1.2
Funktion von Emotionen
Haben
Emotionen eine Funktion für den, der sie hat?
Die Antwort auf diese Frage hängt zunächst einmal
stark davon ab, von welcher Emotionsdefinition wir ausgehen, also
welches "Bild" von Emotion wir gerade im Kopf haben.
Gehen wir von
der Alltagsdefinition aus, die Emotion mit einem bestimmten Erlebenszustand
gleichsetzt und der sich, wie wir gesehen haben, auch wichtige Theoretiker
wie James, Schachter und Weiner angeschlossen haben, so kann die
Antwort nur negativ ausfallen:
Daß wir viele Gefühle erleben können, hat für
uns keinen Nutzen, keinen "Selektionsvorteil" - außer
vielleicht Reduktion der Langeweile...;-)
Bis heute
konnten weder Philosophen noch Biologen herausfinden, welche Funktion
unser Bewußtsein (verstanden als subjektives Erleben) hat.
Daß die Emotionspsychologie das Rätsel lösen wird,
scheint nicht sehr wahrscheinlich.
Kurz: Daß ich fühle, hat keinerlei Einfluß auf
meine Umwelt. Ich fühle einfach. Ich könnte ja auch anders
fühlen. Warum also gerade so? Meine Informationsverarbeitung
funktioniert auch ohne Gefühle: Sie könnte mich auch vor
dem Tiger weglaufen lassen, ohne daß ich Angst erlebt hätte.
Begreift
man jedoch Emotion als mehr als nur subjektives Erleben, nämlich
als mit Verhalten direkt in Verbindung stehend, sieht die Sache
schon anders aus. Wenn Theoretiker wie Plutchik Verhalten als Teil
von Emotionen definieren, dann findet sich für sie sicher auch
eine Funktion, die man diesem Verhalten zuschreiben kann.
Erst recht bei Einbeziehung der physiologischen Komponente liegt
auf der Hand, daß Emotionen eine (biologische) Funktion haben
müssen - sonst wären sie ja nicht da.
Und wenn man Emotionen gar schon als evolutionäre Anpassungsmechanismen
definiert, wie dies ja z.B. wiederum Plutchik tut, kann die Antwort
auf unsere Frage nur positiv ausfallen.
Wir sehen also
ein, daß unsere Einstiegsfrage nur begrenzten Wert hat. Versuchen
wir es mit einer anderen, konkreteren:
Welche
Funktionen haben Emotionen?
(Gesetzt den Fall, wir haben unsere erste Frage mit "Ja"
beantwortet.)
Bevor du weiterklickst:
Denke mal nach, was dir Emotionen im Alltag eigentlich "bringen"!
Denkanstöße: Was bringt es dir, neidisch zu sein, oder
eifersüchtig? Was bringt dir Angst? Was Freude? Was Trauer?
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