Schon lange ist bekannt, dass Erfahrungen der frühen Kindheit nachhaltige Effekte auf die kognitive und soziale Anpassung des Menschen haben. Mit diesem Thema befasste sich auch die 2008 von der Jacobs Foundation veranstaltete Marbach-Konferenz zum Thema „Early Childhood Development and Later Achievement“, die Prof. Sabina Pauen von der Universität Heidelberg organisiert hat.
Bei dem Zusammentreffen international führender Entwicklungspsychologen der ganzen Welt wurde einmal mehr deutlich, dass das Fehlen emotionaler Zuwendung und geistiger Anregung in aller Regel negative Konsequenzen für die Entwicklung von Kindern hat. Gleichzeitig berichteten andere Studien von den positiven Folgen verschiedener Frühförderprogramme im Hinblick auf die Intelligenzentwicklung und die soziale Anpassung von Kindern aus sozial benachteiligten Familien. Wie die Analysen von Wirtschaftswissenschaftlern zudem belegen, ist Geld, das in eine verbesserte Versorgung von Säuglingen und Kleinkindern fließt, besonders effektiv investiert, wohl vor allem deshalb, weil das kindliche Gehirn gerade in dieser Zeit erfahrungs-abhängige Reifungsprozesse durchläuft.
Die Herausforderung jeder Gesellschaft besteht folglich darin, ein für Säuglinge und Kleinkinder möglichst anregendes positives Umfeld zu schaffen. Was darunter zu verstehen ist, muss die Forschung klären. Und dafür braucht sie geeignete Instrumente. Solche Instrumente können in breitflächig angelegten Studien eingesetzt werden, die Aufschluss über günstige und ungünstige Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern geben. So gilt es etwa zu klären, welche Form der Betreuung unter welchen Umständen positive Konsequenzen für die kognitive und soziale Entwicklung hat.
Es gibt jedoch noch weitere Anwendungsvorteile entwicklungsdiagnostischer Instrumente: Sie können helfen, die Beobachtungsgenauigkeit von Menschen, die mit Kleinkindern arbeiten (z.B. Eltern, Erzieherinnen, Ärzte), zu schulen. Wer seine Wahrnehmung für wichtige Schritte und Entwicklungsaufgaben in der frühen Kindheit schärft, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit auch in der Lage sein, ein gegebenes Kind gut zu fördern. Denn nur wenn man weiß, wo ein Kind steht und was typischerweise der nächste Schritt ist, kann man sich auch Gedanken darüber machen, wie man dem Kind helfen kann, den nächsten Schritt zu tun. Ferner wird eine so ausgebildete Person auch eher in der Lage sein festzustellen, wann ein Kind Entwicklungsverzögerungen aufweist und ggf. rechtzeitig intervenieren.
Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat die Jacobs-Stiftung die Organisatorin der oben genannten Tagung, Frau Prof. Sabina Pauen finanzielle Mittel für das Jacobs-Pauen-Projekt zur Verfügung gestellt. Ziel dieses Projektes war es, ein Beobachtungsinstrument zu entwickeln, das mehreren Zwecken zugleich dienlich sein soll:
- Es soll von Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund und Bildungs- stand angewendet werden können und sie dazu anregen, die Entwicklung von Kindern genau zu beobachten
- Es soll wichtige Etappen der Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern auf dem Stand neuester Forschung abbilden.
- Es soll auch für den Einsatz in der Wissenschaft geeignet sein.
Eine ausführliche Literaturanalyse hatte deutlich gemacht, dass ein solches Instrument bislang fehlt. Existierende Screening-Verfahren (Verfahren, mit denen man durch Auswertung von Alltagsbeobachtungen schnell feststellen kann, ob ein Kind Entwicklungsauffälligkeiten zeigt) sind leicht in der Anwendung, aber veraltet im Hinblick auf die Auswahl zu beobachtender Fähigkeiten und die zugehörigen Normen. Standardisierte diagnostische Tests haben dieses Problem nicht, aber sie sind extrem aufwändig in der Durchführung, erfordern teures Testmaterial und können nur von trainierten Experten angemessen durchgeführt werden.
MONDEY (Milestones of Normal Development in Early Years) ist von Menschen ohne besondere Vorkenntnis oder besonderes Training anwendbar. Es schult die Beobachtung wichtiger Entwicklungsschritte und ermöglicht es dem Nutzer, sich rasch und unkompliziert einen Eindruck vom aktuellen Entwicklungsstand eines Kindes in verschiedenen Lebensbereichen zu machen.
Sobald Normen vorliegen, erlaubt MONDEY zudem die Diagnose von allgemeinen Entwicklungsauffälligkeiten. Das Instrument ist in verschiedenen Umfeldern (zuhause, in der Krippe, bei der Tagemutter, in der Kinderarztpraxis) anwendbar, wird in unterschiedlichen Formaten und Sprachen zur Verfügung gestellt und ist sowohl breitflächig als auch kostengünstig einsetzbar.
MONDEY ist als dynamisches Instrument geplant, das eine kontinuierliche Anpassung an aktuelle Forschungserkenntnisse möglich macht und die Forschung zur frühkindlichen Entwicklung aktiv voran treiben möchte. Mit der Präsentation auf einer interaktiven Web-Plattform ist MONDEY für jeden erreichbar und stellt unser know-how sowohl für Privatpersonen als auch für Institutionen und die Forschung zur Verfügung.