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Rezension Laszig & Rieg (2001)

Parfen Laszig & Kathy Rieg (2001):

Internet Guide Psychologie, Psychotherapie und Psychoanalyse.

Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. (729 S. Loseblattsammlung im Ringordner; bis 31.12.2001 89,- DM, danach 118,- DM; ISBN 3-8047-1833-7).

Von Joachim Funke

Aus Report Psychologie 26, 2001, Seite 312-313.

Seriöse fachspezifische Informationen sind manchmal im Internet nur schwer auffindbar. Daher freut sich die psychologische Internet-Gemeinde, wenn sich ein -zugegeben kostspieliger - Führer durch den Informations-Dschungel anbietet. Parfen Laszig und Kathy Rieg versprechen Orientierungshilfe und Navigationsberatung in den "Ozeanen elektronischer Informations-Dokumente" (S. 1-4). Nach einem Grundlagen-Kapitel (76 S.), das neben geschichtlicher Information auch kurz das Thema "Internetanschluß und Kosten" streift und verschiedene Nutzungsmöglichkeiten darstellt, folgen fünf Kapitel mit Informationsressourcen zu Teilgebieten der Psychologie (189 S.), zu Psychotherapie und Klinischer Psychologie (135 S.), zu Medizinischer Psychologie (32 S.), zu Psychosomatik und Psychotherapeutischer Medizin (45 S.) sowie zur Psychoanalyse (85 S.). Diese Ressourcen sind jeweils unterteilt in Informationen über Einrichtungen, fachspezifische Ressourcen und Zeitschriften. Das abschließende Kapitel stellt auf 126 Seiten übergreifende Informationsressourcen vor (z.B. Bibliotheken, Datenbanken, Online-Dokumente, Berufspolitik und Hinweise auf den Online-Stellenmarkt), ein 9seitiges Literaturverzeichnis enthält aktuelle und weiterführende Literatur.

Die Autoren schreiben (S. 3-1), angesichts der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Informationsangebote auf eine Gesamtbewertung der einzelnen Seiten zu verzichten. Damit lassen sie aber die Nutzenden weitgehend ratlos zurück. Und die Kommentare, die zu den halbseitig abgedruckten Bildschirmfotos ("Screenshots") der jeweiligen Seiten gegeben werden, sind oft redundant (Bsp. S. 3-3: Es wird die Homepage der ABO-Abteilung der Uni Heidelberg gezeigt, auf der 5 Gliederungspunkte, Mitarbeiter/innen, Projekte & Forschung, Lehre, Aktuelles und Wissenswertes abgedruckt sind - der Kommentar zu diesem Screenshot lautet: "Der Bereich ABO-Psychologie der Universität Heidelberg bietet Links zu Mitarbeiter/innen, Projekte & Forschung, Lehre, Aktuelles und Wissenswertes", wiederholt also nur exakt die bereits im Bild gezeigte Information). Gerade hier hätte man sich differenzierende Bewertungen gewünscht ("gute Benutzerführung") oder Hinweise auf Besonderheiten (wie z.B. "gut gepflegte Linksammlung", "eigene Suchmaschine").

Ein weiteres Problem offenbart bereits der erste inhaltliche Bereich, die Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie. Vorgestellt werden unter dem Stichwort "Einrichtungen" die jeweiligen Startseiten der Universitäten Heidelberg, Trier, Kiel, Konstanz sowie der TU Chemnitz und TU Berlin. Warum aber gerade diese Auswahl? Es gibt über 30 weitere äquivalente Seiten, die nicht erwähnt werden - sind diese von schlechter Qualität? Warum die Reihenfolge nicht alphabetisch, sondern (wie es scheint) zufällig gewählt wurde, verraten die Autoren uns nicht. Zwischendurch taucht auch mal ein privates Institut für Personalarbeit auf (S. 3-5) - warum wird dieses erwähnt und zahlreiche Konkurrenten nicht? Ist dies als eine Art "Anzeige" zu verstehen? Hier könnte unbeabsichtigt der Eindruck entstehen, daß die Vorstellung bestimmter Seiten "gesponsert" wurde.

Auch die jeweilige Unterteilung in Einrichtungen, fachspezifische Ressourcen und Zeitschriften scheint mir problematisch: weitere Universitätsangebote im ABO-Bereich, die nicht unter "Einrichtungen" genannt wurden, tauchen nämlich nun als "fachspezifische Ressourcen" auf (ABO-Startseiten der Uni Wuppertal und der FernUni Hagen). Da die Autoren offensichtlich selbst nicht Klarheit haben, taucht z.B. die DGPs-Überblicksseite zur ABO-Psychologie gleich doppelt auf (S. 3-10 und S. 3-14).

Ist wenigstens die Rubrik "Zeitschriften" eindeutig? Wieder schauen wir uns das Beispiel ABO-Psychologie an. Tatsächlich werden drei Zeitschriften-Homepages vorgestellt (andere fehlen!), aber merkwürdigerweise auch eine Buchreihe (von vielen denkbaren! S. 3-24), ohne daß die Hervorhebung dieser einen Reihe begründet würde.

Der hier berichtete Eindruck wiederholt sich bei der Durchsicht der anderen Bereiche. Und so sehr ich als Rezensent ermüde, wenn ich Hunderte von Screenshots lese "Diese Seite informiert über...", so sehr ermüden die Autoren z.B. bei der Darstellung der psychoanalytischen Verbände und Fachgesellschaften (S. 7-3 bis 7-36): Neben deutschen, amerikanischen und kanadischen Seiten der jeweiligen Psychoanalytischen Gesellschaften und Vereinigungen geht es dann kunterbunt weiter mit den Homepages der Europäischen, Britischen, Italienischen, Wiener, Russischen, Pariser, Dänischen, Belgischen, Schwedischen, Ungarischen, Barcelonesischen, Griechischen, Türkischen, Chinesischen, Marrokanischen, Lateinamerikanischen, Argentinischen, Uruguayanischen, Brasilianischen, Brasilianischen (Sao Paulo), Brasilianischen (Porto Alegre), Brasilianischen orthodoxen, und Venezuelanischen Psychoanalytischen Gesellschaften - in vielen Fällen wird noch nicht einmal erwähnt, in welchen Sprachen diese Seiten informieren und wie ausführlich sie dies tun. Und natürlich fragt man sich: warum wurde (z.B.) die Homepage der Australischen Psychoanalytischen Vereinigung nicht genannt? Freud’sche Fehlleistung oder doch eher ein Abwehrmechanismus? Ist sie weniger zuverlässig als die aus Barcelona? (Die australische Seite wird auf Parfen Laszigs gut gemachter und informativer Internet-Seite http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~iy0/ zum Thema "Psychoanalytische Ressourcen im WWW" erwähnt).

Im ansonsten nützlichen Glossar findet man oftmals nur die Auflösung von Kürzeln wie z.B. ISDN, aber keine weitere Erläuterung dazu; daß "Netiquette" eine "Wortschöpfung aus Net (Netz) und Etiquette" darstellt (S. 2-73), macht die Bedeutung dieses Konzepts nur indirekt klar. Das fehlende Stichwort-Verzeichnis läßt uns mit 729 Seiten allein und verlangt ein gutes Gedächtnis, wenn man betrachtete Einträge wiederzufinden gedenkt.

Zusammenfassend handelt es sich um eine Loseblattsammlung, deren Nutzen ich für sehr beschränkt halte: Anstatt jeweils halbe Seiten mit z.T. fast leeren Web-Seiten zu füllen (oft sind nur ein Foto der Institution oder ein "Herzlich Willkommen auf der Homepage von XYZ" auf den Seiten), hätte ich mir mehr Bewertungshilfen gewünscht. Woran seriöse Information oder umgekehrt Scharlatane zu erkennen sind, wird nicht deutlich - das Layout der Homepage, dem diese Loseblattsammlung soviel Platz einräumt, ist jedenfalls für die fachliche Bewertung kein hilfreiches Kriterium. Das (unkommentierte) Nebeneinander wichtiger und unwichtiger Seiten (siehe das Beispiel der Psychoanalytischen Vereinigungen) zeigt, wie wenig Orientierung geboten wird. Exzellente Fachinformationssysteme wie die ZPID etwa (S. 8-61) gehen in der Darstellung unter im Meer bedeutungsloser Informationsangebote. Daß bestimmte Datenbanken kostenpflichtig sind, wird nicht deutlich gemacht.

Kurz und gut: Nach meinem Dafürhalten sind die Autoren in den "Ozeanen elektronischer Informations-Dokumente" hilflos in den Nebel geraten und bieten den Lesenden/Blätternden keinesfalls die Navigationshilfe, die sie eingangs angekündigt haben und die man sucht. Gut gepflegte, kommentierte Linklisten wie z.B. unter http://www.zpid.de helfen wesentlich weiter als diese Bildersammlung. Für die zweite Auflage wünsche ich mir - neben einer besseren Strukturierung und einem Stichwort-Verzeichnis - ein Bewertungssystem, in dem für jede dargestellte Seite Punkte nach verschiedenen Kriterien (wie z.B. Wichtigkeit, Informationsreichtum, Seriosität, Aktualität) vergeben werden. Damit wäre dann eine echte Orientierungshilfe geleistet.


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Zuletzt bearbeitet am 23.01.2002 von JF.