Padua WS 20/21 (BSc)

Padua, Wintersemester 2020/2021 (Bachelor)

Anreise:

Für die Anreise nach Padua gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Viele Erasmus-Studierende, die ich getroffen habe und aus weiter entfernten Ländern kamen, sind per Flugzeug angereist. In der Nähe von Padua befindet sich der kleinere Marco Polo Flughafen bei Venedig oder es gibt die Möglichkeit, nach Mailand zu fliegen und dann entweder per Bus oder Zug 2-3h weiter nach Padua zu fahren. Eine andere Möglichkeit, welche ich selbst gewählt habe, ist die Anreise per Zug. Auch hier gibt es, abhängig davon, wo man in Deutschland losfährt, unterschiedliche Routen; ich bin beispielweise mit dem EC und über Mailand gefahren. Theoretisch kann man auch mit dem Auto anreisen und in den Monaten und Wochen vor Semesterstart habe ich mitbekommen, wie sich in verschiedenen Facebook- und WhatsApp-Gruppen teilweise Fahrgemeinschaften gebildet haben.

Unterkunft:

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten bezüglich der Unterkunft; man kann entweder in einem der Wohnheime (Residenza) unterkommen oder sich privat auf die Suche nach einer WG machen. Ich habe mich gegen den Platz im Wohnheim entschieden und bin in einer WG am Rande des Zentrums, in welcher ich mit zwei sehr netten Italienerinnen gewohnt habe, untergekommen. Die Suche nach einer WG war jedoch deutlich mühsamer als zunächst angenommen, da viele der Wohnverträge eine Mindestdauer von einem Jahr haben und man deswegen nach Kontaktaufnahme oft direkt abgelehnt wird. Es lohnt sich also, etwas Zeit im Vorhinein einzuplanen, jedoch gab es auch einige Studierende, die erst vor Ort eine Wohnung gefunden haben und letztendlich sind alle Personen, die ich getroffen habe, irgendwo untergekommen. Für die Suche nach einer Unterkunft bin ich diversen Facebook-Gruppen beigetreten und habe mich auf der Plattform Stanzazoo (die mittlerweile Housing Anywhere heißt) angemeldet, über die ich letztendlich auch meine WG gefunden habe. Ich hatte außerdem das Gefühl, dass es gewisse „Erasmus-WGs“ gab, für die Mieter:innen vorranging Erasmus-Studierende gesucht haben, jedoch wollte ich aufgrund der Sprache lieber mit Italiener:innen zusammenleben. Über die Wohnheime habe ich sowohl Positives als auch Negatives gehört. Einerseits sind diese eine super Möglichkeit mit anderen Studierenden (international sowie Italienier:innen) in Kontakt zu kommen (gerade während der Corona-Pandemie) und man erspart sich den Wohnungssuche-Trubel. Jedoch sind einige der Wohnheime etwas außerhalb der Stadt gelegen, weshalb man sich unbedingt vor der Zusage fürs Wohnheim die geografische Lage, z.B. auf Google Maps, anzeigen lassen sollte. Außerdem sind die Zimmer nur mit den nötigen Möbeln ausgestattet, Besteck, Kochutensilien und sogar das Kissen/Bettdecke mussten selbst gekauft werden.

Universität & Kurse:

Die Università di Padova ist eine ausgezeichnete und in Italien renommierte Universität für Psychologie. Die Universität bietet 5 Bachelorstudiengänge im Bereich Psychologie an (davon einer komplett auf Englisch) und 10 Masterstudiengänge, wovon ebenfalls einer auf Englisch ist (das Studienangebot mag jedoch je nach Semester variieren). Gewählt werden können Kurse sowohl auf Bachelor- als auch auf Masterniveau und es gibt wirklich zu jedem erdenklichen Feld der Psychologie den passenden Kurs. Eine größere Auswahl hat man natürlich, wenn man die italienische Sprache gut genug für den universitären Alltag beherrscht. Der Umfang der Kurse beträgt meistens 6 bis 9 ETCS und sie finden zweimal wöchentlich statt. Insgesamt ist das Tempo der Vorlesungen jedoch eher gemächlich, sodass am Ende nicht etwa doppelt so viel Prüfungsstoff wie in Heidelberg dabei rauskommt, sondern es bleibt auch mal Zeit für Vertiefungen, Interaktion und Gruppenarbeiten. Außerdem sind die Vorlesungen in Padua oft deutlich interaktiver als wir es von Heidelberg gewohnt sich und es gibt oft verschiedene freiwillige Zusatzaufgaben (Gruppenarbeit, schriftliche Ausarbeitung, Erstellung von Klausurfragen, …), mit denen sich zusätzliche Punkte für die Klausuren gewinnen lassen.

Die Vorlesungszeit im Wintersemester begann bei den meisten Kursen in der ersten Oktoberwoche und hörte bereits mit den Weihnachtsferien auf. In den anschließenden Monaten folgten dann die Klausuren, wobei man meistens zwischen zwei Terminen (Appello) jeweils im Januar und Februar wählen konnte. Ich habe zwei Kurse des englischsprachigen Bachelors gewählt (Psychology of Individual Differences & Artificial Intelligence), welche interessant waren (insbesondere der Zweite), aber nicht zu anspruchsvoll und gut machbar. Außerdem habe ich zwei Kurse des englischen Masters gewählt (Neurosurgery & Affective Neuroscience), welche eher anspruchsvoll, aber ebenfalls sehr interessant waren. An eine italienische Vorlesung habe ich mich ebenfalls gewagt (modelli di intervento in psicologia di comunità), welche mir ebenfalls gut gefallen hat und eine (freiwillige) Gruppenarbeit involvierte, bei der ich auch mit italienischen Studierenden in Kontakt treten konnte. Meine zwei Lieblingskurse, die ich weiterempfehlen kann und bei denen ich viel gelernt habe, sind Artificial Intelligence und Affective Neuroscience. Die Benotung der Kurse ist meiner Meinung nach grundsätzlich fair und auch für italienische Psychologie-Studierende scheint zu gelten, dass insbesondere sehr gute Noten im Umlauf sind. Die italienischen Studierende, die ich getroffen habe, waren stets hilfsbereit und schienen darum bemüht zu sein, dass man einen guten Eindruck des Landes und Universität gewinnt. Auch die Erasmus-Koordinator:innen der Universität Padua sind stets schnell erreichbar und hilfsbereit.

Sprache:

Aufgrund des doch recht großen englischsprachigen Kursangebots ist es zumindest an der Universität nicht nötig, Italienisch sprechen zu können und einige Freund:innen und Erasmusstudierende sind das gesamte Jahr komplett ohne Italienisch ausgekommen. Jedoch denke ich, dass man auf jeden Fall mehr aus der Erfahrung machen kann, wenn man sich zumindest ein wenig auf Italienisch verständigen kann. Im Alltag wird man ziemlich sicher auch Personen treffen, die kein Englisch können und man kommt außerdem leichter in Kontakt mit den Leuten vor Ort. Die Universität bietet einen kostenlosen einsemestrigen Sprachkurs auf unterschiedlichen Niveaus an. Ich habe diesen als nicht so hilfreich wie die in Heidelberg angebotenen Kurse empfunden (was auch an der Online-Modularität liegen könnte), deswegen lohnt es sich, bereits vor Beginn des Erasmus-Aufenthalts mit dem Sprache-Lernen, z.B. durch einen Kurs am ZSL, anzufangen.

Leben in Padua:

Nun zum besten Teil, dem Leben in Padua. Padua ist eine sehr lebenswerte und lebendige Stadt, in der ich unglaublich gerne studiert und gelebt habe. Von der Größe her ist sie vergleichbar mit Heidelberg und zeichnet sich ebenfalls durch einen hohen Studierendenanteil aus. Die verwinkelten engen Gassen, verschiedene Plätze, auf denen regelmäßig Märkte abgehalten werden, und der Prato della Valle sind einige der Highlights, die das Stadtbild bereichern. Immer wieder entdeckt man beim durch die Stadt Streichen schöne und süße Ecken. Gleichzeitig ist die Stadt nicht so überlaufen mit Touristen wie ihre bekannteren Schwestern, Venedig und Verona, (was bestimmt auch durch die Pandemie verstärkt wurde), was ich sehr angenehm fand. Padua ist auch ein guter Angelpunkt, um andere Städte in der selben Region (Veneto) oder in anderen Teilen Italiens besuchen zu können. Das Erasmus Student Network ESN war zumindest zu Beginn, als die Corona-Lage es noch zuließ, ziemlich aktiv was das Organisieren von Events in Padua und Reisen zu weiteren berühmten Städten in Italien angeht. Dies hat es von Anfang an leicht gemacht, trotz der Pandemie-Lage Leute kennenzulernen und zumindest eine kleine Gruppe von Freunden aufzubauen.

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Pluspunkt ist natürlich die italienische Küche: von Pizza, Pasta, Eis, Panzerotti, Lasagne sowie dem typisch paduanischen Aperol Spritz konnte ich bis zum Ende nicht genug bekommen.

Als Fazit kann ich deswegen sagen, dass ich eine wirklich schöne und besondere Zeit in Padua hatte (und das trotz der Pandemie) und der Erasmus-Aufenthalt in Padua sich auf jeden Fall lohnt, wenn man nach neuen Erfahrungen und Erinnerungen in einer tollen Stadt sucht.