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Spezielle Motive
Bis
jetzt haben wir wir uns mit Grundfragestellungen der Motivationspsychologie
(Kap.1) sowie mit zwei speziellen theoretischen Ansätzen (Kap.2)
beschäftigt. Dieses dritte Kapitel ist hingegen nun inhaltlich
gegliedert, nicht mehr theoretisch. Wir beschreiben also
nicht mehr größere Theorien (und ihre Implikationen für
bestimmte Motive), sondern gehen von bestimmten Motiven aus und
fragen, welche Erkenntnisse unterschiedliche Ansätze zu diesen
Motiven vorzuweisen haben.
Ein
Blick in die einschlägigen Lehrbücher der Motivationspsychologie
zeigt, daß diese uneinheitliche Gliederung kaum zu vermeiden
ist: Heckhausen (1989) gliedert
größtenteils theoretisch, schiebt aber dennoch einige
inhaltliche Kapitel (Kap.7-12) ein. Schneider
& Schmalt (2000) versuchen eine inhaltliche Gliederung,
kommen aber um drei einführende theoretische Kapitel nicht
herum. Weiners (1984/88) theoretische
Gliederung ist - fast - einheitlich: Nur Kapitel 5 sticht heraus.
Dieser
Vergleich soll nicht nur dem etwas verwirrten Leser als Orientierungshilfe
dienen; er deutet auch auf etwas anderes hin: Wie fast überall
in der Psychologie, so geht auch in der Motivationsforschung der
Trend weg von großen, übergreifenden Theorien zu solchen,
die inhaltlich eng umgrenzt sind. Diese Entwicklung "zwingt"
neuere Lehrbuchautoren dazu, inhaltlich zu gliedern. Nicht mehr
Freud, Hull, Lewin etc. stehen im Vordergrund, sondern Leistung,
Macht und Aggression.
Was
sind die Vor- und Nachteile der inhaltlichen Spezialisierung von
Theorien, und somit auch der inhaltlichen Gliederung von Lehrbüchern?
Der Vorteil liegt auf der Hand: Die inhaltliche Orientierung ist
näher am Alltagsdenken und somit insbesondere für den
Praktiker übersichtlicher. Beispielsweise kann versucht werden,
die Forschungsergebnisse zum Machtmotiv zu integrieren, so daß
die "störende" Theorienvielfalt beseitigt wird. Will
nun z.B. ein Lehrer aus beruflichem Interesse etwas über das
Machtmotiv erfahren, wird er nicht mehr mit Ausführungen wie
"Freud sagt so...., hingegen aber Hull so..., und Lewin denkt
sich das ganze ganz anders..." verwirrt, sondern ihm wird eine
möglichst einheitliche Theorie der Macht präsentiert.
- Was macht man dann aber, wenn der Lehrer wissen will, wie Macht
mit Leistung zusammenhängt?
Wir müssen dann kleinlaut zugeben, daß Macht- und Leistungsmotiv
in völlig verschiedener Begrifflichkeit erforscht wurden und
somit ein Zusammenhang zwischen beiden kaum herzustellen ist. Wir
können dann den Lehrer nur an einen Spezialisten für Leistungsforschung
verweisen. Womit wir beim Nachteil wären:
Wenn Leistungs- und Machtforscher nicht mehr miteinander reden bzw.
die Lehrbuchkapitel über Leistung und Macht strikt getrennt
sind, ist eine Integration, eine Verknüpfung zwischen beiden
kaum noch möglich. Dann gibt es im strengen Sinne keine einheitliche
Motivationspsychologie mehr, sondern viele kleine Psychologien:
eine Leistungspsychologie, eine Machtpsychologie, eine Hungerpsychologie
etc etc.
Welche
von diesen "kleinen Psychologien innerhalb der Motivationspsychologie"
werden wir im folgenden behandeln? Wir haben folgende Motive ausgewählt,
die wir im folgenden der Reihe nach durchgehen werden:
-
Leistung
- Macht
- Affiliation
- Prosoziales Verhalten
- Angst und Ängstlichkeit
- Aggression
- Sexualität
- Hunger & Durst
Wir beginnen mit dem wohl am besten erforschten Motiv, dem Leistungsmotiv...
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