Täuschungen der Größenkonstanz

Die Größenkonstanz sorgt also dafür, dass wir die Größe von Objekten stabil wahrnehmen, obwohl das retinale Abbild dieser Gegenstände sich mit unserer Nähe oder Distanz zu den Objekten verändert.

Dieser Mechanismus ist im Allgemeinen sehr hilfreich, er kann aber auch zu optischen Täuschungen führen, z.B. durch fälschliches Hineinsehen einer dritten Dimension (Perspektivitätstheorie). Die abgeleitete subjektive Größe ist dann von der wahrgenommenen Distanz beeinflusst.

Ponzo-Täuschung

In Abbildung A siehst Du zwei Baumstämme, die auf einer Straße liegen. Das retinale Abbild des oberen Stammes ist kleiner als das des unteren. Trotzdem werden die Stämme als gleich groß wahrgenommen, weil die Perspektive suggeriert, dass der untere Stamm näher ist als der obere.

In Abbildung B siehst Du wieder zwei Baumstämme, aber dieses Mal sieht der obere länger aus, obwohl die retinalen Abbilder exakt gleich groß sind. Der Grund ist derselbe: Der obere Stamm scheint weiter weg zu sein. Wenn das retinale Abbild trotzdem genauso groß ist, dann muss der Stamm also größer sein.

In Abbildung C siehst Du nur ein paar diagnoale und horizontale Linien, aber trotzdem sieht auch hier die obere Linie länger aus. Das ist die eigentliche Täuschung, denn hier liegen keine Indikatoren dafür vor, dass die Abbildung perspektivisch zu interpretieren ist.

http://www.illusionworks.com/html/hall_of_illusions.html

Mondtäuschung

Vielleicht bist Du auch einmal Opfer der Mondtäuschung geworden: Der Mond erscheint am Horizont größer als der Mond im Zenit. Eine Erklärung dieses Phänomens bedient sich der Größenkonstanz. Man geht davon aus, das der Mond so wahrgenommen wird, als wäre er an der Oberfläche des Himmels festgemacht. Wäre der Himmel eine gleichmäßige Hemisphäre, dann gäbe es keine Mondtäuschung.

Der Himmel sieht aber aus wie eine abgeflachte Kugel, bei welcher der Horizont weiter weg ist als der Zenit. Das liegt daran, dass am Horizont viele Tiefensignale verfügbar sind, während sie im Zenit fast gänzlich fehlen. Wenn das Bild des Mondes also am Horizont und im Zenit gleich groß ist, der Mond aber im Zenit näher ist als am Horizont, dann muss er im Zenit kleiner sein als am Horizont. Logisch, oder?

Ames'scher Raum

Eine interessante Täuschung der Größenkonstanz ist der Ames'sche Raum. In diesem Raum wirken zwei Menschen gleicher Größe so, als ob sie unterschiedlich groß wären. (Zu diesem Phänomen gibt es einen Film mit dem Titel "Der magische Raum" unter http://www.psychofilm.uni-hd.de/ unter "Ergebnisse".)

Der Grund für diese optische Täuschung liegt in der Konstruktion des Raumes. Die hintere Wand und die Fenster sind geometrisch so geformt, dass der Raum von einem bestimmten Standpunkt aus, wie ein ganz normales, rechteckiges Zimmer wirkt. In Wirklichkeit ist aber die linke Ecke fast doppelt so weit vom Auge des Betrachters entfernt wie die rechte.

Allgemeine & Theoretische Psychologie
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