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Die Gebäude des Psychologischen Instituts 

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Die alte Anatomie Heidelberg

(heute Sitz des Psychologischen Instituts der Universität Heidelbergt)

Alte Anatomie Heidelberg

Anatomische Demonstrationen werden wahrscheinlich schon in jenen Universitätsräumen stattgefunden haben, die man den Juden samt der Synagoge Ende des 14. Jahrhunderts wegnahm und die man dann als bei "unser Frawen capelle" gelegen bezeichnete. Studii anatomici sind seit 1700 im Lazaretthaus an der Plöck nachzuweisen. Es handelte sich um ein turmartiges Haus im Eckgrundstück zur Sandgasse. Als die Anatomie in das (säkularisierte) Dominikanerkloster verlegt wurde, kaufte Johann Heinrich Voss 1806 das Lazaretthaus. Das Gebäude, von dessen Vorzügen Voss öfters schwärmte, besteht heute nicht mehr; es wurde dem Bau der Turnhalle für die Friedrich-Ebert-Schule geopfert.

Die Dominikanerkirche wurde horizontal und vertikal unterteilt. Im Erdgeschoss des Kirchenschiffs legte man die Anatomie mit Sektionssaal, Präparatensaal, Labor und Leichenkammer. Im Chor der Kirche befand sich der Hörsaal, das "Theatrum Anatomicum". Die übrigen Räume teilten sich das Botanische und das Chemische Institut sowie die Sternwarte.

Mit der fortschreitenden Entwicklung der naturwissenschaftlichen Disziplinen empfand man offenbar den auf die Dauer unbefriedigenden Zustand der Unterbringung der Anatomie, so dass sich der Staat entschloss, im Klostergarten der Dominikaner, nördlich der Kirche, 1847-1849 von dem Weinbrenner-Schüler Heinrich Hübsch ein eigenes Anatomisches Institut erbauen zu lassen. Das Gebäude wird heute dem romantischen Klassizismus zugerechnet. Es ist im Grunde ein bescheidenes, durchweg zweistöckiges Gebäude, das verhältnismäßig große Fenster in kräftigen Rechteckrahmungen aufweist. Der schwach vortretende Mittel-Resalit übersteigt die Dachtraufe nur mit dem Dreiecksgiebel. Die Besonderheit des Baus kann man wohl darin sehen, dass ein durchlaufendes Gesims die Stockwerkgliederung anzeigt und dass die Vertikalgliederungen aus bandartigen Lisenen bestehen, die von verschiedenen geschichteten Backsteinen gebildet werden. Die Flügel des Gebäudes treten nach Süden nur um eine Achse hervor, an der Nordseite sind sie unterschiedlich lang, und aus der Mitte des Gebäudes springt, einem romanischen Chor mit halbrunder Apsis vergleichbar, der Hörsaal-Trakt des Theatrum Anatomicum hervor.

Das Anatomiegebäude, eines der frühesten in Deutschland, wurde von kundigen Restauratoren freundlich behandelt. Im honigfarbenen Ockerton verputzt, mit einem stark überragenden, nur flach geneigten Dach versehen, das sein Holzwerk sehen lässt und sich in dieser Weise über dem Mittel-Risaliten spitzgiebelig auffaltet, ahmt es die vornehme Würde eines Landsitzes jener Zeit nach.

Generationen von Medizinern haben sich hier ihr Fachwissen erworben. Fast 125 Jahre lang genügte die Anatomie den Ansprüchen der Wissenschaft. Ab Mai 1974 zog sie mit den anderen medizinischen Disziplinen hinaus in die Neubauten des Neuenheimer Feldes. Das Psychologische Institut übernahm zusätzlich zum Friedrichsbau die alten Räume.

(Alle Angaben nach Günter Heinemann: "Heidelberg". Heidelberg: Verlag Brigitte Guderjahn, 3. Auflage 1996. Die wiedergegebenen Texte entstammen den Seiten 412 - 415. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung vom Verlag.) 


Erzeugt: 13.11.97, Joachim Funke; letzte Änderung: 20.11.97 JF; Foto: Joachim Funke