5.6
Besonderheiten der Farbwahrnehmung
Subjektive Farben

"originale"
Benham-Scheibe

vereinfachte
Benham-Scheibe
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In
der oberen Abbildung siehst Du die sogenannte Benham-Scheibe
(nach ihrem Erfinder) aus dem Jahre 1894, darunter eine vereinfachte
Benham-Scheibe. Bei Rechtsdrehung der vereinfachten Scheibe
mit 7 Hz erscheint der äußere Ring rot, der mittlere
grün, und der innere blau.
Die
Farberscheinungen, die von der Scheibe ausgehen, werden nicht
durch die entsprechenden Farbreize (also "echte"
rote Ringe) erzeugt. Du siehst farbige Streifen, weil die
Farbrezeptoren in Deinen Augen unterschiedlich schnell reagieren.
So sieht auch jeder Mensch unterschiedliche Farbintensitäten
auf derselben Benham-Scheibe. Daher spricht man von subjektiven
Farben.
Zum
Nachbauen:
Wenn Du diese Vorlage auf festeres Papier überträgst
und in der Mitte ein kleines Holzstäbchen durchbohrst,
dann erhältst Du einen kleinen Benham-Scheiben-Kreisel.
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Diese
kleine GIF-Animation versucht, den Effekt der Flicker-Reize
zu simulieren (aus: Wehr, 1997).
Die
subjektiven Farben, auch musterinduzierte Flimmerfarben genannt
(MIFF) genannt, kommen leider auf Bildschirmen (Selbstleuchtern)
nicht so gut zum Vorschein.
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Die
Empfindung eines weißen Farbeindrucks entsteht dann, wenn
alle drei Rezeptorentypen - die grünen, die blauen und die
roten - gleichzeitig einen Reiz weiterleiten, denn weißes
Licht enthält ja alle Wellenlängen des Spektrums.
Allerdings
benötigen die drei Rezeptoren unterschiedlich lange, um auf
einen Farbreiz zu reagieren und sie geben einen Reiz auch unterschiedlich
lange weiter, wenn er gar nicht mehr existiert. So reagieren die
blauempfindlichen Zapfen am langsamsten, leiten den Reiz dafür
aber am längsten weiter.
Wenn
Du nun auf die drehende Benham-Scheibe schaust, siehst Du schnell
wechselnden Schwarzweiß-Segmente. Wenn sich ein weißes
Feld vor Deinem Auge vorbeidreht, reagieren alle Farbrezeptoren.
Du "siehst" aber erst dann die Farbe weiß, wenn
alle drei Arten von Farbrezeptoren gleichzeitig einen Reiz weiterleiten.
Die Tatsache, dass bestimmte Zapfen schneller reagieren als andere,
kann nun teilweise erklären, wie es zu den Farberscheinungen
kommt. Wenn beispielsweise der Blauanteil aus dem weißen Licht
noch nicht ans Gehirn weitergeleitet wurde, "sieht" man
rot.
Chromatische
Adaptation
Von
chromatischer Adaptation spricht man, wenn aufgrund intensiver Reizung
die Farbempfindung nachlässt. Der Grund für die chromatische
Adaptation liegt darin, dass einerseits die Pigmente ausbleichen
und andererseits die neurale Response Ermüdungserscheinungen
zeigt. Die chromatische Adaptation führt zu Nachbildern: Z.B.
führt das Tragen einer roten Brille zur Ermüdung des rot/grün-Systems.
Weiß wird anschließend als blau-grün-Mischung wahrgenommen.
Krankheitsbedingte
Dys-Chromatopsien
Bei
Diabetikern, v.a. bei diabetischen Frauen, die orale Kontrazeptive
nehmen, ist die Blau-Sensitivität erniedrigt. Ebenso erniedrigt
ist die Blau-Sensitivität bei Personen mit Glaukom sowie bei
Alkoholikern.
Simultaner
Farbkontrast
Der
simultane Farbkontrast funktioniert analog zum simultanen Helligkeitskontrast.
Farbwahrnehmung:
kognitive Effekte
Es
gibt einige bemerkenswerte kognitive Effekte im Zusammenhang mit
Farbwahrnehmung.
Beispielsweise
konnte man feststellen, dass Tomaten roter erinnert werden, als
sie tatsächlich rot waren. Generell werden helle Farben heller
und dunkle Farben dunkler erinnert. (Hersteller von Filmmaterial
beachten das!)
Kupchella
(1976) gab Versuchspersonen das gleiche Waschmittel in drei verschiedenfarbigen
Behältern. Die spätere Bewertung ergab, daß gelb-orange
zu stark
gewaschen hatte, blau zu schwach, und nur die Mischung aus gelb,
orange und blau als effektiv bewertet wurde.
Boynton
(1971) konnte zeigen, daß in einem blauen Raum die Heizung
höher eingestellt wird als in einem gelben.
Spektralsensitivität
Diese
Daten stammen von menschlichen Photorezeptoren. Bowmaker & Dartnall
(1980) projezierten eine festgelegte Lichtmenge direkt auf die Außenbereiche
der Rezeptoren und ermittelten, wie viel Licht durch die Photopigmente
absorbiert wurde. Dieses Verfahren wird als Mikrospektrophotometrie
bezeichnet.
Sie
fanden vier Klassen von Fotopigmenten, wie in der Abbildung unten
zu sehen ist. (Achtung: Die Farben der Kurven repräsentieren
nicht die Farben der Pigmente!) Die Wellenlänge, welche durch
einen bestimmten Typ am meisten absorbiert wird, ist am Scheitel
der jeweiligen Kurve angegeben. Die 420-Kurve ist für die kurzwelligen
Zapfen, die 498-Kurve ist für die Stäbchen, und die 534-
und 564-Kurven sind für mittel- bzw. langwellig-sensitiven
Zäpfchen.
Abbildung:
4 Klassen von Rezeptoren
(Achtung: Die Farben der Kurven repräsentieren nicht die Farben
der Pigmente!)

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