Wien WS 2020/21 (BSc)
Wien, Winter semester 2020/2021 (Bachelor)
Das allerwichtigste zuerst: Macht ein Erasmussemester! Ihr lernt nicht nur interessante, tolle Leute kennen und schließt gute Freundschaften, sondern ihr lockert auch euer Studium auf - und zwar mit all den Lehrangeboten, die es an eurer eigenen Uni nicht gibt. Oder gibt es dieses eine andere Studienfach, in das ihr schon immer einmal reinschnuppern wolltet, aber in Heidelberg nie die Zeit dazu gefunden habt? Im Erasmussemester habt ihr alle Zeit der Welt dafür!
Das zweitwichtigste: Ich war in meinem 5ten Bachelorsemester von September bis Dezember tatsächlich in Wien und habe vor Ort studiert. Da sich aber abzeichnete, dass im Januar und Februar sowieso nur Lockdown herrschen würde, bin ich dann nach Deutschland und habe das Semester dann von Januar bis März virtuell abgeschlossen. Die Lehre an sich war aber immer online. Die erste Frage, die ich vor dem Hintergrund der Pandemie immer zuerst gestellt bekommen habe ist "Hat es sich gelohnt?" bzw. "Würdest du es wieder machen?"
-> Ja!
Natürlich hätte es ohne Corona noch sehr viel schöner werden können, das steht außer Frage. Aber ich wollte nicht noch ein Corona-Semester in der Heimat oder in Heidelberg hocken. Meine Überlegung war also, dass ich im worst case scenario halt einfach in Wien im Lockdown sitze - und so bin ich dann nach Wien aufgebrochen...
1 Das Leben in Wien
Wien ist einfach eine wirklich schöne Stadt. Als ich am frühen Abend aus dem Bahnhof kam, um mit der Straßenbahn zu meinem Wohnheim zu fahren, habe ich irgendwie gestaunt, gelacht, gegrinst, mich gefreut oder irgendwie sowas. Da sind einfach diese alten, prachtvollen Fassaden - doppelt so hoch wie in der Hauptstraße Heidelbergs -, die in der Dunkelheit beleuchtet werden. Über den weiten Straßen ziehen sich Seile, Straßenbahnleitungen, und Straßenlaternen durch die Schluchten der Stadt. Und dann denkt sich irgendjemand, dass an genau dieser einen Stelle noch ein besonders schöner Palast oder ein Schloss oder ein Museum oder ein Stadtpark oder sonst was hingebaut werden müsse. Und dann stehen überall in der Stadt verteilt nochmal diese extra schönen Sachen rum! Ich bin gar nicht so wortgewandt, dass ich diese Architektur und das Stadtbild mit Worten richtig würdigen könnte, deshalb lasse ich hier einfach mal zur Betonung einige Zeilen leer, in denen ich das anderenfalls ausführen würde: [
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[ Fahrt am besten selbst hin und macht euch ein Bild!
Leider konnte ich wegen Corona nicht richtig aus- bzw. feiern gehen. Aber wie ich das so mitbekommen habe, fällt das entsprechend wie für eine Großstadt angemessen aus! Ich hoffe, dass es bei euch wieder möglich ist! Generell gab es durch Corona hauptsächlich zwei Freizeitbeschäftigungen: Rumlaufen und Essen. Lasst euch also sagen, dass ihr hier in der Hauptstadt alle möglichen guten Sachen zu essen bekommt! Zum Beispiel einen Käsekrainer an dem man sich dann um 2 Uhr nachts die Zunge verbrennen kann. Oder eine Esterhayz- Torte; zusammen mit einem Heißgetränk aus der Wiener Kaffeekultur und einem guten Buch kann man in so manchem Café die Stunden schön verstreichen lassen...
In meiner Zeit dort habe ich mich eigentlich gar nicht so wirklich gefühlt als hätte ich Deutschland verlassen (Das mag sicher vor allem daran liegen, dass ich als Muttersprachler ja gar keine Sprachbarriere hatte. Manche finden Wienerisch außerdem vielleicht schwer verständlich, aber ich finde es in erster Linie sehr sympathisch!). Vielmehr war es so als wäre ich einer verklärten und verzerrten Parallelversion von Heidelberg gelandet. Ich finde nämlich, dass Heidelberg und Wien auf mehreren Dimensionen und in mehreren Hinsichten entweder entgegengesetzte Pole einnehmen oder aber recht verwandt sind. Schönes Kaff vs. schöne Großstadt. 90 Psychostudis pro Jahrgang vs. 400. Neckar vs. Donaukanal & Donau. Die Berge, die die Altstadt flankieren vs. die wirklich verdammt hohen Häuserfassaden, die die Straßen überragen. Und die philosophische und psychologische Geschichte beider Städte/Unis...
2 Das (Psychologie-)Studium an der Uni Wien
Wie schon ganz zu Beginn gesagt gibt es hier einen bunten Blumenstrauß an Lehrangeboten. Ich habe zum Beispiel "Introduction to Cognitive Biology" und den "Grundkurs Logik" belegt, ein eignungsdiagnostisches Gutachten verfasst (denn die zwei Diagnostik Vorlesungen von Herrn Hagemann hier in Heidelberg waren mir noch nicht genug), und gelernt, wie man ein psychologisches Experiment programmiert. Grade wenn ihr in fortgeschrittenen Bachelorsemestern seid, dann schaut euch auch mal an, was im Master so angeboten wird, man wird da eigentlich fachlich nicht unbedingt abgehängt oder so.
Dadurch, dass die Kurse auf Deutsch oder manchmal auf Englisch sind, habe ich auch den Eindruck, dass ein Erasmussemester in Wien auch dann gut möglich ist, wenn man insgesamt nur 6 Semester studieren möchte. Die Umsetzung der Online-Lehre fand ich insgesamt auch sehr gut. Das spricht also auch für die Uni und die Dozierenden.
3 Was war nicht so gut?
Zu Beginn des Semesters habe ich viele Austauschstudis kennengelernt, aber durch die Corona-Beschränkungen wurde es immer schwieriger und später unmöglich, diese ersten Kontakte auch aufrecht zu erhalten. Das finde ich sehr schade. Aber bei einigen wenigen Leuten hat es dennoch geklappt und darüber bin ich sehr froh! Durch die Online-Lehre habe ich natürlich auch keinen Kontakt zu den Psychostudis aus Wien gehabt - bis auf einen Freund, den ich über ein Seminar-Referat kennenlernte. Der hat mich dann mit den ganzen Psychologie-In-Wien-Studieren-Insider-Infos versorgt. Wusstet ihr z.B., dass sowohl Bachelorarbeiten und anscheinend auch Masterarbeiten in Gruppenprojekten geschrieben werden? Anstatt das also jede Person eine eigene Studie durchführt, ist es eher wie ein benotetes EMPRA. Abgesehen von Corona fällt mir aber grade nicht wirklich was ein, was an meinem Erasmussemester nicht gut war.
4 Abschlusstipp
Besucht das Viktor Frankl Museum! Eine wunderbare Ergänzung zu so manchen Vorlesungen, die ich im Laufe des Bachelorstudiums gehört habe!
Stanine Wert für mein Semester: 4 bis 5
geschätzter Stanine Wert für ein Erasmussemester in Wien ohne Corona Pandemie: 7 bis 8