Wien SS 2021 (MSc)

Wien, Summer semester 2021 (Master)

Vorbereitungen

Schon vor Beginn des Masterstudiums stand für mich fest: Ich will noch einmal ins Ausland und die Gelegenheit nutzen, für einige Monate in einer anderen Stadt zu leben! Als ich mich dazu entschied, meinen Master in Heidelberg zu machen, waren die vielen ERASMUS-Kooperationen ein wichtiges Argument. In meinem ersten Mastersemester sammelte ich also die Unterlagen zusammen und gab meine Bewerbung für die Universität Wien im Januar 2020 ab - bevor irgendjemand ahnen konnte, dass die folgenden anderthalb Jahre Studium ganz anders laufen würden, als man es bisher gewohnt war.

Kurze Zeit nach Ende der Bewerbungsfrist erreichte mich die Frage, ob ich mir das Auslandssemester anstelle des Wintersemesters (mein 3. Semester) auch im darauffolgenden Sommer (4. Semester) vorstellen könnte, da sich zu viele Personen für das Wintersemester beworben hatten. Ich beschloss, dass es daran nicht scheitern sollte und ich meine Masterarbeit vorziehen würde, um im 4. Semester an der Uni Wien nicht nur am eigenen Schreibtisch zu sitzen, sondern Kurse zu besuchen und mit anderen Studierenden in Kontakt zu kommen. Wenige Wochen später erreichte mich die Zusage und während die Pandemie das Studierendenleben etwas auf den Kopf stellte, war ich schließlich ganz froh, nun erst im Sommersemester 2021 nach Wien zu fahren - bis dahin würde das Schlimmste ja vielleicht überstanden sein!

Für alle Schritte bei der Einschreibung und Kurswahl in Wien erhielt ich detaillierte E-Mails, sodass man hier nicht befürchten muss, irgendetwas zu versäumen. Schließlich begann ich im Dezember über WG-gesucht und entsprechende Facebook-Gruppen, mich nach WGs in Wien umzuschauen. Inzwischen zeichnete sich ab, dass das Studium online stattfinden würde und so wollte ich sichergehen, dass ich über die Wohnsituation zumindest ein bisschen soziale Kontakte in Wien haben würde :-) Ende Februar zog ich also zur Zwischenmiete in eine WG im 3. Bezirk ein und war sehr froh und dankbar, dass ich mich mit meinen Mitbewohnerinnen und meinem Mitbewohner auf Anhieb so gut verstand und die drei mich während meiner Quarantäne mit Lebensmitteln versorgten.

Studieren an der Uni Wien

Die Kurswahl lief zunächst etwas ernüchternd: Ich hatte mich für zahlreiche Seminare „beworben“, in den ersten beiden Runden der Platzvergabe jedoch in keinem einzigen Seminar einen Platz erhalten. Das lag wohl daran, dass Psychologiestudierende an der Uni Wien im Verlauf des Studiums Punkte sammeln, die sie bei der Kurswahl einsetzen können - ohne Punkte standen meine Chancen schlecht. Also schrieb ich E-Mails an die Dozentinnen (mit allen akademischen Titeln in der Anrede, denn die Österreicherinnen sind wohl ein bisschen titelverrückt, wie mir meine Mitbewohnerinnen erzählten) und fragte an, ob es die Möglichkeit gäbe, mich für ihre Seminare zuzulassen. Zwei Zusagen erhielt ich direkt per E-Mail, die anderen schickten mir einen Link für die erste Sitzung, in der die Plätze vergeben wurden. Am Ende gelang es mir, in 4 Seminaren einen Platz zu ergattern und zusammen mit einer Vorlesung und der Arbeit an meiner Masterarbeit war mein Workload damit groß genug.

Ich belegte schließlich die folgenden Veranstaltungen:

• „Die Bedeutung der Bindung für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“

• „Sozial-kognitive Entwicklung in der frühen Kindheit“

• „Scheidungs- und Trennungsforschung“

• „Medizin- und pflegeethisches Seminar: Gender, Medizin und Gesundheit“

• „Einführung in die Positive Psychologie“

Insgesamt unterschieden sich die Seminare vom Aufbau und Umfang kaum von Seminaren in Heidelberg. Es bestand eine Anwesenheitspflicht von mindestens 80%, Leistungsnachweise wurden in Form von Hausarbeiten bzw. mehreren Reflexionen / Statements, wissenschaftlichen Postern und Präsentationen erbracht. Jedes Seminar wurde benotet, wobei nur ganze Noten vergeben wurden. Wie in Heidelberg auch litt die Lehre in meinen Augen in manchen Veranstaltungen mehr, in anderen weniger durch das Online-Format. Die Uni-Gebäude betrat ich nur, um meinen Studierendenausweis zu validieren und Bücher aus verschiedenen Bibliotheken auszuleihen. Was ich von diesen seltenen Besuchen über das Hauptgebäude sagen kann (in dem meines Wissens nach allerdings keine Veranstaltungen aus der Psychologie stattfinden): Es lohnt sich - zumindest aus architektonischer Sicht!

Leben in Wien

Das Leben in Wien war besonders in den ersten Monaten meines Aufenthalts von der Pandemie geprägt. Während Anfang März Museen noch geöffnet waren und ich so einige Ausstellungen ohne große Touristengruppen genießen konnte, wurde die „Osterruhe“ mit Schließungen in allen Bereichen fast auf den gesamten April ausgeweitet. Dann blieben immerhin Spaziergänge durch die Straßen dieser schönen Stadt und ihre naturnahen Randbezirke und meine Laufstrecke im Prater. In diesen Wochen war ich besonders froh um das gute Zusammenleben in meiner WG, da ich mich ansonsten an die Kontaktbeschränkungen hielt und nur sehr selten einzelne andere Studierende traf. Mitte Mai traten schließlich einige Lockerungen in Kraft und ich konnte die Stadt noch einmal neu entdecken. Es ist kein Wunder, dass Wien einige Jahre den Titel der lebenswertesten Stadt trug: Es wimmelt nur so von schönen Cafés und Restaurants, der nächste Park ist nie weit und nach heißen Sommertagen in der Altbauwohnung kann man nachmittags in der alten Donau eine Runde schwimmen gehen, auf der Donauinsel entspannen oder sich mit einem Bier an den Donaukanal setzen. Ich bin froh, dass ich dieses Leben in Wien in meinen letzten Wochen dort auch noch erleben konnte. Die Stadt Wien selbst ist wunderschön, aber sie lebt auch davon, dass Menschen unterwegs sind und die Stadt und ihre Möglichkeiten nutzen.

Persönliches Fazit

Es gab während meiner Zeit in Wien durchaus Tage, an denen ich mich gefragt habe, ob sich das gelohnt hat - den heimischen Schreibtisch gegen den in der WG in Wien zu tauschen. Es gab Tage und Wochen, in denen ich zu viel gearbeitet und mir zu wenig Zeit für anderes genommen habe und die Corona-Pandemie auch ein wenig als „Ausrede" herhalten musste, dass es ja ohnehin kaum Möglichkeiten gäbe, etwas anderes zu tun. Spätestens ab Ende Mai konnte ich das Leben in Wien aber so richtig genießen, die Stadt erkunden, Kaffee in den schönsten Cafés trinken gehen und unbeschwerte Tage und Abende mit neuen Freund*innen verbringen. Ich habe die meisten Menschen in Wien als sehr aufgeschlossen erlebt und bin froh und dankbar, dass ich 4 Monate in dieser schönen Stadt leben und studieren konnte - auch unter Pandemie-Bedingungen!