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Projekt "Energiemanagement" der Universität Heidelberg am Psychologischen Institut |
Hintergrund
Zwei Verhaltensweisen mit hohem Energiesparpotential sind das Zurückdrehen der Heizung nach Arbeitsschluss, vor dem Wochenende und vor dem Urlaub einerseits und die Abschaltung von EDV-Anlagen andererseits.
Zum ersten Punkt:
Das Energiesparpotential des Zurückdrehens der Heizung ist bekannt und braucht
deshalb hier nicht begründet zu werden. Propagiert wurde das Zurückdrehen der
Thermostatventile (mit denen fast alle Heizkörper im Hause ausgestattet waren)
auf Stufe 2, was einer Raumtemperatur von ca. 17 bis 18 Grad entspricht. Es
wurde freigestellt, jedoch nicht ausdrücklich empfohlen, die Heizung weiter
zurückzudrehen. In diesem Falle besteht jedoch in unseren sehr großen Räumen
(Deckenhöhe z.T. 5 Meter, Sandsteinmauern) die Gefahr, dass nach dem
morgendlichen Aufdrehen nach einer kalten Winternacht das Aufheizen auf ca. 20
Grad mehrere Stunden benötigt. Dafür war keine Akzeptanz zu erwarten. In
einigen Räumen (Außenmauern auf zwei Seiten, eine davon gegen Norden) gab es
außerdem Feuchtigkeitsprobleme.
Zum zweiten Punkt: Eine EDV-Anlage, bestehend aus PC, Röhren-Monitor und
Drucker zieht in AUSGESCHALTETEM Zustand (also auch dann, wenn die Geräte einen
Hardware-Ausschalter besitzen) noch ca. 20 Watt Strom aus dem Netz, weil
Transformatoren noch vor dem Schalter angeordnet sind und permanent unter Strom
stehen. Ist der Bildschirm ein Flachbildschirm, sinkt dieser Betrag auf etwa
die Hälfte. Nach einer Hochrechnung kommt für das Psychologische Institut unter
bestimmten Annahmen allein durch diese Handlung ein enormes Sparpotential
zusammen (Annahmen: nur 20 % praktizieren das Ausschalten vor der Bekanntgabe,
danach 80 %; jede Anlage ist an 240 Tagen im Jahr jeweils 8 Stunden in Betrieb
und wird sonst nicht benötigt). Bei einem Wert von 20 Watt und ca. 200
kompletten Anlagen am Institut beträgt das theoretische Sparpotential der
Handlung 4800 kW pro Jahr. Unter weniger optimistischen Annahmen (40 %
praktizieren das Ausschalten vor der Bekanntgabe, danach 60 %; jede Anlage ist
an 240 Tagen im Jahr jeweils 12 Stunden in Betrieb und wird sonst nicht
benötigt) wird immerhin noch ein Viertel davon gespart (1200 kW). Das
Ausschalten kann auf einfachem Wege erfolgen, weil nach einer neuen EDV-Verkabelung
jede Anlage mit einer zentralen Sicherung ausgestattet ist, so dass mit einem
Handgriff die gesamte Anlage komplett vom Stromnetz getrennt werden kann.
Methode
Diese beiden Handlungen wurden im Wintersemester 2002/03 über verschiedene Kanäle propagiert. Verhaltensdaten dazu wurden im Bereich Heizung am 9.11.2002, am 21.12.2002 und am 25.1.2003 erhoben (das waren jeweils Samstage); die Daten zu den EDV-Sicherungen nur zum 21.12.2002 und zum 25.1.2003. In allen Räumen des Instituts wurden dazu die Einstellungen der Heizungsventile und die Stellung der EDV-Sicherung notiert. In Veranstaltungsräumen gab es z.T. keine EDV-Anlagen. Alle Erhebungen wurden verdeckt und ohne Ankündigung durchgeführt. Die Termine vom 9.11. und vom 21.12. unterschieden sich dadurch, dass der 9.11. zu einem normalen Wochenende gehörte, der 21.12. jedoch vor den Weihnachtsfeiertagen lag, über die im Hause nur ein sehr eingeschränkter Betrieb herrschte und während der viele MitarbeiterInnen Urlaub hatten. Zusätzlich war auf diesen Umstand noch mal einige Tage vorher per Rundmail aufmerksam gemacht und um die Ausführung der Sparhandlungen gebeten worden. Die Stellung der Ventile und der Sicherungen wurde den RaumbenutzerInnen nach diesem Termin auf einem auffälligen DIN-A4-Blatt rückgemeldet, auf dem zusätzlich um die Ausführung der Handlungen geworben wurde. Vergleicht man die Termine 9.11. und 21.12 (nur bei Heizung möglich), so sollte der Effekt Wochenende vs. Ferienzeit mit Aufforderung deutlich werden, während der Vergleich 9.11. mit 25.1. die Rückmeldung abbilden sollte. 21.12 vs. 25.1. kann als Konkurrenz Ferienzeit vs. Rückmeldung interpretiert werden. Bei der Heizung wurden die Daten der Ventilstellungen zum einen aufsummiert und durch die Zahl der Heizkörper gemittelt. Dies stellte sich im Nachhinein als ungünstig dar, weil die Summen sensibel für Schwankungen der Außentemperatur sind. Besser geeignet waren die Codierung jedes Raums als "richtig" oder "falsch". Als richtig wurde gewertet, wenn alle Heizkörperventile höchstens auf Stufe 2 eingestellt waren, als falsch, wenn mindestens ein Heizkörper höher eingestellt war. Die Ablesegenauigkeit betrug 0,5 Stufen. Bei der EDV-Sicherung galt bei unbenutzten Anlagen eine ausgeschaltete Sicherung als "richtig", eine eingeschaltete als "falsch". Einige wenige Räume, die sich zur Zeit der Erhebung in Benutzung befanden, wurden aus der Auswertung dieses Tages ausgeschlossen. Sinnvolle Kontrollgruppen konnten am Institut wegen der unterschiedlichen Gebäudestruktur und der Gefahr der Verwässerung der Maßnahme, falls diese auch Nichtbetroffenen aus der Kontrollgruppe bekannt würde ("treatment contamination"), nicht gebildet werden.
Ergebnisse
Am Institut wurden Räume in zwei Gebäuden kontrolliert, und zwar 85 Räume im Vordergebäude, 49 Räume im Hintergebäude (gesamt: 134). Davon waren 76 "privat" (d.h. es gab nur eine(n) Regelbenutzer(in)), 21 öffentlich (z.B. Veranstaltungsräume) und 37 halböffentlich (z.B. Sekretariate, Teeküchen, Gemeinschaftsräume).
Am 9.11.2002 waren im oben definierten Sinne in 62 Räumen
(48,44 %) die Heizungsventile richtig eingestellt, in 66 (51,56 %) falsch
(Differenzen zu 134: benutzte Räume). Am 21.12.2002 waren die Ventile in 86
Räumen (66,15 %) richtig und in 44 (33,85 %) falsch eingestellt. Die
Angaben für den 25.1.2003 lauten 80 richtig (59,7 %) und 54 falsch (40,3 %).
Werden diese Angaben nach Raumarten differenziert, sind am 9.11. die drei
Raumarten privat, halböffentlich und öffentlich nicht deutlich unterschiedlich.
An den beiden anderen Terminen schneiden die privaten hingegen deutlich besser
ab als die beiden anderen Raumtypen: am 21.12. sind bei den privaten Räumen
z.B. 75 % "richtig", bei den halböffentlichen 59,46 % und bei den
öffentlichen 47,62 %.
EDV-Sicherung
Hier ist nur der Kreuzvergleich 21.12. mit 25.1. möglich. Beim ersten Termin (vor Weihnachten) waren in 61 Räumen (60,4 %) die Sicherungen aus-, in 40 (39,6 %) eingeschaltet. Die Werte für den folgenden 25.1. waren 54 (52,43 %) aus, 49 (47,57 %) ein. Beim Vergleich der beiden Erhebungen waren in 38 Räumen (38 %) die Sicherungen in beiden Fällen aus-, in 25 (25 %) in beiden Fällen eingeschaltet. 15 wechselten zum gewünschten Ergebnis "aus" (15 %), 22 (22 %) von "aus" nach "ein". Deutliche Unterschiede zwischen den Raumtypen gab es nicht, wobei jedoch nur private und halböffentliche Räume unterschieden werden konnten.
Für den 21.12. können auch die Angaben für Heizung und Sicherung verglichen werden. An diesem Tag waren in 47 Fällen (47,47 %) Heizung und Sicherung richtig eingestellt, in 16 Fällen (16,16 %) falsch. In zusammen 36 Fällen (36,36 %) waren die Einstellungen "gemischt". Am 25.1. lauten die Werte: In 38 Fällen (36,89 %) Heizung und Sicherung richtig eingestellt, in 21 Fällen (20,39 %) falsch. In zusammen 44 Fällen (42,65 %) waren die Einstellungen "gemischt".
Interpretation
Da die Erhebungen erst lange nach dem Projektstart und dem Verteilen entsprechender Spartipps durchgeführt wurden - wenngleich auch ohne Ankündigung - ist es unbekannt, wie die Einstellung der Heizung und der Sicherungen in der Zeit vor dem Projekt gehandhabt wurde. Erkennbar ist jedoch, dass im Vergleich mit den beiden anderen Terminen die Ergebnisse vom Wochenende vor Weihnachten am positivsten waren. Bei der Heizung sind auch die Daten nach der Rückmeldung besser als vor der Aktion, jedoch nicht so gut wie vor den Ferien. Die Erinnerung an die Ferienzeit, verbunden mit dem Appell, die Einstellungen entsprechend vorzunehmen, hatte also einen starken positiven Effekt. Der Effekt der Rückmeldung war schwächer. Berücksichtigt man, dass es von einer Minderheit auch massive Einwände gegen das Rückmeldeverfahren gibt und dass dieses sehr aufwändig ist, scheint der Appell zu bestimmten, sinnvollen Punkten im Jahresverlauf eindeutig die bessere Lösung zu sein. Ferner kann man feststellen - über die Bereiche hinweg - dass in etwa 40 % der Fälle Ventile und Sicherungen nach dem Vorschlag eingestellt werden, während in ca. 25 % der Fälle keine Maßnahme zu fruchten scheint. In den restlichen 35 % hängt die Einstellung offenbar von mehreren Bedingungen ab (Zeitpunkt, Temperatur, Erinnerung usw.).
Kontaktadresse:
Joachim.Schahn@psychologie.uni-heidelberg.de |