Evaluative
Konditionierung
Bisher
haben wir immer davon gesprochen, daß Konditionierung auf
bestimmte Reize (Geräusche, Bilder, Speisen etc.) möglich
ist. Wie sieht es aber mit Wörtern aus? Kann man nicht nur
die emotionale Reaktion auf einen Lichtstrahl verändern, sondern
auch den emotionalen Charakter eines Wortes?
Ein
kleines Gedankenexperiment: Nehmen wir an, es gab in deiner Grundschulklasse
einen Schüler, den du gar nicht mochtest, ja du hättest
ihm am liebsten jeden Tag die Meinung gesagt. Er hat dich noch lange
Zeit im Kopf verfolgt, und auch jetzt träumst du noch manchmal
von ihm. Könnte es da nicht sein, daß, wenn du nun einen
Menschen kennenlernst, der denselben Vornamen trägt wie dein
Grundschulfeind, du ersterem gegenüber ein bißchen negativ
eingestellt bist?
Genau
um derartige Fragen geht es bei der sogenannten "evaluativen
Konditionierung" (evaluative conditioning). Hierbei werden
emotionale Bedeutungen klassisch konditioniert: Ein Wort wie "glücklich"
hat, so die Annahme, für alle Menschen eine stark positive
Bedeutung. Bietet man dieses Wort nun gemeinsam mit einem neutralen
Wort einer Person dar, sollte dieses anfangs neutrale Wort hinterher
positiver bewertet werden.
Staats
& Staats haben diese Annahme getestet: Sie präsentierten
ihren Versuchspersonen Wörter, wobei sie das Wort "Bill"
stets mit positiven, das Wort "Tom" stets mit negativen
Begriffen paaren (bzw. zur Kontrolle auch andersherum). Die Vpn
bewerteten anschließend ersteren wesentlich positiver als
letzteren.
Ein
Einwand, der bei diesem Experiment geradezu auf der Hand liegt,
ist der folgende: Die Versuchspersonen durchschauen den Versuch
mit Leichtigkeit und geben dem Versuchsleiter nachher die Antworten,
die er hören will.
Staats und Staats haben dies auch bedacht und filterten daher diejenigen
Versuchspersonen aus der Auswertung heraus, die hinterher angaben,
den Versuch durchschaut zu haben.
Von dieser Restmenge an Versuchspersonen, die Staats und Staats
eigentlich interessieren, können sie also behaupten, daß
sich bei ihnen der Konditionierungsprozeß automatisch
vollziehe, also ohne daß es ihnen bewußt ist.
Neuere
Untersuchungen wiesen den Effekt des evaluativen Konditionieren
jedoch auch bei den Personen nach, die den Versuch durchschaut hatten,
also wußten (oder zumindest ahnten), daß sie konditioniert
werden sollten.
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