist, aber von einer sehr guten Dozentin gehalten wird und das Neuro-Herz begeistert. Ein anderer Kurs war „Psychiatry and Psychopharmacology“, der von zwei Professor*innen gehalten wurde. Inhaltlich habe ich nicht so viel neues gelernt, da sich die Vorlesungsthemen mit denen aus Heidelberg doch überschneiden, dennoch wurden einige kleinere Störungen behandelt und viel von Fall-Cases aus der eigenen Therapie berichtet, was ich ganz interessant fand. Als dritten Kurs hatte ich „Developmental cognitive and social neuroscience“ gewählt, der jedoch ein nicht sonderlich strukturierter Kurs war. Hier musste man neben einer Kurzpräsentation eine mündliche Prüfung absolvieren, die sehr gut ausgefallen ist. Die anderen zwei Vorlesungen bestanden jeweils aus einer Klausur. Generell hatte ich den Eindruck, dass in Italien Zusatzliteratur eine wichtigere Rolle spielt, doch auch mit wenig Aufwand bekommt man sehr gute Noten. Die Lehre ist persönlicher und man hat mehr „Klassenraum-Gefühl“, jedoch könnte man sie meiner Meinung nach doch deutlich effizienter gestalten als es der Fall war – im Vergleich zu Heidelberg hat mir oft etwas die Struktur gefehlt. Obwohl die Universität Padua als beste für Psychologie in Italien gilt, hatte ich das Gefühl, dass das Niveau insgesamt geringer ist als das, was ich in Deutschland gewohnt war. Sehr praktisch war, dass alle Veranstaltungen im Hybrid-Format stattfanden, sodass man sie live oder online per Zoom hören konnte.

Des Weiteren habe ich an einem B1 Sprachkurs des Sprachzentrums CLA teilgenommen, der ebenfalls zwei Mal die Woche stattfand. Als Dozentin kann ich Elena Duso sehr empfehlen, sie hat den Kurs sehr interaktiv und angenehm gestaltet.

Fazit

Padua als Studentenstadt ist ein sehr schöner Ort, um sein Erasmus dort zu verbringen – gerade im Winter freut man sich doch über wärmere Temperaturen und deutlich mehr Sonne im Vergleich zum kalten Deutschland. Padua ist ein guter Ausgangspunkt für viele tolle Ausflüge und das große Erasmus-Netzwerk hat für viele schöne Momente in meinem Auslands-Semester gesorgt