4 Auswirkungen von Emotionen

Wie wirken sich Emotionen auf andere "psychische Funktionen" aus? Verzerren nicht unsere Gefühle unsere Wahrnehmung, unsere Aufmerksamkeit und unser Gedächtnis? Das sind eigentlich einfache Fragen, doch die Psychologie tut sich erstaunlich schwer mit ihnen.

Der Alltagsmensch hat für diese Fragen plausible Antworten: Er merkt genau, wenn er sich aufgrund von Angst nicht mehr konzentrieren kann. Er weiß auch, daß er manchmal Dinge "verdrängt" (also absichtlich vergißt oder vernachlässigt), wenn er sich schuldig fühlt. Und erst recht bemerkt er, daß er nicht mehr so leistungsfähig ist, wenn er sich geärgert hat.
Aber manchmal ist es für den Alltagsmenschen auch sonnenklar, daß die Angst ihn hellwach gemacht in der Prüfung, daß er als Reaktion von Schuldgefühl übermäßig streng mit sich ins Gericht geht und daß ihn Ärger zu Höchstleistungen anstacheln kann.

Fragt man als Psychologen diesen "Alltagsmensch", warum er sich mal so und mal so verhalte, wird er wohl wie selbstverständlich antworten: "Das kommt doch auf die Situation an!" Er wird uns als Psychologen dann vielleicht erzählen, daß er im Verhältnis zu seiner Mutter eher zum Verdrängen neige, in der Beziehung zu seiner Freundin aber immer überehrlich sei - und daß es mit seiner Tante Frieda aber wieder ganz anders sei...

Der Psychologie wird sich bald verzweifelt abwenden und sich fragen, was er denn mit all den Informationen anfangen soll. Er will doch einfache, allgemeingültige "Gesetze" finden!
Er wird den Alltagsmenschen bei der Hand nehmen, ihm einen Film über Konzentrationslager zeigen und ihm dann eine Gedächtnisaufgabe geben.
So einfach geht das! So macht man aus einem Alltagsmenschen eine Versuchsperson! Schon kann man (wenn man noch ein paar mehr Versuchspersonen verwendet, von denen einige einen lustigen Tierfilm gezeigt bekommen) eine Aussage darüber treffen, wie sich "Emotionen auf die Gedächtnisleistung auswirken"!

Hm. Die Methode sei natürlich nicht optimal, wird der Psychologe zugeben, aber ohne Luft zu holen fortfahren, daß es eine bessere Methode für diese Frage nicht gebe. Und vielleicht hat er ja recht. Nur wird er vielleicht bald feststellen, daß seine Kollegin, die ihren Versuchspersonen einen Erdbebenfilm bzw. einen Comic gezeigt hat, völlig gegenläufige Ergebnisse erhalten hat.

Der Psychologe hat nämlich die Wahl, ob er allgemeine Fragen stellt, die interessant sind, aber zu denen es keine klare Antwort gibt, oder ob er spezifische Fragen stellt, deren klare Antwort keinen interessiert. Ganz grob gesagt. Natürlich gibt es auch Mittelwege: Man kann z.B. erst einmal allgemeine interessante Fragen stellen, so daß einem jeder zuhört, um dann erst in der Antwort mit den Differenzierungen anzufangen (deren fehlende Aussagekraft freilich die Zuhörer enttäuscht).

Um einem Mißverständnis vorzubeugen: Aus diesen Überlegungen folgt nicht, daß "all diese weltfremden psychologischen Experimente sowieso unnütz sind". Das Geagte soll nur dazu anregen, den Wert bestimmter Studien kritisch zu hinterfragen. Und es soll unterstreichen, daß in einer Wissenschaft wie der Psychologie nicht die Fragen, die man stellen kann, fest vorgegeben sind, sondern daß man durch die Art zu fragen schon viel vorentscheidet - nicht zuletzt die möglichen Methoden.

Wir werden in den folgenden Abschnitten sehen, daß unsere oben gestellten Fragen nicht eindeutig beantwortet werden können. Selten wird von Studien berichtet werden, die vollkommen konsistent miteinander sind. Zudem werden diese Studien immer nur bestimmte "Aspekte" aus der Frage auswählen, bestimmte "Operationalisierungen" vornehmen. Dies ist kein Grund zur Verzweiflung, wohl aber ein Anlaß zum kritischen Hinterfragen der einzelnen Studien, von denen wir einige beispielhaft wiedergeben werden.

Es geht los mit der Frage nach den Auswirkungen von Emotion auf Wahrnehmung und Aufmerksamkeit.
Danach stellen wir die gleiche Frage an das Gedächtnis.
Zum Schluß kommt das Problemlösen an die Reihe.

Also ran an die erste Antwort...

Allgemeine & Theoretische Psychologie
Emotion
1.1 Was sind Emotionen?
1.2 Funktion von Emotionen
1.3 Klassifikation
2.1 Behavioristische Emotionstheorien
2.2 Kognitiv-physio. Emotionstheorien
2.3 Attributionale Emotionstheorien
2.4 Evolutionspsy. Emotionstheorien
3 Gesichtsausdruck
4 Auswirkungen
Literatur
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