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Psychotherapie bei Gummibaeren

GUMMIBäREN- FORSCHUNG

Psychotherapie bei Gummibären

Marlene Endepohls & Joachim Funke

Auch wenn die berühmte Metaanalyse von Klaus Grawe und seinen Mitarbeitern über die Wirksamkeit psychotherapeutischer Verfahren über diese Patientengruppe schweigt: für eine Vielzahl von Therapeutinnen und Therapeuten ist die Behandlung von Gummibärchen eines der zentralen Probleme in der Alltagsarbeit.

Wir beginnen mit einem historischen Kapitel, in dem die sehr spannenden Entwicklungslinien dieser umstrittenen Forschungsrichtung aufgezeigt werden, bevor wir uns mit dem gegenwärtigen Stand des Wissens beschäftigen.

Historisches

Lange Zeit bestand hinsichtlich der psychotherapeutischen Behandlung von Gummibärchen ein ausgesprochenes Wissensdefizit. Es hat insgesamt fast ein Jahrzehnt intensiver Forschung benötigt, um erste grundlegende Informtionen über das Ausmaß psychischer Störungen und die Behandlungsbedürftigkeit von Gummibären zu gewinnen. Erschwerend wirkte sich dabei vor allem aus, daß die Behandlung von Gummibären in psychotherapeutischen Praxen lange Zeit verleugnet wurde. Erst die inzwischen international bekannte trash-Studie von Müll und Eimer (1988) führte hier zu einem entscheidenden Durchbruch.

Diesen Autoren gelang es erstmals nachzuweisen, daß Gummibären in weitaus größerem Umfange psychotherapeutische Hilfe suchen als dies noch zum damaligen Zeitpunkt vermutet wurde. Aufmerksam auf diese Problematik wurden Müll und Eimer zunächst durch Zufallsbefunde. So war von Personen, die sich einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen, immer wieder berichtet worden, daß der Behandlungsraum bei Betreten stark süßlich roch. Auch wurde berichtet, daß an den Sesseln und Stühlen in den Behandlungsräumen klebrige, gallertartige Rückstände bemerkt wurden. Auffällig war dabei, daß diese Rückstände nach Schilderung der Klienten bestimmte Farben hatten und zwar Rot, Weiß, Grün oder Gelb. Auch über orange gefärbte Ablagerungen an Sesseln wurde gelegentlich berichtet, niemals jedoch über blaue! Müll und Eimer sammelten eine Vielzahl von Patientenberichten dieser Art. Insbesondere das Fehlen blauer Ablagerungen trug entscheidend dazu bei, daß Müll und Eimer es wagten, eine zum damaligen Zeitpunkt noch völlig skandalöse These aufzustellen: In diesen Praxen würden höchstwahrscheinlich Gummibären behandelt!

Was dann geschah, dürfte wohl bislang im Bereich der Psychotherapieforschung einmalig sein. Sowohl bei Praktikern wie auch bei Wissenschaftlern stieß diese Hypothese auf eine geschlossene Mauer der Abwehr! Die Berichte der Patienten wurden massiv in Frage gestellt. Es handele sich dabei um psychisch kranke Menschen, deren Aussagen man keinen Glauben schenken könne. Als Müll und Eimer ihre Hypothese vehement verteidigten, kam es schließlich soweit, daß der Psychotherapeutenverband versuchte, die beiden Forscher selbst zu pathologisieren. Den Autoren wurde unterstellt, an einer folie à deux zu leiden. Nur mit knapper Not konnten Müll und Eimer einer Einweisung in die Psychiatrie entkommen.

In dieser Zeit arbeiteten sie unter Hochdruck an der Verifizierung ihrer Hypothese. Bei einer Stichprobe von insgesamt 134 psychotherapeutischen Praxen führten sie zunächst Beobachtungen der Eingangstüren durch. Dabei zeigte sich, daß nur Menschen die Praxen betraten, Gummibären konnten nicht beobachtet werden. Im Schutze der Dunkelheit wurde dann Phase 2 des Untersuchungsplanes umgesetzt: die eingehende Analyse des Abfalls der jeweiligen Praxen. Müll und Eimer wurden dabei schnell fündig: Bei insgesamt 57 Praxen wurden leere Gummibärentüten im Hausmüll gefunden! Damit war eindeutig belegt: Gummibären wurden in Tüten zur Behandlung in die Praxen geschmuggelt! Warum aber wurden sie nicht auch wieder aus den Praxen herausgebracht - warum landeten leere Tüten in den Mülleimern? Es ergab sich ein schrecklicher Verdacht, der leider Bestätigung fand: die Gummibären verließen die Praxis nicht wieder, weil sie im Laufe der Behandlung ums Leben kamen!! Mehrere Behandler brachen während eingehender Befragungen durch die Autoren weinend zusammen und gestanden, die Gummibären schlicht und ergreifend vertilgt zu haben.

Was waren die Ursachen für diese schrecklichen Behandungsfehler? Müll und Eimer fanden bald heraus, daß zwei Faktoren hier eine entscheidende Rolle spielten:

  • 1. Die mangelnde Kontrolle der Gegenübertragung und eine biographisch verankerte Neigung des Therapeuten, in Belastungssituationen auf das orale Niveau zu regredieren.

So gaben verschiedene Behandler an, sie seien im Laufe der Behandlung des Gummibären vom Gefühl überwältigt worden, dieses Gummibärchen zum Fressen gerne zu haben. Vor allem in Phasen, in denen die Therapeuten besonders belastet waren (z.B. durch die ewigen Diskussionen um das Psychotherapeutengesetz), führte dies zum tragischen Kontrollverlust.

  • 2. Die zeitliche Nähe der Behandlungsstunde des Gummibären zur Mittagspause des Therapeuten.

Dieser Faktor spielte vor allem bei psychologischen Psychotherapeuten eine Rolle. Da sie (die Gründe dafür sind bis heute leider nicht nachvollziehbar) im Vergleich zu den ärztlichen Behandlern von einigen Krankenkassen schlechter bezahlt wuren (und werden), spielten hier finanzielle Nöte offensichtlich eine entscheidende Rolle für den letalen Behandlungsverlauf. Je größer die zeitliche Nähe der Behandlungsstunde zur Mittagspause und je hungriger der Therapeut, desto stärker wurden offensichtlich den Therapieprozeß gefährdende Kognitionen von seiten des Therapeuten wie: "wenn ich es fresse, kann ich mir das Mittagessen sparen".

Nach der Veröffentlichung der trash-Studie kam eine Lawine ins Rollen. Hunderte von Psychotherpeuten bekannten sich dazu, Gummibärchen behandelt zu haben - viele von ihnen gestanden schwere Behandlungsfehler (s.o.) ein. Die nicht-wissenschaftliche öffentlichkeit erfuhr über diese skandalösen Machenschaften vor allem über einen Artikel in der Zeitschrift Stern, in dem 24 überwiegend ärztliche Psychotherapeuten gestanden "Ich hab´s getan!". Dies alles trug dazu bei, daß nunmehr seit dem 1.1.1997 erste universitätsüberwachte Ausbildungsgänge zum Gummibären-Psychotherapeuten angeboten werden (siehe die Informationen zur Weiterbildung). Auch sind heute alle Psychotherapeuten, die Gummibären behandeln, zu einer engmaschigen Supervision verpflichtet.

Typische Störungsbilder (Zur Psychopathologie)

Nachdem die Mauer des Schweigens über die psychotherapeutische Behandlung von Gummibären durchbrochen war, folgten eine Vielzahl von Studien, die sich mit der Psychopathologie der Gummibären befaßten. Daraus hier nun eine Zusammenstellung der Störungsbilder, die bei dieser Spezies besonders häufig vorzufinden sind.

Depressive Störungen

ähnlich wie beim Menschen, sind es auch bei den Gummibären die depressiven Störungsbilder, die besonders häufig zur Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung führen. Betrachtet man den Lebensverlauf der meisten Gummibärchen, so ist dies nicht verwunderlich. Fast alle Gummibären müssen mit einem frühen Tod rechnen. Obwohl sie von ihrer Konsistenz her wohl Jahre - ja sogar Jahrzehnte - existieren könnten, werden sie doch überwiegend nicht älter als einige Wochen oder Monate. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, daß die Zahl der natürlichen Feinde rückläufig ist (die durchchnittliche Kinderzahl für Ehefrauen betrug im Jahr 1972 noch 2.4, 1987 dagegen nur noch 2.0! Vgl. Familien Heute, Heft 2, 1990).

Zu wissen, daß die Lebenszeit so stark durch äußere, nicht kontrollierbare Umweltfaktoren begrenzt ist, führt bei einer großen Zahl der Gummibärchen im Sinne der erlernten Hilflosigkeit nach Seligman zur Ausbildung einer depressiven Grundhaltung. Die Gewißheit, das eigene Schicksal (bzw. den Zeitpunkt des Gefressenwerdens) kaum beeinflussen zu können, kaum Kontrolle über den eigenen Lebensweg ausüben zu können, trägt zu einer passiven und starren Haltung bei und zwar sowohl im psychischen wie im physischen Bereich. Diese starre Haltung ist uns allen von dem Blick in Gummibärchentüten hinlänglich bekannt (Es handelt sich hierbei ganz eindeutig nicht um einen Totstellreflex, der vor dem Gefressenwerden schützen soll! Dies wurde vielfach fälschlcherweise vermutet. Wäre dem so, müßten jedoch Bewegungen in den Tüten zu verzeichnen sein, wenn die Gummibären den Menschen nur weit genug entfernt glauben. Studien haben jedoch gezeigt, daß sie auch dann in ihrer starr-passiven Haltung verharren. Es handelt sich hierbei also ganz offensichtlich um eine als pathologisch zu bewertende Grundhaltung!).

Posttraumatische Belastungsstörungen

Immer wieder tauchen in den psychologischen Praxen Bärchen auf, die von quälenden Alpträumen berichten. Zentrale Inhalte dieser Träume sind Verfolgungsszenen: Die Bärchen werden von Menschen mit Masken oder bizarrer Kostümierung verfolgt und mit lauten Rufen (immer wieder genannte Brülllaute sind "Helau" und "Alaaf") gequält, bevor sie dann in einen gigantischen Schlund gestopft werden. Eingehende Explorationen dieser Gummibärchen erbrachten, daß es sich dabei um ein Symptom aus einer umfassenden posttraumatischen Belastungsstörung handelt. So führen denn auch bestimmte Reize (z.B. Konfetti, Luftschlangen) bei diesen Gummibären zu massiven Angstzuständen und überflutungen mit furchtbaren Erinnerungen.

Inzwischen konnte eindeutig belegt werden, daß bei Gummibärchen mit dieser Symptomatik offensichtlich die Teilnahme am Karneval das traumatisierende Ereignis darstellt. So zeigt sich auch hinsichtlich der Epidemiologie, daß posttraumatische Belastungsstörungen dieser Couleur vor allem im Raum Köln/Bonn/Düsseldorf zu finden sind. Feldbeobachtungen haben gezeigt, daß Gummibären tatsächlich aus erheblicher Höhe von Karnevalsfahrzeugen geworfen werden. Viele von ihnen landen einfach in der Gosse, manche werden auch direkt zu passiven Opfern quasi-kannibalistischer Riten. Insbesondere Kinder stürzen sich auf die wehrlos am Boden liegenden Bärchen, reißen sie aus den Tüten und zermalmen sie mit ihren Kauwerkzeugen.

Andere traumatische Erfahrungen resultieren aus der gelegentlichen überfüllung von Tüten. Dieses Crowding-Phänomen wird auch von anderen Forschern berichtet. Hier ist ein besonders schlimmer Fall illustriert.

Phobische Störungen

Das oben beschriebene Szenario Teilnahme am Karneval dürfte auch für den hohen Anteil an phobischen Störungen verantwortlich sein. So weisen eine Vielzahl von Gummibären, die in psychologischen Praxen behandelt werden, massive ängste vor Schuhen auf. Werden sie mit einem Schuh konfrontiert, zeigen sich neben der Angst vegetative Reaktionen wie erhöhte Herzschlagfrequenz oder Transpiration mit anschließendem Farbverlust (Fachausdruck: vor Angst erbleichen). Verbunden sind diese ängste mit angstinduzierenden Kognitionen wie "gleich zerquetscht es mich". Auch das Erklingen von Kinderstimmen löst phobische Reaktionen aus.

Interessanterweise ist das bei menschlichen Phobikern vorkommende aktive Vermeidungsverhalten (Ausweichen vor dem angstauslösenden Stimulus) bei Gummibären so gut wie nicht zu beobachten. Dafür ist das passive Vermeidungsverhalten umso stärker ausgeprägt: ganz im Sinne von Lazarus, der als eine Variante des Umgangs mit angstauslösenden Reizen die Ohnmacht als biologische Notfallreaktion postuliert, berichten Gummibären immer wieder von Bewußtseinsverlusten in derartigen Situationen.

Sexuelle Perversionen

Weniger häufig, aber dennoch nicht zu unterschätzen sind Sexualstörungen der Gummibären. Hier ist in der psychotherapeutischen Behandlung besonderes Feingefühl vonnöten, da es bei diesem peinlichen Thema beim Gummibären zu Farbveränderungen kommen kann (dauerhaftes Rotwerden). Ausführlich werden diese Störungen behandelt im Beitrag von Nicola Döring (1997), so daß wir an dieser Stelle auf weitere Ausführungen verzichten können.

Megalomanie

Eine seltene und für den Therapeuten besonders interessante Störung ist die Megalomanie bei Gummibären. Wie auch bei der menschlichen Spezies, scheint die Prävalenz bei männlichen Exemplaren häufiger zu sein als bei weiblichen. Diese Störung, die ein Aufquellen des Corpus bis zur völligen Formlosigkeit bedeutet, findet sich nur in Interaktion mit spezifischen Umweltvariablen. Zu nennen sind hier vor allem Einlagerungen des Bärchens in Wasser. Feldstudien zeigen (Ulpe, 1997: Bärchen in Riesling), daß sich ähnliche Effekte auch bei Einlagerung in Alkohol ergeben.

Diese Störung ist sehr ernst zu nehmen. Zwar schreitet sie nur langsam fort, sie führt jedoch zum völligen Identitätsverlust des Gummibären. Nach dem Aufquellen stellt sich zunächst ein Farbverlust ein, dem schließlich der absolute Formverlust folgt. Neuere Studien zeigen, daß bei Früherkennung dieser Störung eine psychotherapeutische Behandlung nicht unbedingt notwendig ist. Die sog. Dehydrationstherapie scheint in diesem frühen Stadium effektiver zu sein.

Therapeutische Zugänge

Wir befassen uns nachfolgend in erster Linie mit den Gummibären als Klienten psychotherapeutischer Dienstleister. Der Beitrag versteht sich daher als Orientierungshilfe sowohl für ratsuchende Gummibären als auch für deren potentielle Therapeutinnen und Therapeuten.

Explizit nicht behandeln wollen wir in unserem Beitrag die im Bereich der Human-Psychotherapie zunehmend beobachtete Gummibären-Therapie, die darin besteht, Patienten auf der Warteliste mit der Verabreichung großer Dosen von Gummibären ruhigzustellen, um auf diese Weise eine optimale Therapievorbereitung sicherzustellen. Dies kann jedoch gerade bei Patienten mit Suchtproblematik zu einer erheblichen Suchtverlagerung führen, die in unseren Augen höchst gefährlich ist. Unter welchen Bedingungen diese Gummibären-Therapie als lege artis bezeichnet werden darf, muß noch erforscht werden.

Indikation

Wann ein Gummibär zur Psychotherapie muß, ist schwer zu entscheiden. Common sense ist die Vorstellung, daß der Klient selbst entscheidet, wann Behandlungsbedarf vorliegt (und folgerichtig auch, wann eine Behandlung beendet ist). Angesichts der Kasernierung von Gummibären in Tüten ist die freie Behandlerwahl allerdings illusorisch. So kommt es zu den meisten Erstkontakten dann, wenn sensible Therapeutinnen oder Therapeuten aktiv auf die Gummibären zugehen.

War man in den 50er und 60er Jahren noch davon ausgegangen, ein Gummibärchen sei wie das andere, ist diese Annahme inzwischen als Homogenitätsmythos entlarvt worden und durch den Gedanken der differentiellen Therapie-Indikation ersetzt worden. Bevor therapeutische Maßnahmen ergriffen werden, muß also zunächst eine differenzierte Anamnese und solide Diagnostik vorgenommen werden. Diese nimmt bei Gummibären natürlich Rücksicht auf solche Faktoren wie Tütenzugehörigkeit, Tütenzustand, eventuell vorhande Austrocknung oder beginnende Farbschwäche.

Wo die Psychotherapie nicht mehr weiterhelfen kann, muß gegebenenfalls an neurochirurgische Eingriffe (vgl. hierzu den Beitrag über Neurochirurgische Eingriffe bei Gummibären) gedacht werden. Dieses harte Mittel sollte allerdings sparsam eingesetzt werden, da derartige Eingriffe noch längst nicht zur Routine auf den neurochirurgischen Stationen gehören.

Therapeutische Verfahren

In der Behandlung von Gummibären steht den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten natürlich die gesamte Palette eingeführter und bewährter Heilverfahren zur Verfügung.

Gesprächspsychotherapie

Gesprächspsychotherapie erweist sich nur in Einzelfällen als sinnvoll, ist doch wiederholt von den begrenzten sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten berichtet worden. Die vom Therapeuten zu realisierenden Merkmale wie Empathie oder Offenheit sind allerdings auch im nichtsprachlichen Austausch sinnvoll einzusetzen. Es empfiehlt sich eine Körperhaltung, die Offenheit signalisiert und dem Klienten zeigt, daß er so akzeptiert wird, wie er ist.

Tiefenpsychologische Verfahren (Psychoanalyse)

ähnlich wie bei der Gesprächspsychotherapie ist der tiefenpsychologische Zugang zu den Gummibären bislang wenig erfolgversprechend geblieben. Die Abstinenz des Therapeuten verstärkt häufig noch die ausgesprochene Passivität der Klienten. Gerade von Analytikern werden Gummibären auch als Therapeuten-Killer bezeichnet. Vor allem bei unerfahrenen Therapeuten kommt es zu Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Gegenübertragungsreaktion mit all den verheerenden Folgen, die bereits in der Studie von Müll und Eimer (1988; siehe die kurze Darstellung weiter oben) aufgedeckt wurden. Ansonsten verweisen wir hier auf den Beitrag zur Tiefenpsychologie von Gummibären.

Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapeutische Zugänge bieten sich vor allem bei den beschriebenen phobischen Störungen an. Im Sinne systematischer Desensibilisierung beginnt man zunächst mit der Erstellung einer Angsthierarchie, um dann nach Erlernen entspannender Verfahren diese sukzessiv zu imaginieren.

Bei den daran anschließenden in-vivo-Übungen (Teilnahme von Patient und Therapeut am Karnevalszug) ist ein Hauptproblem darin zu sehen, daß entsprechende Veranstaltungen jahreszeitlichen Beschränkungen unterworfen sind. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, solche Situationen in angemessener Form zu simulieren. Gerade größeren Praxisgemeinschaften bietet sich die Möglichkeit, lustige Umzüge mit den Mitarbeitern in den Praxisräumen zu organisieren. Die Kosten für derartige Umzüge werden bedauerlicherweise nicht von den Kostenträgern übernommen.

Konfrontative Techniken empfehlen sich bei den weiter oben beschriebenen Schuh-Phobien. Das Gummibärchen wird hierbei in das Lager eines ortsansässigen Schuhgeschäfts gebracht oder am Samstag mittag auf dem Boden der Fußgängerzone ausgelegt. Letztere Technik birgt allerdings die Gefahr der Re-Traumatisierung, wenn Gummibären unglücklicherweise von umherlaufenden Menschen mit den Schuhen getroffen werden.

Systemische Familientherapie

Da die Störungen von Gummibären häufig durch das soziale Gefüge in der Tüte mitbedingt sind, empfiehlt es sich - wann immer möglich -, die engsten Bezugspersonen mit in die Therapie einzubeziehen. Bei familientherapeutischen Sitzungen muß besonders auf das Setting geachtet werden (siehe nächster Abschnitt), ein gewisser Sicherheitsabstand zwischen den verschiedenen Teilnehmern muß unbedingt eingehalten werden. Als wenig effektiv bei Gummibären hat sich die Methode des zirkulären Fragens erwiesen. Anscheinend fühlen sich Gummibären mit derartigen Fragen überfordert, sie antworten einfach nicht.

Das Erstellen von Familienskulpturen erweist sich aufgrund der außerordentlichen Passivität der Gummibären ebenfalls als schwierig. Hinzu kommt erschwerend, daß viele Bären über ihre Herkunftsfamilie kaum Angaben machen können. Auf die Fragen nach dem Vater etwa antworten viele Gummibären in stereotyper Weise mit dem Ausruf Ha-Ri-Bo. Bislang konnte nicht geklärt werden, was die tiefere Ursache dafür ist.

Behandlungssetting

Nicht unwichtig für den Erfolg der Therapie ist das korrekte Behandlungssetting. Es hat Vorschläge gegeben, für diesen Patientenkreis ein Spezialmobiliar aus Kunststoff bereitzustellen, um den hygienischen Erfordernissen gerecht zu werden. Nach unserer Erfahrung ist dies nicht nötig.

Wir empfehlen auf der Basis von zahlreichen Rückmeldungen aus dem Kreis von Kolleginnen und Kollegen eine Grundausstattung für folgende drei Behandlungstypen:

Selbstverständlich handelt es sich hierbei nur um Vorschläge. Alternativen hierzu bzw. Ergänzungsvorschläge nehmen wir gerne entgegen.

Abrechnung

Das Problem der Kostenerstattung stellt sich hier genauso wie bei anderen Patientengruppen (vgl. Klein, 1996).

Erfolgskontrollen

Im Zuge der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen sind natürlich auch für die Gummibären-Therapie einschlägige Erfolgskontrollen zu fordern.

Mißbrauch in der Therapie

Die Mißbrauchsproblematik im Kontext von Gummibären ist von der einschlägigen Forschung bislang als Tabu-Thema behandelt worden. Dabei sind den meisten Menschen derartige Mißbrauchsfälle aus dem weiteren oder gar näheren Umfeld bestens bekannt: Unverhüllt wird davon gesprochen, daß Therapeuten Gummibären am ganzen Körper (!) ablutschen oder ihnen auch lustvolle Bisse zufügen, wobei nicht selten Teile der Bären abhanden kommen.

Berufsständische Regelungen

Berufsständische Regelungen für den Bereich der Gummibärentherapie fehlen derzeit völlig. Hier könnte der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) eine schmerzliche Lücke füllen und seine ethischen Standards entsprechend deutlich formulieren.

Ausbildungsfragen

Wie wir aus Gesprächen mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen wissen, qualifiziert weder die derzeitige Grundausbildung an den Universitäten noch die Fort- und Weiterbildung einschlägiger Therapieschulen für die Behandlung von Gummibären. Hinsichtlich Fragen der studienbezogenen Ausbildung müßte man hier an die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) herantreten. Ob es im Rahmen der Weiterbildung eine zertifizierte Zusatzausbildung zum Fachpsychotherapeuten GB geben sollte, muß in aller Ruhe diskutiert werden.

Weiterer Forschungsbedarf

  • Was sind die Wirksamkeitsfaktoren in der GB-Psychotherapie?

  • Warum (und von wem) werden so viele GB-Therapien abgebrochen?

  • Sind esoterische Verfahren vielleicht bei dieser Spezies angemessener?

  • Detailanalysen der Therapeuten-Klienten-Interaktion

  • Psychosomatische Störungen

Literaturangaben

  • Döring, N. (1997). Die sexuellen Phantasien der Gummibärchen. Sexological Review, 31, 11-29.

  • Klein, K.-M. (1996). Neurochirurgische Eingriffe am lebenden Gummibärchen. Bonn: PACE.

  • Müll, M. & Eimer, E. (1988). Bericht über einen unglaublichen Verdacht, basierend auf der Analyse von Rückständen an Sitzmöbeln in einer repräsentativen Stichprobe psychotherpeutischen Praxiseinrichtungen aus dem Rheinland. Psychotherapie im Wandel, 41, 111-139.

  • Ulpe, A. (im Druck). Bärchen in Riesling. Studien zur Megalomanie der Gummibären. In Vino Veritas, 84.

Sonstiges

Für weitere Vorschläge zu interessanten Forschungsarbeiten in diesem Bereich oder auch Hinweise auf eigene empirische Befunde sind wir dankbar!

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Zuletzt bearbeitet am 03.09.2004 von JF.