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Diplom 2011 - Rede

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Von Julia Hilse und Andreas SpredemannLesezeit: 12 Minuten

Rede der AbsolventInnen auf der 13. Diplomfeier am 16.12.2011 am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg

 

Dipl.-Psych. Julia Hilse und Dipl.-Psych. Andreas Spredemann

Liebe Diplomandinnen und Diplomanden, liebe Eltern, Familienangehörige und Freunde, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts,

auch wir möchten Sie noch einmal ganz herzlich zu dieser 13. Diplomfeier begrüßen. Es handelt sich heute um eine ganz besondere Diplomfeier. Wie in jedem Jahr findet sie zwar in der Woche vor Weihnachten statt und eingeladen sind alle Absolventen, die im diesem Jahr ihr Diplom bestanden haben, egal ob im Januar oder erst letzte Woche und egal, in welchem Semester sie ihr Studium begonnen haben. Jedoch (zumindest solange der Bologna-Prozess nicht durch studentische Proteste in einer großen und von vielen erhofften Revolution niedergeschlagen werden kann) ist es die vorerst wohl letzte Diplomfeier, die hier am psychologischen Institut stattfinden wird. In der nächsten Viertelstunde möchten wir sie daher auf eine kleine Reise durch die Geschichte des Instituts, der vergangenen Diplomfeiern und nicht zuletzt unseres Studiums mitnehmen und bemühen uns, hierbei im Namen aller Absolventinnen und Absolventen zu sprechen.

Wir alle haben es geschafft. Wir haben die damals noch von der ZVS auferlegte Hürde genommen und in diesem Jahr erfolgreich unser Diplom bestanden. Doch was bedeutet das eigentlich? Der Begriff des Diploms stammt vom griechischen Wort „diploma“ und bedeutet soviel wie „zweifach gefaltetes Schreiben“, da es eigentlich eine aus zwei Blättern zusammengelegte Schreibtafel war, die schon unter den Römern genutzt wurde. Als Hochschulgrad existiert das Diplom erst seit 1899, wo es zunächst per königlichem Erlass an den technischen Hochschulen in Preußen eingeführt wurde. Heute bezeichnet der Begriff des Diploms eine Urkunde über Auszeichnungen, außerordentliche Leistungen und Prüfungen an akademischen und nicht-akademischen Bildungseinrichtungen oder, in Verbindung mit der Angabe des Faches, einen akademischen Grad.

Im Zuge des Bologna-Prozesses laufen die Diplomstudiengänge weitgehend aus, hier am Institut kann seit dem WS 07/08 kein Diplomstudium mehr begonnen werden. Dabei ist die Geschichte der Diplompsychologie in Heidelberg eine noch gar nicht so lange. Obwohl wir an der ältesten Universität Deutschlands studiert haben, darf die Prüfung zum Diplompsychologen an der Uni Heidelberg offiziell erst seit 1942 abgenommen werden. Auch war das Institut noch nicht immer hier angesiedelt, sondern ist in den letzten 70 Jahren einige Male die Hauptstraße hoch und runter gewandert. Bspw. war es während des zweiten Weltkrieges provisorisch im Weinbrennerbau im Marstallhof untergebracht, später unter anderem in der Hauptstr. 126 und 242 und erst seit 1968 ist es hier, im sogenannten Friedrichsbau angesiedelt. Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass hier ursprünglich eine Dominikanerkirche stand, die erst 1861 durch das jetzige Gebäude ersetzt wurde, das nach dem damals regierenden badischen Großherzog Friedrich I. Friedrichsbau benannt wurde. Zu Zeiten der Klosterkirche lag übrigens dort, wo jetzt das Café Strohauer ist, der damalige Klosterfriedhof. Bevor der Friedrichsbau Sitz des psychologischen Instituts wurde, waren hier schon das pharmakologische, das mineralogische, das physikalische und zuvor bereits das chemische Institut beheimatet, in dem bspw. Bunsen lehrte, der seit 1961 als überlebensgroße Statue über das Institut wacht. Auch der dritte Gebäudetrakt, die alte Anatomie, einst ausgestattet mit Sektions- und Präparatensaal sowie Labor und Leichenkammer gehört heute zum psychologischen Institut und erfreut uns in kalten Wintern mit dem noch eisigeren Hörsaal 3. Bereits seit 1965 gibt es auf das Psychologiestudium in Heidelberg eine Zulassungsbeschränkung, das Institut besteht jedoch in seinem uns heute bekanntem Fächerangebot erst seit 1993. Auch die Tradition der Diplomfeiern ist eine recht kurze, die heute ein noch jäheres Ende nimmt.

Die Diplomfeier an sich findet heute (wie schon zu Anfang erwähnt) zum dreizehnten und wohl letzten Mal statt, weswegen auch hier ein kurzer Rückblick angebracht ist. Die Tradition einer Rede aus dem Kreis der Diplomierten hat schon seit der ersten Feier für den Jahrgang 1999 bestand. Und da man als Wissenschaftler, wenn es darum geht, etwas zu schreiben, in der Regel erst einmal in die vorhandene Literatur schaut, bot es sich natürlich an in den bisherigen Reden zunächst nach Inspiration zu suchen. Dabei gab es des Öfteren Gemeinsamkeiten, jedoch auch viele Unterschiede und uns kam die Idee, ein paar von diesen Revue passieren zu lassen. Um uns nicht mit fremden Federn zu schmücken oder in den Verdacht zu kommen für unsere Rede „zu guttenbergen“, wie Abschreiben wohl mittlerweile recht häufig bezeichnet wird, möchte ich darauf hinweisen, dass die Reden der vorangegangenen Feiern alle auf der Alumni-Website zu finden sind.

Damit wären wir auch schon beim ersten Punkt der Gemeinsamkeiten: Anspielungen oder Adaptation aktueller Geschehnisse. So wurde an einer Feier aus „Wir sind Papst!“ der Ausspruch „Wir sind Psychologie!“ oder zu einer anderen Gelegenheit nach ausführlicher Begrüßung die Verwendung des generischen Maskulinums aus Praktikabilitätszwecken festgelegt. Auch das Thema Studiengebühren wurde schon in der ersten Absolventenrede angeschnitten und im Laufe der Jahre mehrfach wieder aufgegriffen. Die Einbindung oder Neuinterpretation verschiedener psychologischer Theorien kam auch nicht zu knapp. Da wurden Gedächtnistheorien und Verfälschungstendenzen beachtet, Lerntheorien beleuchtet, statistische Fachbegriffe wieder aufgegriffen, die manche wohl schon lange verdrängt hatten, Bowlbys unterschiedliche kindliche Bindungstypen dargestellt oder beispielsweise Eriksons 8-stufige Theorie über die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen auf die Entwicklung vom Ersti zum Diplompsychologen übertragen. Auch das Bild des Psychologie-Studenten im Alltag wurde häufig angeschnitten. Eher vorsichtige oder eingeschüchterte Reaktionen wie „Analysierst du mich jetzt?“ und „Dann muss ich ja aufpassen, was ich sage.“ oder aber eher abwertend-skeptische Aussagen wie „Psychologen haben doch selber alle was an der Klatsche.“ dürften auch aus unserer Kohorte alle zu genüge gehört haben, nachdem sie einem Gesprächspartner ihr Studienfach offenbart hatten. Nicht zu vergessen die vertrauensvoll hilfesuchenden Anfragen die meist anfingen mit: „Du studierst Psychologie? Dann kannst du mir sicher helfen. Ich habe da ein Problem…“ Aber dies sei nur am Rande erwähnt.

Wie es sich für Psychologen gehört waren auch Fragebögen und Umfragen ein beliebter Teil der Reden. Machten sich manche Vortragenden die Mühe, vorher per Internet, E-Mail oder Papierfragebogen die Meinungen ihrer Kohorte zusammenzutragen, genügten anderen spontane Umfragen im Hörsaal. Die anfallenden Daten wurden natürlich auch verwendet und statistisch ausgewertet. Ein Beispiel: So zeigte sich in der Rede von 2007 das es bei Längerstudierenden signifikante Unterschiede in der Bewertung des Studiums gab, abhängig davon, ob dieses Urteil intuitiv oder überlegt gefällt wurde. Andere Redner stellten ihre Daten nur in deskriptiver Form vor und im Sinne des Rückblicks möchten auch wir kurz ein Schaubild präsentieren. Eine kleine Verdeutlichung der Absolventen der letzten 13 Jahrgänge, getrennt nach Geschlecht. Was wir sehen: Wenn es um das Thema Diplom-Psychologie geht wäre tatsächlich wohl eher das generische Femininum angebracht. Ein Aspekt, der in vielen Reden deutlich in den Vordergrund tritt, was nicht zuletzt daran liegen mag, dass es sich dabei wohl auch mit um die primäre Zielsetzung handelt, ist ein Rückblick über das Studium. In manchen Fällen war dieser eher allgemein gehalten, an anderer Stelle gab es genaue Beschreibungen spezifischer Ereignisse welche den Vortragenden während ihrer Studienzeit widerfahren sind. Auch wir möchten natürlich nicht auf diesen Aspekt verzichten und fassen daher den Weg zum Diplom einmal kurz zusammen:

Den Anfang unseres neuen Lebensabschnittes begannen wir alle mit dem EKS, dem Erstsemester-Kompakt-Seminar. Innerhalb von einer guten Woche wurden wir warm und herzlich am Institut aufgenommen. Schnell haben wir herausgefunden, dass Studieren nicht nur Arbeit ist, sondern auch Spaß machen soll, auch wenn der erste Streich auf unsere Kosten ging. Jeder ehemalige „Ersti“ weiß, was gemeint ist, auch wenn die unterschiedlichen Jahrgänge ihre eigenen Erfahrungen gemacht haben. War es einmal der Dresscode, der aufgrund des Bestrebens der Uni zur „Elite“ zu gehören eingeführt werden sollte, die persönliche Konditionierungs-Ratte, welche jeder Student während seines Studiums „erziehen“ sollte oder eine ähnliche abstruse oder erschreckende Gegebenheit, welche uns am ersten EKS-Tag mitgeteilt wurde. Zu Beginn hatten die meisten von uns keine richtige Vorstellung, was es bedeutet Psychologie zu studieren. Weit und breit war keine Couch zu sehen, dafür beschäftigten wir uns mit Dingen wie Neuro-, Bio- und Entwicklungspsychologie, Allgemeiner sowie Differentieller und auch Sozialpsychologie. Und natürlich: Statistik! Hier ein Beispiel: (Filmausschnitt: Prof. Werner demonstriert eine Normalverteilung).

Mit einigermaßen Wohlwollen schlugen wir uns also zunächst mehr schlecht als recht durch das Grundstudium und legten begleitet von Hauke und Frauke, ohne Angabe von Standardabweichungen sinnfreien Mittelwerten, Cosima auf dem Töpfchen, Tieren am liebsten gebraten und an nicht zu denkende lila Bananen mit grünen Punkten die Vordiplomsprüfungen ab. Mit wirklich positiver, gutwilliger Betrachtungsweise wendeten wir uns außerdem den unzähligen Gelegenheiten des Feierns zu. Semesterbeginn, Semesterabschluss, Fasching, eine bestandene Prüfung, jeder Freitag als Belohnung einer arbeitsreichen Woche, jeder Donnerstag in Aussicht auf den unmittelbar bevorstehenden Freitag und jede Psychoparty mit viel DJ Funk und wenig Psycho wurden angemessen gewürdigt. Insgesamt ging es vor allem gemeinsam durchs Grundstudium. Alles war noch recht strikt vorgeschrieben, gemeinsame Semesterpläne mit vielen Überschneidungen waren die Regel. Man sah sich regelmäßig und lernte „das eigene Semester“ kennen.

Nachdem wir die erste große Hürde, das Vordiplom, hinter uns gebracht hatten begann die die Zeit der „großen Freiheit“, auch genannt „das Hauptstudium“. Die individuellen Interessen wurden deutlicher, jeder legte einen eigenen Schwerpunkt und durfte relativ frei aus dem großen Angebot aus Vorlesungen und Seminaren wählen. Dazu zählten Veranstaltungen in der Arbeits- & Organisations-, der Klinischen und der Pädagogischen Psychologie, Diagnostik, Kognition und Kommunikation, Entwicklungsforschung, Psychologie der Gesundheit und Prävention, ein nichtpsychologisches Wahlpflichtfach und natürlich: Evaluation und Forschungsmethodik. Daneben war auch eine mindestens 12-wöchige, aber an mindestens zwei unterschiedlichen Institutionen von jeweils mindestens vier Wochen Dauer, davon maximal vier Wochen als Forschungspraktikum anrechenbare berufspraktische Tätigkeit zu absolvieren. Wem das alles zu doof war, der machte einfach ein Halbjahrespraktikum und war erstmal eine Zeit lang weg. Andere gingen noch weiter und verbrachten gleich ein oder mehrere Semester im Ausland. Früher oder später kam jedoch jeder einzelne von uns wieder nach Heidelberg zurück, um sich der letzten Etappe zu stellen.

Kreuzten sich am Anfang des Studiums unsere Wege noch sehr häufig schlugen wir danach unterschiedliche Richtungen ein, welche zuletzt wieder in parallele Bahnen geführt wurden, die häufig in einer Phase des thematischen Einsiedlerdaseins mündeten: Der Diplomarbeit, die zumindest einige noch wunschgemäß und auf fast beliebige Zeitspanne ausgedehnt gestalteten. Spätestens nach Abgabe derselbigen war jedoch die Zeit des Müßiggangs vorbei. Wer nicht spätestens zwei Monate nach Datum der Abgabe der Diplomarbeit mit der ersten Blockprüfung begonnen und alle 5 -7 Prüfungen spätestens nach 5 Monaten beendet hatte, ist heute nicht anwesend. Immerhin mussten wir zur Anmeldung zum Hauptdiplom nicht nach Neuenheim fahren. Jedoch war die Festlegung der einzelnen Prüfungstermine zumindest teilweise eine der größten Herausforderung der Prüfungszeit. Nach einem halben Jahr Lernen, unzähligen Flüchen und Verwünschungen und dem Gedanken „ich hör auf, ist mir doch egal, hab ich eben umsonst studiert“ hatten wir es geschafft: auch die letzte Prüfung war überstanden und es gab wieder einen Grund zum Feiern.

Damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei der Diplomfeier als sozusagen „endgültigem Abschluss des Studiums“ angekommen. Es war ein langer Weg, den manche von uns schneller, andere langsamer gegangen sind, doch angekommen sind wir alle. An dieser Stelle möchten wir uns auch (stellvertretend für unsere ganze Kohorte) bei denjenigen Bedanken, die uns während dieser Zeit begleitet und unterstützt, vorangetrieben und gefordert, gelehrt und geprüft haben. Danke an alle Professoren und Dozenten, deren Vorlesungen und Seminare wir besuchen konnten. Danke an die Tutoren, die uns geholfen haben die Inhalte mancher der genannten Veranstaltungen dann auch zu verstehen. Danke an die Mitarbeiter des Instituts, welche die ganze Infrastruktur am Laufen halten. Und natürlich vielen Dank an alle Eltern und Verwandte, Partner, Freunde und Bekannte, deren Unterstützung so vielseitig und für jeden von uns wohl unterschiedlich war, ohne die jedoch der Lebensabschnitt „Studium“ sicherlich nicht so verlaufen wäre wie er ist und ohne die wir vielleicht nicht auf dieser Feier wären.

Liebe Absolventen, wir wünschen euch (und uns) viel Glück und Erfolg für die Zukunft und hoffen, dass sich unsere Wege wieder kreuzen werden. Vielen Dank.


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