Padua WS 2019/20 (BSc)

Padua, Wintersemester 2019/2020 (Bachelor)

Als ich den positiven Bescheid für das Erasmussemester bekam, freute ich mich riesig. Aber ich konnte es auch noch nicht wirklich glauben, dass es im Herbst schon losgehen sollte. Ein halbes Jahr im Ausland leben und studieren, ganz allein in einer fremden Stadt ein neues Leben beginnen. Ich hatte das Glück, dass eine gute Freundin von mir in der Nähe von Padua wohnt. Ganz auf mich allein gestellt war ich also doch nicht. Ende September fuhr ich dann mit zwei großen Koffern im Gepäck mit dem Zug nach Venedig und von dort aus nach Padua. Jedem, der gerne aus Umweltgründen auf das Fliegen verzichten möchte kann ich das nur empfehlen.

Ich war extra früher angereist, um vor der Einführungswoche ein bisschen Zeit zu haben mich einzugewöhnen. Ein Zimmer hatte ich glücklicherweise schon vorher gefunden, weshalb ich nicht wie viele andere Erasmusstudenten in Padua erst in Hostels oder Air-BnB Wohnungen unterkommen musste. Ich wurde gerade angekommen erst einmal für ein paar Tage krank, hatte also doch nicht so viel Zeit die Stadt zu erkunden, bevor die Uni losging. Alle Informationen die ich von der Uni in Padua, z.B. von dem zentralen Erasmus-Büro bekommen hatte waren detailliert und einfach zu verstehen. Wie sich herausstellte ist Padua eine sehr internationale Studentenstadt. Es gibt ein riesiges Angebot an Aktivitäten, Parties und Veranstaltungen speziell für Erasmusstudierende und andere Internationals.

Auch die Uni in Padua, und im speziellen das Psychologische Institut ist routiniert im Umgang mit den Fragen und Bedürfnissen der Erasmus-Studierenden, mit mir sind über 100 Psychologie-Student*innen aus ganz Europa in Padua in das Wintersemester 2019/20 gestartet. Da es für alle Incomings und Outgoings dort trotzdem nur eine hauptamtliche Erasmus-Koordinatorin gibt, rate ich bei Fragen zuerst andere Studierende oder die studentische Studienberatung zu Rate zu ziehen. Dennoch, wenn ich mit Fragen auf Sara Pelligrini zuging war sie immer mit italienischer Herzlichkeit für mich da. Ich fand am psychologischen Institut in Padua bei bürokratischen Fragen, von denen es trotz guten Infomaterialien immer noch einige gab, immer genug Unterstützung. Was für viele interessant sein könnte: die Uni bietet auch ein Buddy-Programm für Erasmus-Studierende an.

Doch jetzt zum wichtigen Teil: Wie war der Aufenthalt? Durch meine Mitbewohnerin habe ich schnell Kontakte zu anderen Erasmus-Studierenden geknüpft, die wie ich gerne vor allem Italienisch sprechen wollten. Zufälligerweise waren diese Mädels auch Psychologiestudentinnen, wodurch ich auch direkt jemanden hatte mit dem ich über die Vorlesungen sprechen konnte. Am psychologischen Institut in Padua kann man als Erasmus-Studierender aus allen, den Master- und Bachelorveranstaltungen wählen. Dies ist ein großer Vorteil, da einem dadurch eine große Bandbreite an Veranstaltungen zur Verfügung steht, zumindest wenn man auch Italienisch spricht. In Padua gibt es fünf verschiedene Psychologie-Bachelorprogramme und neun verschiedene Masterprogramme, davon jeweils eines komplett auf Englisch. Das heißt selbst wenn man noch kein oder kaum Italienisch spricht, wird man in Padua genügend Kurse finden, die für einen in Frage kommen.

Parallel mit meinen sozialen Kontakten entwickelten sich meine Erfahrungen an der Uni weiter. Bei den Masterveranstaltungen, die ich besucht habe, war das Verhältnis von Studierenden zu Dozierenden sehr ausgewogen. Bei Bachelorveranstaltungen dagegen weniger. Bei fast allen Dozentinnen (außer einem) hatte ich das Gefühl, dass Motivation und Begeisterung für das Thema da waren, die sich dann auch auf die Studentinnen übertrugen. Eine Sache, die mir äußerst positiv auffiel, war der Umgang miteinander und die Atmosphäre in den Kursen: Fragen und Diskussionen wurden gefördert, die Studenten wurden zum kritischen Denken angeregt und es fand ein Austausch auf Augenhöhe statt. Das muss natürlich nicht für alle Kurse gelten, sondern ist nur meine persönliche Erfahrung mit der psychologischen Lehre in Padua.

Was die Freizeit betrifft hat Padua sehr viel zu bieten, von Uni-Sport über live-Konzerte, Lesungen und Tandem-Abende. Ich bin überzeugt, dass jede*r in Padua etwas findet, dass ihm oder ihr Spaß macht. Außerdem ist die Stadt sehr lebhaft, an fast allen Tagen findet auf den Hauptplätzen, Piazza della frutta und Piazza delle Erbe ein Markt für Obst und Gemüse statt. Auf dem Prato della Valle gibt es jeden Samstag einen großen Markt, auf dem man alles Mögliche kaufen kann. Ich habe dort meine Zimmerpflanzen gekauft. Auf den Straßen und Plätzen der Innenstadt ist immer viel los. Deshalb empfehle ich allen, die es lieber ruhiger mögen, ein Zimmer in einem der Außenbezirke zu suchen. Die sind günstiger, naturnäher und mit dem Fahrrad ist man trotzdem meistens in 10 bis maximal 30 Minuten im Zentrum, da Padua keine große Stadt ist.

In Padua herrscht eine ausgeprägte Kaffee- und Aperitif-kultur. Als ich zum ersten Mal im Stadtzentrum war und an einem Montagmittag um halb eins viele Menschen bei einem Aperol-Spritz an den Tischen der vielen kleinen Bars habe sitzen sehen, war mir klar: Hier lebt es sich anders als in Deutschland. Auch ich habe während des Semesters ein gutes Stück dieser Lebensart aufgeschnappt und denke mit Sehnsucht an die geselligen Kaffeepausen mit Freundinnen und Kommilitoninnen zwischen den Vorlesungen zurück. Die Mitstudierenden, die ich in meinen Kursen kennengelernt habe, waren sehr offen mir gegenüber. Es war leicht mit den Einheimischen Student*innen ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen.

Mit meinen neu gefundenen Erasmus-Freunden habe ich auch zwei kleine Reisen unternommen, was dank Kursen ohne Anwesenheitspflicht auch unter dem Semester möglich war – natürlich nur mit gewissenhafter Nacharbeit der Inhalte. Wir haben einmal Neapel und ein anderes Mal die sorrentinische Halbinsel südlich von Neapel besucht. Das Reisen mit der Bahn ist in Italien überraschend schnell und im Vergleich zu Deutschland auch günstig, vor allem wenn man frühzeitig bucht. Im Winter ist es besonders im Süden Italiens sehr mild und sonniger, was mir zwischendurch auch sehr guttat. Auch die Alpen sind, für Wintersport- oder Wanderbegeisterte nicht allzu weit von Padua entfernt. Mit dem Auto ist man in 3 Stunden im ersten Skigebiet.

Mein Semester in Italien ist geradezu verflogen, auch dank der vielen spannenden Erfahrungen. Ich habe natürlich nicht all die Dinge gemacht, die ich mir vorgenommen hatte, aber zum Glück ist Padua auch für einen Urlaubsbesuch nicht zu weit entfernt, so kann ich auch meine neu gewonnen Freunde, die dort wohnen bald wieder treffen.

Insgesamt empfehle ich es jedem und jeder die Chance für ein Erasmus-Semester zu nutzen. Ich bin in dieser Zeit auf jeden Fall an den Herausforderungen, denen ich begegnet bin gewachsen und habe durch das Studium in einem anderen Umfeld neues Selbstvertrauen in meine akademischen Fähigkeiten gewonnen.