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![]() Forschung > Psychologie im Internet: Ein Wegweiser fuer psychologisch interessierte User > Psychologie im Internet: Internet-Sucht Psychologie im Internet: Internet-Sucht
Macht das Internet süchtig?von Thomas Krüger & Joachim Funke(in PSYCHOLOGIE HEUTE im Juni 1997 erschienen) Wenn Sie sich einen typischen Internetuser vorstellen sollen, kommt ihnen vielleicht das Bild eines pickligen Informatikers in den Sinn, der seine einsamen Nächte im Internet verbringt, mit virtuellen "Freunden" emailt und der seinen Rechner höchstens dann verläßt, wenn tatsächlich einmal etwas wichtiges - zu seinem großen Schrecken - nicht online zu erledigen ist. Doch inwieweit trifft dieses Vorurteil auf den Großteil der Nutzer des Internets überein? Gibt es wirklich eine "Internet-Sucht"? Ist der typische Internetuser vereinsamt und hat nur noch virtuelle Freunde?
Der BegriffDer Begriff "Internet-Sucht" (internet addiction) soll vom New Yorker Psychiater Ivan Goldberg - selbst begeisterter Netzuser - eingeführt worden sein, der dies zuerst angeblich nur als einen Witz gemeint hat. Doch dieser "Witz" entwickelte sich zum Selbstläufer und seitdem die New York Times im Februar 1995 in einem Artikel über die Gefahr der Internetsucht aufklärte, mehren sich die Untersuchungen zu diesem Thema. Auch wenn es lange Zeit noch keine verbindliche Symptomatik der Internet-Sucht gab, fanden sich im Netz schnell einige Vorschläge. So soll von einer Internet-Sucht gesprochen werden,
Soziale VereinsamungIn Deutschland haben sich früh besonders die Psychologen Nicola Döring von der TU Berlin und Bernad Batinic von der Uni Gießen sich des Themas Internetsucht und der soziale Vereinsamung von Internet-Usern angenommen. Nicola Döring untersuchte, inwieweit deutsche Internetuser tatsächlich einsamer sind oder weniger "reale" soziale Kontakte haben als Nicht-Internet-User (siehe auch "Das Internet ist besser als sein Ruf", PH, Februar 97). Zumindest nach den Aussagen der Nutzer selber besteht kein Unterschied im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bezüglich Einsamkeitsgefühlen, Anzahl von Freunden und Bekannten und der Häufigkeit einer festen Partnerschaft. Es zeigte sich sogar ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl realer und virtueller Bekanntschaften. Insgesamt wurde in dieser Studie kein Beleg dafür gefunden, daß das Internet ein Tummelplatz vereinsamter Menschen ist oder gar die User in die soziale Isolation treibt.
Ein Massen- PhänomenIn der Untersuchung von Bernard Batinic [siehe] fand sich hingegen ein deutlicher Hinweis darauf, daß zumindest zwei "Symptome" der Internet-Sucht weit verbreitet sind:
Aber der Anteil der Usern, die beim Surfen im Internet ihre täglichen Sorgen vergessen können oder bei denen sich nach ein oder zwei Tagen offline "eine Spannung aufgebaut hat, die sie veranlaßt wieder zu surfen" ist dagegen recht gering. Ob dies reicht, von einem "Massenphänomen" Internet-Sucht zu sprechen oder gar als Anlaß genommen werden sollte, neue Therapieangebote zu entwickeln, sei dahingestellt. Dann wäre es aber wohl auch an der Zeit gezielt, gegen andere Massensüchte wie die Fernseh-, Telefon-, Lese- oder Sportsucht anzugehen!
Und es gibt sich doch ...Auch wenn also - nach unserer Meinung - keine Hinweise auf ein allgemeines Problem der Internetsucht vorliegen, wird immer wieder von Einzelfällen berichtet, in denen Personen tatsächlich nur noch für das Internet leben oder sich sogar umgebracht haben, nachdem ihnen wegen unbezahlter Telefonrechnungen der Zugang zum Internet gesperrt wurde. Solche User brauchen natürlich psychologische Hilfe und die Bezeichnung "Sucht" ist hier durchaus angebracht. Gehören Sie oder ein Bekannter von Ihnen nun zu dieser gefährdeten Gruppe? Gerade Neueinsteiger zeigen oft in der ersten Zeit Symptome einer "Internet-Sucht". Da wird nächtelang durch das WWW gesurft, entferntesten Bekannten ein Email geschrieben und jede neu aufgeschnappte WWW-Adresse sofort aufgesucht. Aber in den allermeisten Fällen erlischt diese Faszination schon nach einigen Wochen und das Internet wird zunehmend sinnvoller genutzt.
Die Stimmung im INTERNETInteressant ist das Meinungsbild unter der Usern selber. Bisher finden sich noch keine Selbsthilfegruppe von "Internet-Süchtigen" oder ernstgemeinten Beratunsgangeboten im Internet. Auch die Suchtberatungsstellen im Netz übergehen dieses Thema (noch) völlig. Die Mehrzahl der eingefleischten Netzuser kommentiert die öffentliche Diskussion über die Internet-Sucht in der ihr eigenen ironischen Weise. So werden (nicht ganz so ernst gemeinte) Online-Therapieangeboten oder Berichte von "Modems Anonymous"- Mitgliedern als "abschreckende Warnung" für Neueinsteiger ins Netz gelegt. Es herrscht die Überzeugung vor, daß auch diese Horrorvision über das Internet bald wieder vergessen sein wird. Wobei aber gerade wir Psychologen die Einzelfälle ernstnehmen sollen, bei denen tatsächlich eine Internet-Sucht vorliegt. Zusammenfassend kann man wohl Bernad Batinic zustimmen, der dies so beschreibt: "Ernst und Spaß liegen mal wieder nah beieinander."
weitere Links:http://www.onlinesucht.de/http://gin.uibk.ac.at/gin/freihtml/chatlang.htm http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/SUCHT/Internetsucht.shtml http://www.psychiater.org/Internetsucht/ambulanz.htm
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Zuletzt bearbeitet am 12.12.2002 von JF. |